Brennerpass: Bundesliga 2011/2012 (19)

Spieltag 19: …und Stürmer für alle

Bayern – Wolfsburg 2:0 (0:0)
Grässliches Spiel, aber nicht untypisch für Bayern in einer ihrer zahlreichen „Mia san momentan net mia“-Phasen. Natürlich schaut man neidisch auf die Euphorie und den Partyfußball von Dortmund, aber wie ich schon öfter sagte, den Bayern-Stars kann man keinen Systemfußball mehr beibringen und dem Verein nicht den permanenten Erfolgsdruck nehmen, den sie sich selbst immer wieder mit ihren Superlativen einbrocken. Wobei das mit dem Systemfußball vielleicht nicht stimmt, immerhin hat Louis Van Gaal mit seinem „Barcelona für Fußkranke“-Querpasspiel Spuren hinterlassen, die jetzt schon ein Jahr lang nachwirken. Dazu kommt, dass Schweinsteiger die Ideen fehlen, Kroos sich wohl ein bisschen selbst überschätzt nach all dem Lob, Müller eine ganz miese Phase durchmacht und Gomez bei jedem Spiel, in dem er ein Tor schießt (also in jedem Spiel) mindestens eine Slapstick-Einlage dazu packt wie den Ausdruckstanz vor Benaglio in der ersten Halbzeit. Robben fehlt noch der letzte Biss und nur Ribery ist der Motor des Spiels, sonst niemand. Also quasi der Außenbord-Motor. Boateng war der einzig solide Abwehrspieler an dem Tag, aber das war wohl nur ein kurzes Gastspiel auf seiner geliebten Innenverteidigerposition, da Rafinha gesperrt ist und Van Beuyten verletzt. Ach so, und dann war diese Woche Transfergate auf Facebook, aber für diese Dämlichkeit fällt mir auch keine Rechtfertigung ein. Fazit: Dortmund ist derzeit der heißere Titelanwärter, Olic braucht mehr Einsatzzeit und der 40-Mio-Neukader von Felix Magath dürfte sich spätestens 2016 zu einer stabilen und gleichförmigen Mannschaft entwickelt haben, nur spielt er dann ja schon längst wieder wo ganz anders. Vielleicht war das Spiel auch gar nicht so trist, aber der hinterfotzige Kommmentar von Marcel Reif lässt einen immer ganz depressiv aus dem Spieltag rausgehen, selbst bei einem Sieg.

Mainz 05 – Freiburg 3:1 (3:0)
Nach einer komplett verschlafenen Hinrunde findet sich das Tuchelsche Trümmerteam langsam zu einer Mannschaft zusammen, was man von den Freiburgern leider noch nicht behaupten kann. Aber da liegt der Umbruch auch erst zwei Wochen zurück.

Köln – Schalke 1:4 (1:0)
Schalke ist sicherlich der Underdog im Oberhaus der Tabelle, aber wenn man trotz namhafter Ausfälle wie Farfan, Raul, Höwedes und Baumjohann und einer drögen ersten Halbzeit plötzlich nach Wunsch die Spielfreude einschalten kann und Köln zuhause trotz Rückstand zurück in die Steinzeit spielt, dann muss man langsam anfangen, die Understatements von Huub Stevens nicht mehr ernst zu nehmen. Marica hat seine Sache sehr gut gemacht und hätte man nicht Podolski angefleht, er möge durch die gähnende leere Mitte doch bitte aufs Tor schießen, wäre es noch nicht einmal zu einem Rückstand gekommen. Ohne Podolski ist auch Köln ein willkommener Kandidat im Abstiegsreigen. Langsam wirds voll da unten. Andererseits ist jetzt die Gelegenheit, sich von der Mama Poldi abzunabeln und endlich alleine in die Welt zu wandern. Vielleicht mit Helmes als Krückstock.

