Erste Hilfe

Ich neulich abends unterwegs mit dem Auto. Stockdunkel, regennass und die Leute fahren wie Kranke. Auf dem Rücksitz Kind, Kegel und Frau. Irgendwo in Moabit stottere ich so am rechten Straßenrand entlang auf der Suche nach einem Parkplatz. Finde aber keinen. Blinke links und drehe auf offener Straße um, der Hintermann hat mich gesehen. Ist ihm aber egal, weil er mich trotzdem mit Karacho überholt, kurz bevor ich das Auto umdrehen will. Das war eng und unnötig, finde ich und drücke ungefähr 60 Sekunden ohne Pause auf die Hupe, während ich wende. Ein paar Meter weiter überholt mich dasselbe Auto schon wieder, dieses Mal in die andere Fahrtrichtung. Eine Kelle wird aus dem Fenster gehalten. Zivilpolizei.

Zwei Delikte, sagt der Bad Cop. Einmal rechts geblinkt, aber weder abgebogen, noch angehalten. Dann links geblinkt und gewendet, obwohl der Hintermann – ergo die Cops – angeblich schon im Überholvorgang begriffen waren. Angesichts des strömenden Regens und der Kindsituation übe ich eher debilen Gehorsam und händige freiwillig meine Papiere aus. Cops untersuchen das Auto und seine primären Funktionen. Verbandskasten ist im Jahr 2000 abgelaufen, deshalb werde ich jetzt genauer überprüft, sagt man mir.

Wir fahren in eine andere Straße, wo man bequemer parken kann. Der Bad Cop sitzt im Auto und überprüft meine Papiere. Der Good Cop sagt, es dauert nicht mehr lange. Dann reisst der Bad Cop die Tür von seinem Opel auf und ruft dem Good Cop zu: „Hey, das musst du dir ansehen“. Der Good Cop steigt in den Opel und bleibt da zwanzig Minuten. Vorher sagt er zu mir: „Bitte steigen Sie nicht wieder in ihren Wagen, sondern warten Sie draussen.“
Ich also tigernd um das eigene Auto herum wegen der Kleinkind-Situation und dem innerlich überbordendem Ärger. Es regnet immer noch in Strömen und wird quasi minütlich kälter. Cops kommen zurück mit meinen Papieren.
„Bitte weisen Sie innerhalb von zehn Tagen nach, dass sie einen neuen Verbandskasten haben.“
„Und wo?“
„Auf dem nächsten Revier. Können Sie auch gerne bei sich zuhause in Bayern machen.“

Fünf Tage später ich mit meinem bei Amazon bestellten Verbandskasten auf dem Revier in Mitte. Vier uniformierte Polizisten mit Pistolengurten und Kurzhaarschnitten schmunzeln, als ich den Verbandskasten vorzeige und tuscheln, als ich wieder gehe.

6 comments / Add your comment below

  1. Mehr solche Geschichten!

    Und gegrinst haben die bestimmt weil die vom Durchnittsberliner solche
    Pünktlichkeit gar nicht gewohnt sind ;)

  2. Stell dir vor, die hätten dich angeschossen und du hättest nur diesen abgelaufenen Verbandskasten mit einer Mullbinde, die das Verfallsdatum vor zwei Monaten überschritten hat, dabei gehabt!

  3. Ich weiss nicht ob dass zu privat fürs Internet ist aber –
    ist die karre noch in Niederbayern zugelassen?

    (Wenn ja der Beweis dass Moabit auf jedenfall Ausländefreundlich ist)

  4. Dr. G.: Ich will aber nicht noch mehr solche Geschichten erleben. Und ja, ist sie. Wegen der Tradition. Hab noch in keiner meiner Stationen ein Auto zugelassen.

    mq: Du meinst, ich sollte der Polizei dankbar sein, dass sie mich im Falle einer Schießerei vor größeren Verblutungsschäden bewahrt?

  5. Darüber hinaus wurde dein Immunsystem durch die Konfrontation mit dem Niederschlag inspieriert, alles Maßnahmen im Sinne des Bürgers.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert