Schnee von gestern

Vor ein paar Tagen bin ich dahin gefahren, wo ich herkomme. Wo der Schnee statt Chaos noch eine allesumarmende Schwere mit sich bringt. Und wo jeder Feldweg besser geräumt ist als unsere Straße in der Mitte von Berlin. Die Autobahn dorthin scheint durch Raum und Zeit zu gehen. Das rhythmische Schlagen gegen die altersschwachen Stoßdämpfer von meinem Ford erinnert mich an unsere Klassenfahrt nach Berlin 1991. Als die Autobahn nach Hof noch dem Volk gehört hat und aus losen Betonplatten bestand. Alles bricht und zerbirst im Angesicht der Kälte, der Rest rostet sich weg oder säuft dieser Tage hemmungslos ab. Kein Wunder, dass die Leute sich wie wild verheiraten und vermehren, wo sie doch sonst keine Kontrolle mehr über irgendwas ausüben.

Zuhause gibt es eine Menge Kinder mittlerweile. Und es ist nicht so, dass ich ein ausdrücklicher Befürworter des Spaßregimes bin, das Kinder unter sechs Jahren im Pulk über uns Erwachsene ausüben, aber in meiner Familie haben sich die Zustände durch die vielen Kinder verbessert. Man kann jetzt fast von einer Großfamilie sprechen. Mit nahezu südländischen Zügen. Alle schreien durcheinander, ständig wird gegessen und gekocht, dauernd kommt jemand, dauernd geht jemand. Das hat die Nachdenklichkeit der vergangenen Jahrzehnte fast in Vergessenheit geraten lassen. Alle sind wieder verbindlich und es gibt eine neue Herzlichkeit, eine Lebensqualität, endlich ein halbwegs gutes Argument gegen das Leben in der Stadt. Von der Gastfreundlichkeit muss man nicht reden. Das ist ein niederbayerisches Haus voller begabter Köche und höflich erzogener Menschen. Hinfahren war eine Winterreise, zurückfahren mehr wie eine Fahrt über eine endlose Brücke. Ich weiß auch nicht genau, was ich eigentlich sagen wollte, als ich anfing, das hier zu schreiben. Vielleicht nur, dass es schön war daheim.