Bremen – Leverkusen 1:1 (1:0)
Für mich als Chronist ist der ewige Terror in Leverkusen natürlich eine dankbare Sache. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass im einstmals langweiligsten Verein der ersten Liga die Fetzen fliegen. Dass man sich mit Ballack ein Kuckucksei gelegt hat, ist die neueste Erkenntnis aus der Führungsetage und Holzhäuser spricht grimmig von einem gescheiterten Projekt und meint eigentlich die gescheiterte Existenz von Big Tasty Ballack, der sich – glaubt man den Vereinsnahen Journalisten – in Leverkusen wie in der Nationalmannschaft als realitätsferner Zenitklammeraffe und als Klimaverpester erwiesen hat. Ballacks Berater sagt wiederum: Der Michi soll nur von den Verfehlungen vom Dutt ablenken. Und auch das ist nicht ganz von der Hand zu weisen, siehe neun Punkte Rückstand auf einen Champions-League-Platz. Aber wie so oft, wenn sich mehrere Unsympathen (Völler, Holzhäuser, Ballack, Dutt) streiten, kann man eigentlich überhaupt keine Partei ergreifen. Bremens Edelross Pizarro „hat die Haare schön“ (um Anke Groener zu zitieren) und wenn er so weiter spielt auch bald wieder einen Job in München.

Dortmund – Hoffenheim 3:1 (2:0)
Die gelbe Gefahr überrollt Deutschland. Jetzt geht das schon wieder los, ich habs ja schon befürchtet, als sie aus der Champions-League ausgeschieden sind: Die haben einfach nichts Besseres zu tun, als wieder Meister zu werden. Dass Hoffenheim an diesem Spieltag nicht viel reißt, war zu erwarten, nachdem Dietmar Hoff quasi in einer Woche sämtliche Stürmer verjubelt hat. Stanislawski hat aber nicht diese Maßnahme sondern die daraus resultierende Weltuntergangsstimmung im Kraichgau kritisiert und nebenbei bemerkt, dass man im Zuge des aktuellen Sparkurses vielleicht nicht zwingend die Deutsche Meisterschaft erwarten sollte. Angeblich kommt Lakic, aber es gibt auch ein Barrios-Gerücht, was natürlich den Sparmaßnahmen vehement widersprechen würde, außer es handelt sich um ein Ausleihgeschäft.

Stuttgart – Gladbach 0:3 (0:1)
Ach, Stuttgart hat gute Leute, jetzt zuletzt auch noch Ibisevic aus der fröhlichen Stürmertombola in Hoffenheim, aber sie spielen einen Niemandslandfußball, der weder Spaß noch Punkte bringt. Und wenn du dann gegen Favres Effizienzmaschinen antrittst, kannst du eigentlich nach dem 0:1 schon wieder abtreten. Der Schieber hat bei Nürnberg noch den Dreh rausgehabt, aber bei Stuttgart kreist er um den Strafraum, als wüsste er nicht mehr, was er hier eigentlich wollte. Die grausame Wahrheit ist: Stuttgart steht im Abstiegskampf und Labbadia fragt sich, ob sich seine Geschichte wirklich immer wiederholen muss.

Hertha – Hamburg 1:2 (0:2)
Hamburg hat sich wieder von der gelbschwarzen Dampfwalze erholt und die weißblauen Babbelkiller im eigenen Stadion vorgeführt. Aber bei Herthas derzeitiger Heimschwäche kann man eigentlich schon gar nicht mehr davon ausgehen, an Heimspiel-Wochenenden eine ausgelassene Fahrt in der U2 zu erleben.

Augsburg – Kaiserslautern 2:2 (1:1)
Wer hätte gedacht, dass das eins der amüsanteren Spiele des Wochenendes werden würde. Aber dann auch traurig, dass bei allem Einsatz für beide Mannschaften nur ein mieser Punkt herausspringt. Wenn jetzt schon Marco Kurz auf die Tribüne muss, ist das der letzte Beweis für den Minderwertigkeitskomplex der 4. Offiziellen. Und Sascha Mölders vom FCA verleihe ich den Titel: Stürmer mit der größten Differenz zwischen Talent und Torerfolg.

Hannover – Nürnberg 1:0 (1:0)
Es gibt nichts deprimierenderes als gegen Hannover zu verlieren. Jede Chance ein Tor, egal wie gut du Druck machst. In der ersten Hälfte hätte 96 den Sack zwar noch zumachen können, aber nach der zweiten ist das Ergebnis eine Farce. Auweh, Glubb, jetzt geht das Zittern doch wieder los.

