Brennerpass: Bundesliga 2011/2012 (2)

Spieltag 2: Mia warn mia

Wolfsburg – FC Bayern 0:1 (0:0)
Das „Mia san Mia“-Gefühl, das Motto, das der Verein so eifrig und vorfreudig auf seinem gesamten Jahresmerchandise hat anbringen lassen, ist weg. Die Selbstverständlichkeit, jederzeit um die Meisterschaft mitzuspiele, ist weg. Vielleicht sogar die jährliche Garantie auf den Champions-League-Platz. Dabei war das Spiel gegen Wolfsburg keine Katastrophe, es war eben nur eine weitere Zitterpartie. Defensive und Mittelfeld agierten erstaunlich gut, allen voran der großartige Rafinha, der umtriebige Kroos (von der selten dämlichen Schwalbe mal abgesehen) und Matchwinner und Ballmeisterdieb Gustavo, den meine neue Hasskolumne, die achso gewitzte Einzelkritik in der Online-SZ, eher schlecht gesehen hat. Boateng und Neuer brachten dahinten eine neue Ruhe rein, die selbst ein seltsam nervöser Lahm und ein notorisch nervöser Badstuber nicht kaputt machen konnten. Im Auge des Sturms herrschte dagegen eine fast gespenstische Ruhe. Gomez Totalausfall, Müller konfus und Ribery nur in mittlerer Form. Aber wann war er zuletzt in Topform. Auch das ist wie letztes Jahr: ohne Robben geht keine Gefahr von der Bayern-Offensive aus, obwohl ja Robben auch nur den einen Trick beherrscht, bei dem er nach innen zieht. Die Ecken waren mal wieder auf Bezirksliganiveau, aber auch das ist schon Usus bei Bayern. Die Van Gaalsche Obsession um den Ballbesitz herrscht noch immer vor und verhindert, dass die Bälle mal schnell und unberechenbar in den Sechszehner gelangen, und ermöglicht das komplette Chaos bei Ballverlust. Ich bin sicher, dass sich das alles noch gravierend verbessern wird, aber momentan spielt die Mannschaft schlechter als zuletzt unter Jonker. Wolfsburg war fit, Wolfsburg hatte Feuer, aber das momentane Potenzial war nach 45 Minuten ausgeschöpft, so dass maximal ein Unentschieden drin gewesen wäre, hätte das zu Unrecht als Abseits verurteilte Tor gegolten. Rethorische Glanzpunkte: Heynckes schiebt das Gedümpel im Sturm auf den stumpfen Rasen und Ribery wird laut Marcel Reif von vier Wolfsburgern „quadrupelt“, was sicher semantisch korrekter als „dritteln“ ist, wie es Fritz von Thurn und Taxis letzte Woche bonmotiert hat.

Gladbach – Stuttgart 1:1 (0:0)
Stop! Lupfer-Time! Oder Chip, wie man heutzutage sagt. Das Spiel fing furios mit einem Heber von Reus an. Dann hat er noch einen Elfer rausgeholt und das wars dann mit unserm Wunderkind für dieses Spiel. Ansonsten Stuttgart torgefährlich und Gladbach mutig nach vorne und selbstsicher in der Defensive. Freddie Bobic hat den Elfer ja kategorisch als Fehlentscheidung abgelehnt, aber wenn man kurz vorm Fünfer so anrauscht, dann muss man sich nicht wundern, wenn es ein Cruiserweight wie den Reus aus den Schuhen hebt. Der Ausgleich von Stuttgart war dann aber mehr als gerechtfertigt. Schmoren wir zu sehr im eigenen Saft, oder ist das Niveau in der Liga tatsächlich höher geworden? Und warum zeigt sich das nicht bei den europäischen Wettbewerben?

