Stilles Licht

Der Schlaf umhüllte dich, wie ein Baum, mit grünem Laub
du atmetest, wie ein Baum, im stillen Licht
in der klaren Quelle betrachtete ich dein Anlitz:
die Lider geschlossen und die Wimpern streiften das Wasser.
Meine Finger fanden im weichen Gras zu den deinen
ich hielt einen Augenblick lang deinen Puls
und spürte von fern das Weh deines Herzens

(Giorgos Seferis)

Es ist windig, als ich in die mir noch unbekannte Straße einbiege. Ich bin einfach losgelaufen, nach Wochen der Krankheit und des Fiebers. An meinem ersten Tag nach der Krankheit, als ich gerade wieder stehen konnte, bin ich losgelaufen. Ich bin losgelaufen, hinein in die Straßen meiner Stadt. Ich habe die bekannten Straßen benutzt, damit sie mich zu den unbekannten führen.

Und jetzt biege ich in diese Straße ein und es ist windig, als sie mich diesem über allem thronenden Hochhaus entgegen führt. Die Fassade ist grau und abgenutzt, das Dach ist flach und unerreichbar und es ist ein Turm, mehr als ein Haus. Als ich auf der schmalen Terasse vor dem Turm stehe, sehe ich Menschen mit Verbänden und Bademänteln. Sie rauchen. Sie stehen. Sie sitzen. Sie bewegen sich, aber niemand lebt. Der Wind weht ihnen durchs Haar. Es ist ein kühler Wind. Ich gehe an ihnen vorbei und versuche, sie nicht zu beachten. Ich bin etwas erschöpft von dem langen Spaziergang, ich bin etwas erschöpft von meiner langen Krankheit. Die Empfangshalle ist voller Hinweisschilder und Warnungen. Es gibt einen kleinen Zeitschriftenladen. Ich gehe über die Treppe in den dritten Stock. Enge weiße Gänge treiben mich vorwärts, nur selten kreuzt ein Pfleger meinen Weg. Es ist still, aber es ist hell. Die weißen Wände führen mich im Kreis herum. Nach einer Weile verliere ich das Gefühl für die Weile und bekomme das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Ich suche die Treppe zur Empfangshalle. Im Treppenhaus ist es etwas dunkler. Ich sehne mich nach etwas Dunkelheit.

Auf meinem Weg nach Hause, sehe ich ein Mädchen, das mich an dich erinnert. Ich wechsle die Straßenseite und stehe neben ihr an der Ampel. Wir könnten jetzt sprechen, aber das Licht wechselt und wir gehen, bevor sich unsere Richtungen verlieren. Ich bin noch nicht gesund genug, ich muss noch einmal zurück in die Matratzengruft. Nur ein paar Tage noch schlafen. Es ist immer noch hell draußen, als ich meinen Blick auf die weiße Decke richte und die Augen schließe.

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