Brennerpass Spezial: DFB-Pokalfinale 2012

Dortmund – Bayern 5:2 (3:1)

Ich schäme mich. Nicht hauptsächlich weil mein Verein jetzt fünfmal hintereinander gegen den selben Gegner verloren hat und dabei nie unglücklich (wie manche behaupten). Nicht hauptsächlich weil es diesmal eine richtige Watsch’n war. Ich schäme mich, weil diese fünf Niederlagen, besonders die gestrige die Bayern als entweder überheblich, faul oder einfach nur dumm dastehen lässt. Denn entweder die Bayern sind zu überheblich, um sich nach vier unterlegenen Spielen ein System gegen den BVB zu überlegen, oder sie sind zu faul oder eben zu dumm. Und so sehr ich mittlerweile an Jupp Heynckes taktischer Ausrichtung zweifle, so sehr glaube ich, dass die Wahrheit sogar noch grausiger ist: Es mangelt den Bayern an der Einstellung.

Und dafür schäme ich mich, weil deshalb schaut man ja Fußball, hat man ja ein Lieblingsteam, weil man die Protagonisten kämpfen sehen will. Martialische Erwartungen an einen martialischen Sport. Es ist das uralte Rezept: Der Held hat ein Ziel und jemand stellt sich dem Held in den Weg. Wenn der Held sich reinhängt, ist es gar nicht mehr so wichtig, ob er das Ziel letztlich erreicht, denn er hat sich reingehängt. Deshalb schaut man Filme, liest Bücher und schaut Fußball. Man stelle sich vor, Luke Skywalker hätte sich beim Angriff auf den Todesstern eine Zigarette gedreht und wäre deshalb mit dem linken Flügel an einem Flakturm hängen geblieben. Oder Beowulf wäre am Tag des Bossfights mit Grendel nur verkatert aus dem Bett gekommen und hätte sich gleich zum Auftakt das Bein abbeißen lassen. Die Helden müssen alles geben, und wenn es nur uns das Gefühl ist, dass sie es tun. Das müssen sie von mir aus auch nicht gegen Germania Windeck, aber doch bitteschön im Pokalfinale gegen Borussia Dortmund.

Und weil wir grad dabei sind, können wir auch gleich mit dem beliebten Vorurteil aufräumen, dass Bayern die individuell stärkeren Spieler besäße. Ein Mario Gomez mag auf lange Sicht der erfolgreichere Stürmer sein, im Moment ist Lewandowski der bessere, der elegantere, der schöner Anzusehende. Und einen Kroos oder Schweinsteiger vom Samstag Abend tausche ich liebend gerne gegen einen Kehl, gegen einen Kagawa, gegen einen Bender. Und langsam werd ich auch müde, den Robben zu verteidigen, denn was andere uneigennützig nennen, ist gehemmt und ängstlich und am Ende sogar noch völlig uninspiriert, da hätte ich auch lieber einen hochmotivierten Kuba dafür. Ausgerechnet Pille Lahm zeigte gestern als Einziger Herz und komplettes Spiel. Ribery will ich noch in Schutz nehmen, weil er einen schlechten Tag erwischt hat und da draußen gelb-schwarz einzementiert war, aber was Leute wie Gustavo und Boateng da getrieben haben, das ist unser Trikot nicht wert. Und wer meine Kolumne oder mich auf Twitter liest, weiß, dass ich das nicht erst seit gestern sage. Und auch wenn mich die Selbstgefälligkeit eines Jürgen Klopp anwidert, muss man zugeben, dass er verstanden hat, dass die Psyche mehr Spiele gewinnt als die Physis. Etwas, das Heynckes natürlich auch weiß, aber nicht so umsetzen kann. Und an dieser Stelle sage ich jetzt einfach, dass ich die Fresse vom Nerlinger nicht mehr sehen kann, auch wenn das nicht hierher gehört.