Hoffenheim – Dortmund 1:0 (1:0)
Während Deutschland eigentlich nur noch auf die Götze-Wochen bei McDonalds wartet, wartete Salihovic nur auf seinen ersten Freistoß und der erinnerte im Ansatz an den Klassiker der Metaphysik von Roberto Carlos. Der BVB hingegen wartete insgesamt 30 Minuten auf seinen ersten Torschuss. Und als der mittlerweile gefeuerte (siehe Pressekonferenz nach dem Spiel;) Hoffenheimer Torwart Tom Starke dann endlich genug zu tun bekam, hat er gezeigt, dass er einer der Besten in der Liga ist und nicht so doof wie ihn letzte Woche Schlaudraffs vorzeitige Ballejakulation hat aussehen lassen. Und jetzt? Dortmund stolpert schon wieder über Hoffenheim, aber Stanislawski hat seine Leute sensationell eingestellt (wie der mittlerweile gefeuerte Tom Starke bei Sky ausgeplaudert hat) und NICHT dank der vollkommen gerechtfertigten Übermüdungserscheinungen von Götze war die TSG ein ebenbürtiger Gegner, der mit dem Abstieg auch dieses Jahr wieder nichts zu tun haben wird. Mal sehen, ob man das auch von Dortmund sagen kann. Hahaha!

Schalke 04 – Köln 5:1 (1:1)
Das dürfte den Traumtänzer Solbakken den Job kosten, wenn nicht heute, dann bei einer der nächsten Niederlagen. Und die werden kommen, so sicher wie Black Metal aus Norwegen. Raul hat mit seinem Chip des Monats aller Methusalem-Witze zum Trotz seinem Miesepeter-Trainer die Stirn gezeigt und damit auch, dass Fußball eine Kunst ist, die der Freude am Spiel entspringt. Der in der Nationalelf von der Konkurrenz gejagte Podolski hingegen zeigte Löw mit seinem Kontertor, dass er auch mal Poldinho sein kann.Mit der grotesken Elferentscheidung gegen Köln wendete sich das Blatt dann und die Kölner fielen schneller in sich zusammen als ihre Stadtbibliothek. Holtby traf das erste Mal im blauen Trikot, Huntelaars Dreierpack markierte seine Rückkehr unter die Lebenden und Schalke ist punktgleich mit Dortmund, was sie schon lange nicht mehr behaupten konnten.

HSV – Hertha BSC 2:2 (1:1)
Der zweitbeste Fernschuss des Tages nach Salihovic kam vom Hamburger Son. Ansonsten war die Hertha auf Betriebstemperatur, aber gleichzeitig im Pech und im Aluminium-Rausch. Hamburg hat noch nicht mal den einen Punkt verdient und wird auch dieses Jahr wieder keine Rolle im internationalen oder irgendeinem Geschäft spielen. Oenning ist eine Pfeife, ich wiederhol mich da gerne.

Nürnberg – Hannover 1:2 (0:2)
Unglaublich starke erste Halbzeit von Hannover und eine starke Gegenwehr vom Glubb in der zweiten. Mit dem tschechischen U21ler Peckhart haben die Nürnberger übrigens einen echten Gustotransfer gestemmt. Schade um den Punkt für’n Glubb aber die Heckenschützenartige Präzision von 96 hat nicht ganz zu Unrecht triumphiert. Die schmierige Selbstzufriedenheit vom Slomka stößt mir weiterhin sauer auf.

Freiburg – Mainz 05 1:2 (0:0)
Das größte Problem Freiburgs ist momentan noch der Badenser-Akzent von Trainer Sorg, aber das könnte sich ändern, wenn sie Cissé abgeben, denn das ist meiner Meinung nach der Abstiegsvermeider Nummer 1. Es wird auch diese Saison so sein, dass zwischen dem für Freiburg so gewohnten Mittelfeld und den Abstiegsrängen nur noch ein Spielbericht passt, will heissen die Konkurrenz schläft nicht. Mainz reist zurück in die Zukunft und spielt wieder so wie bei den sieben Auftaktsiegen der letzten Saison. Nur diesem Risse, dem hätte ich gerne mal sein saublödes weißes Stirnband aus den Wasserstofffransen gerissen.

