Buenos Aires

Es qualmt in Buenos Aires. Den ganzen Tag und in der Nacht schleicht sich der Rauch meiner Zigarette hinaus in die offene Dunkelheit durch das Fenster des Taxis, das mit der Geschmeidigkeit des Batmobils durch die posttraumatisierten überbordend breiten Strassen dieses Koloss rast.

Wenn Deutsche reisen, wird gehadert, gejammert und jeder Peso doppelt umgedreht. In einem Land wie Argentinien noch die Taxipreise durch Dividieren in Euro umzurechnen ist fast ein Affront gegenueber der fremden Volksseele. Sparfuchs, du hast die Ganzlockerbleiben-Attitüde gestohlen.

Ach, der Wein, der ist gut. Da muss man sich ueberhaupt keine Sorgen machen. Das Fleisch ist gar manches Mal zäh, wie mein Kollege Fons Tensfelder einst so treffend zu berichten wusste und die Maedchen, die sind elegant ohne so erzogen zu sein. Geschmack ist hier nicht der Oberschicht vorbehalten. Aber genaueres kann man nicht sagen, wenn man wie ich seine Zeit mehr oder minder freiwillig mit Gesindel aus Litauen, England, Deutschland, Schweden und Spanien verbringt.

Und das hat noch gefehlt. Nach zehn Jahren meine Rueckkehr ins Jugendherbergsgeschäft. Schlafsaal und Gemeinschaftsraum. Und ich hatte diese beiden Woerter aus meinem Vokabelheft so heftig ausradiert, dass auch noch die Seite darunter mit Gemeinschaftsdusche zerissen ist. Fucking Hostel Hell.

Heute am Flussufer gesessen, das er in der Regel ja nicht gerne pflegt, der Südländer an sich. Die Füsse in der Sonne, den Kopf in einem Daiquiri und dabei gedacht: „Ach, scheiss auf den Tango.“ So viel, so schnell, so schlampig spanisch in der Vornacht geredet, dass die anderen dachten, ich spräche es wirklich. Que divertido. Und wieder einmal mit Contenance aber Bestimmtheit Herrscharen von Grabschern in der Disko beiseite geräumt, die eine litauische Blondine mit Cowboyhut für Freiwild hielten.

24 comments / Add your comment below

  1. Der La Plata, die braune Brühe. Das ist kein Spanisch (jedenfalls kein Castellano), was da gesprochen wird, es sind Sudacos.

  2. Kannste ma kieken, der Opa spaltet schon wieda weita. Aaaaach, dahamm is halt dahamm!

    Ich selber bin heut friedlich wie selten gestimmt und könnt dir nicht mal sagen, wieso des so is, drum halt ich mich zumindest jetzt mal und völlig ausnahmsweise vornehmst zurück beim Spalten mit dem Alten, tupf mir mit gespreiztem kleinen Finger den Mund und sage danke. A scheene Gschicht is des, compadre. Es wird einem warm ums Herz und man will auch gar nicht nachfragen, warum. Gracias totales.

  3. Weil wir gerade so schön beim Spalten sind: die fernöstliche Hälfte benimmt sich wie der allerblutigste Anfänger. Schwer ernüchtert.

    Ratze: das hier mein ich in keiner Hinsicht negativ, das ist einfach so und warm wirds mir hier auch. Wahrscheinlich hab ich sogar ganz in der Nähe auch schon die Haxen baumeln lassen. Wenn man niemand kennt, braucht es eine ganze Weile, bis man den Moloch liebt.

  4. Opa, hier wird exzellent Castellano gesprochen im Gegensatz zu dem chilenischen Kuschelgenuschel.

    Opa und Einzelfallari, die andere TAG Haelfte gesteht sich in schoener Regelmaessigkeit seine Doofheit ein. Das finde ich muy simpatico. Allerdings sollte man sich bei einem ordentlichen Kieler Festgehalt nicht ueber Differenzbetraege von 10 Euro aergern. Das ist nicht kosmopolit und das sind die Allergeilsten eigentlich schon.

