Zur Bayernwahl und überhaupt

Warum kann ein Wendehals und Egotist wie Seehofer trotz Nepotismus, Bankenskandalen und vollkommen zerstocherter Parteipolitik solche Mehrheiten auf sich vereinen? Nicht schwer zu erklären: Unsere Gesellschaft, die deutsche meine ich im Speziellen, ist motiviert von Angst und Phlegma. Nie zuvor wurde (auch dank Internet) soviel genörgelt und konvers dazu so wenig getan. Das Kehren vor der eigenen Haustür geht halt viel besser, wenn sich der Status Quo nicht ändert und damit ist das bundesdeutsche wie das bayerische Wahlverhalten erklärt. Die Leute haben eine Heidenangst und sind obendrein faule Schweine.

In meiner Wahrnehmung hat diese groteske Lebensangst mit dem 11. September begonnen und ihre nächsten sich selbst bestätigenden Kapitel mit der Lehman-Bankensause und der Staatspleite von Griechenland erfahren. Dazu kommt das, was ich die globale Gewissheit nenne: wir saturierten Eurpäer sind nicht mehr alleine auf der Welt, und unser Artverwandter, die USA, hat seine abschirmende Hegemonialstellung verloren. In der größeren Hälfte der Welt erheben nun (und eigentlich schon immer) Krieg, Hungersnöte und Revolution ihr meist hässliches Haupt. Im Angesicht dieser Kumulation von Unwägbarkeiten hilft nur eine Bewahrungsmentalität und wie man etymologisch unschwer herleiten kann, entspricht der politische Konservatismus dieser Geisteshaltung am besten. Dazu kommt noch ein bisschen Rückzug ins Private und Materielle (ein neues Biedermeier, sprich die Eigentumswohnungsbewegung) und fertig sind die Machtverhältnisse der Achtziger Jahre. Wir erinnern uns: auch damals war die Angst groß: vor Waldsterben, Atomkrieg und den Russen.