Leverkusen – Bremen 1:0 (0:0)
Robin Dutt geht mir mit jeder Woche mehr auf den Sack. Grade noch das große Getöse von wegen: Ballack oder Rolfes, ich muss die Entscheidung des Jahrhunderts treffen und es ist ja eh eine Ehre, bei Vizekusen auf der Bank zu sitzen (What?!) und jetzt wieder so ein Gurkenspiel. Werders neuer Stürmer Lennart Thy fällt nach dem Fehlschuss aus fünf Metern in die Kategorie größt anzunehmender Chancentod, aber auch sonst war das ein Spiel Apathie gegen Lethargie, ob mit Ballack oder ohne. Leverkusens Sieg geht in Ordnung, weil Bremen trotz guter Ordnung nicht den geringsten Siegeswillen gezeigt hat.

K’lautern – Augsburg 1:1 (0:1)
Engagierte Partie von beiden. Bei Lautern tut sich Tiffert nach wie vor als der Motor des Spiels hervor und bei Augsburg zeigt Torwart Jentzsch, warum er vor ein paar Jahren sogar mal mit der Nationalmannschaft auf Asienreise gehen durfte. Letztlich dürfte es aber dennoch für beide Mannschaften um nicht mehr als den Klassenerhalt gehen, selbst wenn die Mannschaftsleistungen stimmen. Sascha Mölders ist jetzt zusammen mit Huntelaar Toptorjäger und Thurk nur noch ein Echo aus der vergangenen zweiten Liga.

10 comments / Add your comment below

  1. Norwegischer Black Metal, die Kölner Stadtbib und der schmierige Herr Slomka: Mein Wochenende ist mal wieder gerettet, huar! Hätte aber gewettet, dass du Klopps miesepetrige PK-Performance noch zum Thema machst. Um den heißen Brei floskeln is bei dem einfach nich drin.

  2. Don Miguel: ja, die PK hat mich tatsächlich ein wenig verstört, weil der Klopp ja das Spiel mit der Presse beherrschen sollte, aber dann hab ich mir gedacht, der Mann darf auch mal grantig sein, wenn er verliert. Ich werde das beobachten.

    elnino: hihi.

  3. Der Taliban SV 1860 München hat sogar seinem Angstgegner Aue 4!!!
    eingeschenkt.
    Einmal Löwe, immer Löwe!

  4. Das hab ich auch mit einigem Erstaunen zur Kenntnis genommen. Aber wir wissen ja, dass die Löwen ihren Saisonhöhepunkt immer in den ersten 10 Spieltagen haben bevor es dann ruinös den Glockenbach hinunter geht.

  5. Zweite Liga, da denkst du vor dem ersten Stadionbesuch erstmal ok, wir müssen nicht mehr vor dem Internetfanshop übernachten, um Stadionkarten zu bekommen, und wir müssen keine Nebenjobs annehmen, um die Stadionkarten bezahlen zu können, und wir müssen keine 1,5 Stunden anstehen, um ein Bier im Stadion zu bekommen, und im Stadion trifft man nur noch Fußballfans, und außer dem Scherzgebirge und Paderboring spielen in der Hölle auch noch die 60er, Pauli, der KSC, Fortuna und HAHAHAHAHA der FSV, und man wird nicht mehr unmittelbar in körperliche Auseinandersetzungen um einen Stehplatz in einer siffigen Straßenbahn einbezogen. Das trifft auch alles soweit zu, aber dann spielt dein Verein nach der 1:0 Führung in der 3. Minute ein komplett albernes 1:1, und die schöne Welt, die man sich vorher zurechtphantasiert hatte, ist wieder im Arsch. Das ist die zweite Liga.

  6. Das wird schon noch mit der Eintracht. Was kosten denn die Karten mittlerweile?

    (bezüglich der erwähnten Annehmlichkeiten wünscht man sich seinen Verein fast auch mal ein Jahr in die zweite Liga. Nein, das stimmt nicht)

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