Die Lesereise II – Berlin

Nobody knows what’s gonna happen at the end of the line,
so you might as well enjoy the trip.

(Manny Calavera, in memoriam Lucas Arts)

03.12.2012 Berlin, Heimathafen, Buchpremiere

Der offizielle „Tourstart“ nach dem kuriosen „Warm-Up“ in Moabit soll im wunderschönen Heimathafen in Neukölln stattfinden. Ich kann jetzt schon vorausschicken, dass mich an dem Abend am meisten beeindruckt hat, dass meine Nachbarn zu Fuß zur Lesung gekommen sind. Ich wohne in der Nähe vom Nordbahnhof, falls mal jemand die Entfernung zum Heimathafen googeln will. Ich selbst bin allerdings auch vom Cottbusser Tor bis rüber zum Heimathafen gelaufen, weil ein ominöser polizeilicher Großeinsatz an der Schönleinstraße (mit Rauch aus dem U-Bahn-Abstieg) die städtische Infrastruktur komplett lahmgelegt hatte. Bis heute weiß ich nicht, was da los war, auf jeden Fall ist in der Folge jeder Taxi gefahren, deshalb war keins mehr für mich übrig. Die eigentliche Lesung verfügt über gleich drei „Stargäste“. Das ist zum einen mein Sidekick und Medienbranchen-Mentor Markus Kavka, dann der Kabarettist, Schauspieler und Schlegelstraßenkumpel Rüdiger Rudolph und der Black-Metal-Sänger Janni Ratten von Occvlta, für alle die sich kein v für ein u vormachen lassen.

Die bei dem Sujet etwas gewagte Mischung aus Comedy und Fachliteratur in bürgerlichem Theaterambiente und bei Kerzenlicht geht auch dank Jannis „Rocktasche“ (erinnert sich jemand noch an das B3-Format?) gut, aus der er Genreperlen wie Darkthrone und Mayhem holt, sie nicht nur auflegt, sondern sie auch unter den interessierten Laien im Publikum zirkulieren lässt, immer mit dem Hinweis, dass man gefälligst drauf aufpassen soll. Ja, so sind Vinylleute, sonst gäb’s ja auch gar keins mehr. Ich verkneife es mir aus Angst vor Unvintagehaftigkeit zu sagen, dass ich dieselben Platten alle auf CD oder Mp3 habe.

Rüdiger Rudolph, der charmante Mensch, erzählt von der unfreiwillig konfessionellen Frühbildung seiner Tochter und den Bibelanfeuerungsrufen („Mehr Bibel, mehr Bibel“) des kleinen Sohns eines Schlegelstraßenkumpels (aha) und leitet damit sehr gut zum Themenkomplex Katholizismus über, der mit dem Lesestück „Die Beichte“ ab jetzt den traditionellen zweiten Teil meiner Leseroutine darstellen soll.

Markus Kavka erzählt, wie er als Ministrant Schnaps in den Messwein gemischt hat und mit Dimmu Borgir auf einem Fjord herumgerudert ist. Kurz vorher hatten wir uns noch bei der Aufzeichnung für FLUX.FM eine erbitterte musikalische Endzeitschlacht von Moll- gegen Testosteron geliefert. Raten Sie mal, wer für welche Tonalität stand. Die Lesung geht zu Ende, wie jede Lesung mit Markus Kavka zu Ende geht – mit einem Lied, bei dem er eigentlich nicht mitsingen will. Neben dem sich zum Tourstandard entwickelnden „Nix mitnehma“ (Dylan/Ringsgwandl/Mayer) spiele ich hier einmalig „Strada Del Sole“ von Rainhard Fendrich, noch nicht ahnend, dass sich ab dieser Woche die „Sole“ für die nächsten fünf Monate aus Berlin verabschieden würde. Danach finde ich mich einigermaßen mit Jameson abgefüllt im Fluxbau wieder, während es draußen angefangen hat zu schneien. Jetzt beginnt die eigentliche, die Winterreise.

Zum Abschluss noch eins der Videos die ich an dem Tag zur Veranschaulichung von Black Metal gezeigt hatte.

6 comments / Add your comment below

  1. Hört sich nach Spaß an – und sieht auch nach Spaß aus. Hast du eigentlich Lampenfieber?

    Anderes Adventure, selber trauriger Anlass:
    „Wow, a whole bucket full o‘ mud. And it’s mine, ALL MINE!“
    (Guybrush Threepwood, nicht grad so philosophisch wie Manny.)

  2. Magenta: Klar hab ich Lampenfieber. Aber immer nur bis zum Anpfiff, ab dann 90min Unterhaltungsmaschine. Ja, die Schließung klingt trauriger als sie ist. Die haben in den letzten Jahren eh nur noch lizensiert und das eher schlecht als recht. Vielleicht macht ja Disney einen Guybrush-Film, wobei sie den mit Pirates Of The Caribbean ja eh irgendwie schon gemacht haben. Und die Computerspielrechte für Monkey Island liegen bei Telltale, glaube ich, die einen durchaus veritablen 5. Teil hinbekommen haben und auch die Sam & Max-Reihe ordentlich reinkarniert haben.

  3. Ok. Man könnte es an meinem Bildschirm, vermutlich treffender, auch als orange bezeichnen. Dann wäre entweder das Lampenfieber nicht ganz so groß gewesen oder mein Bildschirm falsch kalibriert. Oder ich.

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