Brennerpass Bundesliga 2014 /2015 (3)

brennerpass_logo2014

SPIELTAG 3

Leverkusen – Bremen 3:3 (1:1)
Das Marquee-Match vom Wochenende. Eine Wildwasserfahrt von einem Fußballspiel mit Conaisseur-Momenten wie dem grandiosen Çalhanoğlu-Freistoß, aber auch jeder Menge Hack’n’Slay. Luxuriös, was die Levku-Offensive derzeit darbietet. Kießling ackert wie ein Grubenpferd, Bellarabi tanzt sich durch Gegnerreihen wie ein Buttermesser (ja, ich weiß, die Semantik), Son blitzt an einem vorbei wie ein Wetterleuchten und dann pumpen sich auch die Abwehrspieler wie Jedvaj nach vorne, als wär ihnen hinten zu wenig los. Dabei ist das ja grade nicht der Fall, wie die letzten Spiele und die Gegentore beweisen. Dieser sympathische Wille zur bedingungslosen Offensive kostet Kraft und defensive Konzentration. Das System Roger Schmitt funktioniert bei Mannschaften, die man mit schnellen Toren einschüchtern kann, ganz hervorragend, nicht aber bei Bremen, die derzeit (auch dank der Fans) über eine völlig unerschütterliche geradzu biestige Moral verfügen. Schmitt hat jedenfalls nach dem Spiel behauptet, der Fußball sei nicht gerecht, aber das Gegenteil ist der Fall: er ist unbestechlich und seine Regeln geben vor, dass Pfostenschüsse nicht als Tore zählen. Endgültigste Fußballweisheit: Im Fußball gewinnt nie das bessere Team, sondern das, das die meisten Tore schießt. Klasse Match und willkommen daheim Bender-Zwilling, der nicht bei Dortmund spielt.

FC Bayern – Stuttgart 2:0 (1:0)
Worst things first. Badstuber, Holger, Profession Pechvogel, hat sich erneut verletzt und fällt für drei Monate aus. Das ist auf so vielen Ebenen eine Tragödie, dass ich gar keine Lust habe sie aufzuzählen. Wer Badstubers Krankenakte der letzten anderthalb Jahre nicht kennt, der kann sie im Lexikon unter dem Eintrag „Arschkarte“ nachschlagen. Zum Spiel: Schön war es nicht, souverän war es schon. Aber es hat etliche Fragen bei mir aufgeworfen.

1. Was ist aus Tiki Taka geworden? Ich war offensichtlich einer der wenigen Leute, die sich mit der Ankunft von Pep darauf gefreut haben und in leicht verträglichen Dosen mit Rücksicht auf die deutsche Miesepetrigkeit für alles, dessen Effizienz nicht in 90 Sekunden belegbar ist, wurde letzte Saison auch so gespielt und teils haushoch gewonnen. Doch vom Tikigetacker ist nichts mehr zu spüren. Klar, es gibt noch den Ballbesitz, aber das ist mehr der Defensivwollust der Stuttgarter geschuldet. Was will man machen, wenn keiner angreift? Statt Tikitaka reagiert kalter Reaktionsfußball.

2. Was ist aus Lewandowski geworden? Sollte der nicht irgendwann zum FC Bayern wechseln? Wannn kommta dennu? Flachs beiseite, der Kollege aus Polen hat gestern mehr Tore verhindert als initiiert. Klarer Fall von Gomez-Virus. Mandzukic, den ich keineswegs für besser halte, hat sich da weniger geziert. Aber wird schon, da mach ich mir keine Sorgen.