    Ratze, ich hab heute auch Frieden mit mir gemacht, auch wenn ich in diesem Schickitempel die eine Argentinierin nicht von den 867 anderen Hoechstattraktiven unterscheiden und somit ausfindig machen konnte. Lamentieren auf hohem Niveau nennt man das wohl. Ich wuerde dir ohnehin demnaechst gerne mehr erzaehlen, also beweg deinen funky booty mal wieder gen Kapitale.

    Sabbelheinz, das Bier ruft. Ich muss zum Papa.

    An alle, es geht immer weniger als ihr vielleicht denkt. Aber ich bin der Burnster. Mein Leben ist eine einzige Erwartungshaltung.

  5. Castellano: das kommt ganz drauf an, in welchen Kreisen man sich bewegt, aber das ist in Germania nicht anders. Jede Spanierin wird dich auslachen, wenn du ihr das erzählst, sogar eine Gajega. Chile, Peru usw sind noch extremer, da hast du recht.

    Auch mit simpatico MC hast du recht, deshalb bin ich ja auch nur ernüchtert und nicht enttäuscht. Auch das ist eine freilich eine Zeitfrage und einheimische Führung ist nach meiner Erfahrung am Anfang nicht schlecht. Die Thai-Taxis sind reine Verhandlungssache, dafür steht aber der Preis, egal welchen Umweg man verkehrsbedingt fahren muß, ganz im Gegensatz zu den argentinischen Banditen, da wirst du immer beschissen.

  6. „mein leben ist eine einzige erwartungshaltung“ – grossartig, ich mache mir eine neues shirt damit, mein lieber.

    schön geschrieben. vor allen dingen die stelle mit dem ausradieren von hostels und rausreissen von gemeinschaftsduschen :)

  7. Kaum hatte ich ihn gelesen, war mir klar, ich würde nicht der einzige sein, der sich explizit für „mein Leben ist eine einzige Erwartungshaltung“ begeistert. Will auch so ein T-Shirt!

  8. Ich trag mich dann hiermit ebenfalls in die T-Shirt-Bestellliste ein.

    „Frieden machen“ klingt hervorragend, muss ja auch mal sein. Bin sehr gespannt auf deine Erzählungen, weswegen der nächste Funky-Booty-Move to Berlin auch schon in Planung ist. Wenn die am 7. in der Tagesschau von einem „offensichtlich geistig verwirrten Mann“ berichten, der dem Gebärmonster von der Leyen anlässlich einer Charity-Veranstaltung im Hamburger Bahnhof ein buntes Potpourri seines Mageninhalts in den Ausschnitt gekotzt hat, dann weißt du, dass ich in der Stadt bin und kannst mich in Moabit abholen. Bring ein bisschen Kleingeld für die Kaution mit.

    @Opa: Eh klar, wir Spalter sind doch nie wirklich böse. Uns machts halt einen Spaß, die lustige Keiltreiberei, net wahr?!

  9. Trefflich bemerkt, Herr Undundund. Und er fällt dabei nicht mal dem Verdacht einer allzu unsympathischen Autopoiesis anheim. Ein Hund ist er schon, unser Brenner.

  10. am sonntag stehe ich samt stand und alten klamotten und nicht ganz so alter mutter auf dem flomarkt auf dem arkonaplatz.über besuch und breites grinsen freue ich mich sehr.

  11. @ Ratze:
    Ich hatte gerade den Hamburger Bahnhof mit dem Hamburger Hauptbahnhof verwexelt und sofort einen starken Brechreiz verspürt. Schade eigentlich, sonst hätten wirs uns in Ochsenzoll gemütlich machen können.

  12. Opium: Ich komme bisher glaenzend mit den oertlichen Taxifahren aus. Von Beschiss keine Spur in meiner Geldboerse. Im uebrigen wuerde ich mittlerweile merken, wenn ich auf Abwege gerate. Das ist ein Vorteil des Aelterwerdens. Hahaha, muss grade selber ueber die letzte These lachen. Als ob ich vor Abwegen gefeit sei… Hahaha!!