Dabei sah es in der ersten Halbzeit gar nicht so schlecht aus für den FC Bayern. Der Ausgleich durch den Robben-Elfer, die Verletzung von Weidenfeller, das alles spielte uns Karma-mäßig in die Hände und der FCB dominierte zwanzig Minuten nach Belieben verunsicherte, aber immer noch organisierte Dortmunder. Aber die ewige Fantasielosigkeit und das Oma-Tempo bei den Angriffen ließen die Dortmunder wieder ins Spiel kommen. Und selbst in den Phasen, in denen der BVB unterlegen war, haben sie immer cleverer gewirkt, wacher. Wie in allen vier Begegnungen zuvor, wie in den letzten zwei Saisonen. Der BVB ist die bessere Mannschaft, aber das ist nicht das Ärgerliche, es ist die Resignation der Bayern und das ewige Rausreden auf das sogenannte Internationale Geschäft. Und da sind wir dann beim nächsten Finale. Es besteht kein Zweifel daran, dass Bayern in dieser Form sang- und klanglos gegen Chelsea untergehen wird. Allerdings könnte diese Vollgasblamage das einzige Mittel gewesen sein, um diese bräsige Truppe aus ihrer Umnachtung zu holen. Denn ein German Clasico war das gestern nicht, denn in einem Clasico gewinnt auch mal die andere Mannschaft.

Gratulation an den BVB, diesmal ohne Faust in der Tasche. Ihr habt es euch redlich verdient, das alles.

16 comments / Add your comment below

  1. punkt. wo kann ich unterschreiben?
    und ja, dieses furchtbare immer und immer wieder gleiche gerede vom nerlinger mit der eleganz und dem gehalt eines knäckebrots- bah!

  2. Überlege immer noch, was zum Henker ich da gestern Abend gesehen habe. War das Fahrlässigkeit? Unvermögen? Oder beides zusammen?

    Der BVB ist leider aktuell nicht nur auf dem Rasen besser, sondern auch auf der Bank und im Management. Kein Grund in den Panikmodus zu verfallen, aber wenn man Leverkusen nicht auf Dauer die Rolle vom ewigen Zweiten abnehmen will, muss sich was tun beim FCB.

  3. Einmal schlecht ausgesehen, da braucht man doch nicht gleich so rumwinseln. Immerhin zwei Finale erreicht und um die Meisterschaft zumindest ein Wörtchen mitgeredet. Dann so einen Rant abzulassen ist wohl mindestens genauso selbstgefällig, wie Klopp manchmal rüberkommt. Zumal ich da auch vorsichtig bin, denn Erfolg kommt oft mit Anschein von Selbstgefälligkeit und mit diesem Vorurteil hatten die letzten Jahrzehnte gerade die Bayern zu kämpfen. Sage ich, der gestern auch den Bayern die Daumen gedrückt hat.

  4. Benjamin: Ich darf Dich daran erinnern, dass sich Bayern-Spieler gestern demonstrativ ihre Medaille vom Hals gerissen und sie mehr oder weniger versteckt haben.

    Jeder andere Sportler wäre froh über diese Leistung gewesen, überhaupt ein Finale erreicht zu haben. So wie auch die Fans, die den Bayern aus Überzeugung und nicht nur aus reiner Erfolgsaussicht die Daumen drücken.

    Allein das war gestern ein Zeichen für die Überheblichkeit der Bayern, die jetzt nur noch diesen einen Strohhalm namens CL-Finale haben.

    Man möchte sich gar nicht ausmalen, was für eine Blamage es wäre, jetzt auch noch in diesem Finale auf diese Art abgeschlachtet zu werden. Dann war das Sprüchefeuerwerk von uns BVB-Fans gestern erst der Anfang.

    Ein FC Bayern gewinnt eben nicht von allein. Auch wenn die große Zahl der Titel danach aussieht, reichen 90% eben nicht immer.

