Der Durchbruch

Der Abend hat eine enervierende Wendung genommen. War ich gerade noch auf dem Konzert von mehr oder minder Gleichaltrigen umgeben, die sich organisiert zu benehmen wussten, stehe ich plötzlich von Kids umzingelt, die einem stattlichen Kerl wie mir weder Platz machen, noch Respekt zollen. Die lesen wohl keine Blogs in diesem Etablissement hier. You don’t mess with the mighty Burnster. Ich fange an, Schnaps zu trinken und jede Wette auf das Alter der Mädchen hier zu gewinnen.

„Die ist locker 23, Burnster. Los, schnapp sie dir“, meint Kumpel J.
„Vergiss es, die ist keine 18“, kontere ich und behalte leider Recht, wie sich wenige Sekunden später herausstellt.

Auf dem Klo tummeln sich die Trainingsjackenboys offensichtlich eher zum Plaudern statt zum Pissen und ich muss anstehen, was mir ungefähr genauso liegt wie eine Teilnahme an der deutschen Hochschul-Ruderregatta. An der Bar frisst mir eine zwei-zentnerschwere Marzahner Hammerwurfnovizin die Salzstangen vor der Nase weg, die Barfrau serviert mir Berliner statt Becks und der Spasti hinter dem DJ Pult legt schon wieder Madsen auf. Genug ist genug, es reicht, ich hab die Schnauze voll. Ich bin ungeduldig und jähzornig und ich geh jetzt heim.

Tja, wenn das so einfach wäre. Wo zum dreifaltigen Gunther Gabriel hab ich denn meine scheiß Jacke hingelegt? Ah, da hinter die Sofas, auf die Fensterbank. Plötzlich löst sich ein Schrei aus meinem Mund. Was muss ich da sehen? Dreizehn identische Lederjacken mit Bündchen verleben ein fröhliches Miteinander auf der Fensterbank. Und ich soll da jetzt umständlich und uncool hinüber langen und mir auf Verdacht die richtige heraus fischen? Ohne den Burnster, Freunde. Mit Anlauf und angetrieben von Wodka und Wut schwinge ich mich ansatzlos über die Absperrung auf die Fensterbank. Ja, ich war ein guter Sportler auf dem Burkhardt-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg. Vor allem am Barren.

An der Landung ist eigentlich nichts auszusetzen. Was den ästhetischen Gesamteindruck des Abschwungs etwas schmälert, ist das Splittern der hölzernen Fensterbank und meine Ankunft im Souterrain. Bricht doch dieses Hurenfensterbrett unter meinem Gewicht tatsächlich zusammen, ganz nach Gervais-Obstgarten-Art. Ich mache trotz Splitter im Fleisch auf cool und klaube meine Jacke auf, die wie durch ein Wunder direkt neben mir gelandet ist und klettere wieder nach oben in den Tanzsaal zurück, als mir ein jugendlicher Mitarbeiter des Clubs aufgeregt entgegen stürzt und mich fragt, was ich da unten zu suchen habe. Na warte, Früchtchen, du kommst mir gerade recht.

„Scheiße. Ihr Pappkameraden hattet einen Sprung in eurer Fensterbank und ich bin da eingebrochen. Du kannst heilfroh sein, dass ich mir nichts getan habe, sonst würde ich euch jetzt den Arsch wegklagen“, herrsche ich ihn an.