BRENNERPASS-TIPPSPIEL:
Das war mein schlechtestes Tippergebnis seit Äonen, dafür hat sich mit Kaal eine bis dato unbekannte Kraft aus dem unteren Mittelfeld ins Rampenlicht getippt und den Tagessieg eingefahren. An der Tabellenspitze hat sich stt an benchman vorbeigedrängelt und somit auch die Meisterschaft wieder spannend gemacht, wie es an jedem Spieltag heisst, an dem Bayern nicht mit 10 Punkten Vorsprung da oben steht.

Die Tipptabelle für den aktuellen Spieltag
Die Tipptabelle in der Gesamtübersicht

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12 comments / Add your comment below

  1. Scharf. Sinnig. Treffend.

    Besonders schön fand ich ja im Kicker-Liveticker den Vermerk zum 2. Tor: (90+2. Robben, Bauch, Olic). Inzwischen haben sie es zu (90+2. Robben, rechte Hand, Olic) geändert, was anatomische Fragen aufwirft, nichts aber daran ändert, dass es verwundert, wie ideenarm die Bayern zurzeit auftreten, wenn man die Körperteile zum Toreschießen beiseite nimmt, und b) woher das Loch so plötzlich kommt. Ich hoff, sie lassen Werder wenigstens Pizza noch ein wenig.

  2. Leverkusen hat sich mit der zweiten Hälfte ja noch den Hals gerettet und zumindest seine Pflicht erfüllt. Da tritt die Werkself gegen einen unvollständigen, denn Schaaf konnte keine 18 gesunden Spieler ohne Sperre mehr finden, Bremer Kader, gegen eine B-Elf an und zeigen nichts. Vielleicht hatten sie mit ihrem namenlosen Kader einfach Angst vor dem vorauseilenden Ruf eines Affolter, Hartherz (ausgezeichnetes Debütspiel), Ignjovski, Trybull, Ekici oder Füllkrug.

  3. Ole: Super Bonmot aus dem Kicker-Ticker! Und hab ich schon mal gesagt, dass dein Beitrag und Kommentar hier höchst erwünscht, ja fast unerlässlich ist? Vor allem aus deiner Fanperspektive.

    Sven E.: Bremen hat das super gemacht, vor allem mag man bei den Abwehrproblemen kaum glauben, dass am Ende nur ein Gegentor heraus- (bzw. hinein.) gesprungen ist. Es war gar kein schlechtes Spiel und wenn die Werkelf erstmal auf dem Platz steht, ist sie auch gar nicht mehr so unsympathisch. Lediglich unaufgeräumt.

  4. Bei der Auswertung der Tabelle -also der vom Brennerpass-Tippspiel- fiel mir auf, daß sheepshaggers bisher noch keinen Tagessieg landen konnte, dafür aber einer der härtesten Verfolger ist. Und so ein 16 Punkte-Vorsprung ist gleich weg. Also im Brennerpass-Tippspiel versteht sich.
    Ich muss gestehen, daß ich meine Tipps unter Zuhilfenahme von starken Schmerzmitteln abgegeben hatte.

  5. Da ärger ich mich weil ich am Wochenende vergessen habe meine Ergebnisse abzugeben und dann gewinne ich. Hatte völlig vergessen, dass ich den Spieltag letzte Woche gleich mit ausgefüllt hatte. Offensichtlich helfen Desinteresse und Unwissenheit doch. Hm, im Tippspiel verbessern oder Bundesliga weiter verfolgen – keine leichte Entscheidung.

  6. Kaal: Mein Vorschlag: du schaust in aller Ruhe Bundesliga, kiffst dann die ganze Woche über wie ein Wolf, und wenn du am Freitag deine Tipps abgeben musst, hast du bereits alle vorhergehenden Spieltage wieder vergessen. Klingt gut?

  7. Je lauter die Bayern-Führung „Mia san mia“ schreit und das überall drauf bappt, desto weniger sieht man davon auf dem Fußballplatz.

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