Brennerpass: Euro 2012 (9)

Tschechien – Polen 1:0 (0:0)
Klar kann man jetzt sagen, dass die Polen doch so couragiert und attraktiv spielen wollten, aber sie wollten eben nur spielen und offenbar nicht gewinnen. Dem Erwartungsdruck haben sie leider Gottes nicht standgehalten, haben eben jene Souveränität vermissen lassen, die man braucht um sich gegen verdeckte Schläge aus der Defensive zu wehren, die sie von all ihren Gegnern abbekommen haben. Profaner gesagt: So richtig verdient haben sich die Tschechen ihr Weiterkommen aber auch nicht. Cech hat sich seit seinem Patzer immerhin einen coolen Bart wachsen lassen und Jiracek hat sich ein kurioses Tor erzirkelt, das man ihm auch nicht zugetraut hat, wenn man ihn nur aus Wolfsburg kennt. Großartige Leistung von Tyton und Cech im jeweiligen Tor.

Griechenland – Russland 1:0 (1:0)
Mental ein Koloss von einem Spiel oder auch „outstanding“, wie Oliver K. zu sagen pflegt. Die eigentlich schon von allen im Geiste verabschiedeten Griechen würden nach Expertenmeinung an diesem Abend einmal mehr aus Europa geprügelt werden, aber trotz russischer Sturmläufe, ließen sie sich nicht aus der Eurozone verscheuchen. Ein bisschen Catenaccio hier, aber auch nassforsches offensives Auftreten da reicht für ein 1:0, das die Russen nie aufholen werden. Der Torschütze Karagounis erlebt dann in der zweiten Hälfte noch sein gelbes Wunder, als er wegen eines EINdeutigen Fouls statt eines Elfers eine Karte bekommt, die ihn fürs Viertelfinale sperrt. Fazit des Abends: Die technisch schlechteren Mannschaften der Gruppe sind dank „never say die“-Einstellung weitergekommen, und Deutschland kann es sich im Viertelfinale jetzt endgültig mit den Griechen verscheißen.

TIPPSPIEL:
Mit deLuxe und lunchforone gibt es neue Führungsspieler. Und Gratulation an philipp, der als Einziger das 1:0 der Griechen getippt hat, aber wer konnte das auch ahnen.

1. deLuxe 28
1. lunchforone 28
3. dirksteins 28
3. feinschmeckerle 28
5. vbernd 27
6. martin 27
6. Nathalie 27
8. Eikman 26
8. Papadopoulos 26
8. SvenE. 26

8 comments / Add your comment below

  1. Schon erstaunlich. Die Polen waren die Strohfeuer-Elf des Turniers. Prima Ansätze mit Elan und Schwung, die sie aber kaum länger als 20 Minuten am Stück aufrecht halten konnten, ehe sie in sich zusammenfielen. Kartenhaus Hilfsausdruck. Und in welch blasse Depression sie heute geschlittert sind. Kein Aufbäumen, kaum Kampfgeist, wie von Angst gelähmt… überhastetes nach vorne bolzen, und zack war der Ball weg, bevor sie überhaupt nachgedacht hatten, zudem eine Laufbereitschaft, gegen die selbst Gomez im Spiel gegen Portugal noch ein Marathonmann war. Selten ist eine derart blass spielende, fad kickende Elf wie Tschechien diesmal Gruppensieger geworden. Ich will mich hüten zu sagen: Unverdient. Denn, zwei von drei Spielen haben sie gewonnen, und sie waren heute nicht die schlechteren. Sie waren aber auch kaum mehr als die weniger schlechte Mannschaft. Im Übrigen würd ich mir ja wünschen, dass die Müller-Hohenstein von einer Riesenwelle erfasst wird und das gesamte Langeweile-Imperium des ZDF gleich mit. Was die in diesem Jahr EM-Berichterstattung nennen, grenzt an Körperverletzung. Der Olli wirkt wie ein hypnotisierter Schellenklapper-Affe, der in konzentrischen Schleifen immer dasselbe blubbert, meist „Das ist Fußball.“ „So ist Fußball.“ Zwischendurch mal ein antrainiertes „Outstanding.“ Was dabei rumkommt, ist dessen Gegenteil. Wie recht der „Express“ doch hatte. Was das Viertelfinale betrifft: Wie recht Du hast. Und wie musikalisch es werden kann. Ein Saxophonschmalz gewordenes Spiel, sobald (Max) GRE-GER oben links im Bildschirm eingeblendet wird…