    Liz: Nur zu gerne, aber noch zu frueh. Einen Sonntag spaeter, wenn ich wieder in die DDR eingereits bin.

    Was die T-Shirts angeht: Ich wuerde dann auch eins nehmen, Bitts. Aber das St. Burnster Logo muss mit drauf. Ich denke auch ueber eine spanische Variante nach. Los, Ratze, zeig was du kannst. ?Estudiste bastante de Español, compadre?

    Und ausleyen tu ich dir gerne die Kaution, wennse faellig wird.

  13. Na zum Glück hast des selber noch gemerkt mit der These. Aber lustig is´ schon. Genauso wie das ausleyen. Hihi, da fällt mir ein, bei so vielen Kindern, da ist die auch bestimmt schon ganz schön ausgeleyert. Bäh.

    Die spanische Version von dem Leiberl ist ein harter Brocken, du Saukerl. Ich hab doch des Castellano nur gelernt, weil man bei den Weibern mit nur Englisch plötzlich nimmer landen hat können. Mi vida es una sola expectativa. Tät ich aber nochmal jemand fragen, der sich damit auskennt.

  14. Mein Lieblingsenkel Berni untergräbt mein Glaubwürdigkeit ganz schön, oder merkt er nur nicht, wenn er beschissen wird?
    Na ja, ist ja auch schon eine ganze Weile her. Werd ich wohl besser wieder von Stalingrad oder so erzählen, das kann keiner mehr nachprüfen.

    Oder besser noch, eine Weile ganz die Schnauze halten, das wirds sein. Also, paß auf deinen Arsch auf! (GI-Schnack aus dem Vietnamkrieg, damit das keiner verwexelt).

  15. @burnie
    klar kommt da das burning-copyright drauf!

    übrigens: ich bin todtraurig, dass ich anfang mai in hamburg nicht zuhören kann, da gammel ich in andalusien rum. mist.

    @herrn rational
    hamburger bahnhof in hh wäre mir lieber. da kann auch prima kotzen. das geht!!! ich hole auch extra die mutter der nation hierher.

    Autopoiesis: ist das ein schreibfehler oder muss ich das fremdwörterlexikon bemühen. manno.

  16. Chocolita, was soll denn da ich erst sagen?! Ich kann weder im Mai in Hamburg zuhören noch mich im April in Berlin mit Essen und Trinken und Vorlesenlassen glücklich wähnen. Und zu allem Übel noch nicht mal, weil ich in Andalusien noch sonst wo, wo´s schön ist, was Besseres zu tun hab.

    Das ist viiiieeeeeeeel schlimmer als bei dir und ich bin schon wieder neidisch. Wir sollten das machen mit der Kampagne, die der Kollege Burns bei dir drüben angesprochen hat. Bis Ende Mai werd ich aus den übrig gebliebenen Brettern und den verkohlten Resten meiner alten Hütte ein hässliches neues Häuschen fertig gezimmert haben, da werd ich aufm Dachboden eine Ecke extra für sowas frei räumen.

    Was das Kotzen angeht: Hamburger Bahnhof ist überall. Gibts eigentlich noch Flash-Mobs? Könnt man ja mal als Kotz-Flash-Mob aufziehen, nationwide. Alle mit Ursula-von-der-Leyen-Perücken.

    Autopoiesis ist tatsächlich kein Schreibfehler. Look it up. Aliquid semper haeret.

  17. statt burning-copyright lieber gleich burnster-brand .-)
    und… ich besteh auch drauf!

    Kotz-Mob mit van der Leyen Perücke find ich aber ebenso verlockend *hrhr*
    [obwohl die wahrscheinlich erklärt werden muss. Im Gegensatz zur wesentlich profaneren, aber dafür langweiligeren Merkel-Perücke]

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