  5. Benjamin: Du bist der Gast hier, ich würde dich bitten, nicht so unfreundlich zu sein. Und es ist ja bei Gott nicht so, dass Bayern jetzt nur einmal schlecht ausgesehen hat. Es bleiben vier weitere Spiele gegen den BVB, die Pleiten gegen Gladbach und etliche weitere Niederlagen in der laufenden Saison. Ich als Fan bin enttäuscht und als Fan reg ich mich auf. Wenn wir jetzt aber wieder mit der Leier vom Jammern-auf-hohem-Niveau anfangen, dann lies hier bitte nicht mehr weiter. Das gilt auch für den Kollegen NetzBlogR. Ich sag ja auch nicht zu einem Kölner, er soll sich nicht über den Abstieg aufregen, andere Teams wären froh, wenn sie überhaupt in der zweiten Liga spielen könnten.

  6. St. Burnster: Sorry, als Fanatiker kann man sich gerne aufregen. Nur den Ton, den Du in Deinem Post angeschlagen hast, habe ich lediglich aufgenommen.

    Kann seine Fresse nicht mehr sehen …

    Selbstgefälligkeit eines … anwidert

    Wenn man so reingeht, muss man sich hinterher nicht beschweren.
    Also, ich wollte nicht unfreundlich sein, das tut mir leid. Allerdings halte ich es nicht für sportlich ein verpatztes Finale und die Reinfälle gegen Dortmund und Gladbach so überzogen anzuprangern, denn es war aus meiner persönlichen Sicht eine gute Saison und es hätte auch anders kommen können. Aber das ist nur wohl eine Frage der Wahrnehmung. Kann nur sagen, dass ich bei verlorenen Finalspielen meines Lieblingsklub jedenfalls nicht den Manager in die Tonne getreten habe.

  7. Ist ja gut, Benjamin, ich versteh dich ja. Ich bereue meinen selbstgefälligen Grant und meine subjektive Rage. Von den fachlichen Fehlurteilen ganz zu schweigen.
    in aller Bierernsthaftigkeit,
    StB

  8. Moment, die Ernsthaftigkeit hast Du gerade eben eingefordert. Jetzt machste Dich drüber lustig? Alter!

  9. Also der BVB hat sich dass ja verdient, trotzdem muss man sagen dass wir uns alle 5 selber reingelegt haben weil wir im 5ten spiel gegen diese mannschaft gleich naiv agieren wie in allen spielen davor und jedes mal denk ich dieses mal werden sie (trainer und spieler) ihre fehler erkennen aber nein sie rennen jedes mal in ihr verderben.

    Einmal schlecht ausgesehen, da braucht man doch nicht gleich so rumwinseln. Immerhin zwei Finale erreicht und um die Meisterschaft zumindest ein Wörtchen mitgeredet.[…]

    Es ist dass fünfte mal IN FOLGE, gab es sowas überhaupt schonmal in der Geschichte des FCB dass man FÜNF mal in folge gegen die selbe mannschaft innerhalb von 2 jahren verloren hat ?

    Hab ja ne karte fürs CL finale aber dass hat meiner euphorie und meinem dauergrinsen nen dämpfer verpasst, nichtsdestotrotz werden wir den henkelpott nachhause holen wie 99/01 so 10/12

  10. Fanjojoboy: Ich habe ja alles andere als die Hoffung aufgegeben. Finale dahoam! Eine solche Niederlagenserie gabs gegen Eintracht in den Siebzigern habe ich gestern Reif oder Rethy sagen hören.

  11. Kid37: Merkwürdig betäubt war ich übrigens auch, und zwar durch eine brutale Kurzgrippe, die am Vorabend des Spiels in der U6 über mich gekommen ist. Deshalb hab ich auch erst am nächsten Tag angefangen zu schäumen.

  12. Dann nutzt das Jahn-Regensburg-Zäpfchen vielleicht ein wenig zur Schmerzunterdrückung bis zur bajuwaren Götterdämmerung in Rot-Weiß!

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