  2. Ole: Großartige Schlusspointe und überhaupt gepfefferte Analyse. Ich mag ja normalerweise nicht so recht einstimmen in das Buhfeuerwerk gegen öffentlich-rechtliche Berichterstattung, aber langweilig ist dieses Jahr noch ein recht mildes Urteil für diese merkwürdige Usedom-Residenz des ZDF. Olli Kahn lässt seine gesamte Rhetorikseminar-Erfahrung noch unsicherer als zu Spielerzeiten wirken, seine Anglizismen sind fehlplatziert und unangenehm und KaMüHo sieht so verwittert aus wie sie kommentiert. Man kann Jeannine Michaelsen nicht hoch genug für ihren Mut loben, sich nicht von dem Rentnerhumor der beiden unterjochen zu lassen, auch wenn die Rolle des Online-Experten (vgl. Raketenwissenschaftler) stets eine denkbar undankbare ist, weil man sich gegenüber einem Zuschaueraltersschnitt von 57 immer in der Aufklärungs-Bringschuld fühlt. Und dann noch die Frage: Was hat denn der Express geschrieben?

  3. Hier gibt es die TV-Schelte, die ich gern geschrieben hätte (nahezu wortgleich), für die ich aber zu spät war. Und im Übrigen, ich weiß ja nicht, ob es Dich nochmal nach Absurdistan verschlägt, auch da geht es zurzeit ja um Fußball. Ein wenig. Die EM-Spielanalysen, die ich mir vorgenommen hatte, daraus ist ja noch nicht viel geworden. Aber immerhin ein wenig Unsinn und Kickprügel…

  4. Dein Kommentar ist dem Spam-Hades entrissen, Ole. Auf deinen Kickprügel bei Absurdistan hab ich lange vergeblich gewartet, ich gebe zu, ich hatte das Nachschauen dann eingestellt. Die TV-Schelte ist mir so ein wenig zu scharf. Grade das Rumgehacke auf dem Social-Media-Segment ist ein wenig unfair, weil man den Öffies ja ständig vorwirft, sie lebten hinterm Mond, aber wenn sie mal schüchtern hervorlugen, bombt sie die digitale Elite (ähem) wieder zurück in die Steinzeit.

  5. Dass Du das Nachschauen irgendwann eingestellt hast: Durchaus nachvollziehbar. Es ist ja auch ne lange Zeit, in der ich aus Gründen zu fast nix gekommen bin, sehr still gewesen und unabsehbar, ob und wann der Zug wieder anfährt. Ich hab zumindest den Kohlentender jetzt aber wieder befüllt, der Wassertank ist prallvoll, soll zügig weitergehen. Und das Social-Media-Gemaule fand ich auch eher unnötig, ebenso wie auch sonst manche Formulierung vielleicht arg krass ist. Ich bin nun wahrlich keiner, der die „Verzweinullung“ der Welt fordert. Ich mochte bei allem manche Sprachbilder sehr, und die Stoßrichtung ging in vielem schon analog zu dem, was ich finde: Zumindest habe ich auch selten ein TV-Format erlebt, dass ich so fußlahm und entsetzlich öde fand, und mich dermaßen gelangweilt hat wie das ZDF bei der EM in diesem Jahr… so Fernsehgarten… mit einer Moderatorin, die besser ins Dressurcarré oder auf den Golfplatz passt… mit Kommentatoren, denen die Füße schon vor dem Spiel eingeschlafen sind… mir geht’s auch nicht drum, denen dafür nun einen reinzuwürgen. Aber so viel geballte Langeweile war selten.

  6. Ole: Auf „öde“ können, nein, müssen wir uns einigen beim ZDF-EM-Studio. Was deine Aktivitäten in Absurdistan betrifft, bin ich jetzt wieder auf dem neusten Stand und gedenke auf diesem zu verweilen.

  7. Ich stelle mir gerade vor, wie die sich in ihrem Jubelstudio darüber unterhalten müssen, wie die Chancen in einem Viertelfinale GRE – DAN im Detail so stehen.

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