3. Was sollte uns die Aufstellung bzw. Taktik sagen? Wahrscheinlich nichts. Genauso wenig wie sie dem gegnerischen Trainer sagen soll. Spielen wir jetzt mit Dreierkette oder nicht? Spielt Alaba jetzt im linken Mittelfeld oder im mittleren Mittelfeld? Ist Bernat jetzt ein Abwehrspieler oder ein Angreifer? Spiel Boateng Außenstürmer? Was uns Pep vermutlich damit sagen will, ist, dass wir aufhören sollen in solch kleingeistigen Sportschau-Kriterien zu denken. Macht euch frei, sagt er, und spielt einen schlauen Fußball, egal wer wo aufläuft oder im Diagramm steht. Im Prinzip hat er seine Philosophie vom intelligenten Spiel soweit evolviert, dass wir schon wieder bei Beckenbauers „Geht’s raus uns spielt’s Fußball“ angekommen sind. Er ist seiner Zeit nicht voraus, er überrundet sie bereits, wie sich spätestens dann zeigen wird, wenn er auf Manndeckung setzt.

Die restliche Manöverkritik ist schnell erzählt: Lahm hat sich in diesem Spiel mehr Schlampereien geleistet als in den letzten drei Saisonen insgesamt. Götze hat sehr vorbildlich und beinahe als einziger den Flügel bespielt, sich dort vorne aber häufiger aufgehängt als dieses beschissene Macbook Pro auf dem ich scheibe. Ribery hat einmal mehr meine traurige These untermauert, dass der FCB immer noch am Tropf der genialen Robbery hängt und sich langsam was einfallen lassen muss, wenn er sich von diesen genialen und international oft unterbewerteten Spielern emanzipieren will. Fazit: Bis auf Ribery, Müller, Boateng und den mit einer herzerwärmenden Coolness agierenden Xabi Alonso alle noch ein bisschen auf der Suche nach der Leichtigkeit des Seins – als Auftakt zu 18 Punkten in sieben Tagen aber sehr okay. Extrapunkte an die sehr gut verteidigenden Stuttgarter, die aber unsere serviertellerartige Konteranfälligkeit nicht ausschlachten wollten. Allen voran der wilde und omniexistente Rüdiger, der scheinbar im Nachhinein seine disputierte Nominierung für die N11 rechtfertigen musste. Noch mehr bonus points: Tosse Kinhöfer. Auf so lockere und unkleinliche Weise hab ich schon lange niemanden streng pfeifen sehen.

Hannover – HSV 2:0 (2:0)
Steile These: Der HSV ruiniert Trainerkarrieren. Wer weiß, was aus Koryphäen wie Oenning geworden wäre? Aber im Ernst, es ärgert mich dieser fußballgewordenen Elbphilharmonie zuzuschauen. Man kann nicht namhafte Spieler (Müller! Holtby! Lasogga! Ostrzolek! Behrami!) einkaufen und sich darauf verlassen, dass die Namen Punkte holen. System, pures System, defensives Biedermeier angefangen vom Mittelfeld, nur das kann doch jetzt der angeschissenen Psyche Stabilität verleihen (und im angenehmen Nebeneffekt so Tore wie die ersten beiden Hannover-Treffer verhindern). Der HSV ruiniert auch Torwartkarrieren. Was wäre aus Adler geworden, hätte er sich damals nicht verletzt und wäre nicht an die Elbe ausgewandert. Der Mann war mal die berechtigte Nummer 1 der Nationalmannschaft. Klar hat der HSV noch alles und zwei Lasogga-Rempler mehr gegeben, um das Spiel zu retten, und klar hat man gegen den Tabellendritten (!) gespielt, aber Aufbäumen reicht schon lange nicht mehr. Ich habe nicht den Eindruck, als habe Slomka Spaß an seinem Job und seinen Spielern. Ich weiß nicht, wer sich als nächster da opfern soll (Tuchel ist nicht so blöd, behaupte ich), aber es muss auf jeden Fall jemand sein, der das Leben von der heiteren Seite sieht. Apropos heiter: hier ein Zitat von Leonardo Bittencourt auf das Thema Chancenauswertung angesprochen: „Dann kann man den Sack vielleicht noch etwas klarer machen.“

Gladbach – Schalke 4:1 (1:0)
Schalke hat gut angefangen, aber dann wurde schnell ein nordrhein-westfälisches Little Big Horn für General Keller draus, weil die Visionen von Chief Favre von seinen Spielern (allen voran Hahn) exakt eingehalten wurden: Einkesseln, abschlachten, heimgehen. Wundern muss es einem bei dem Personalnotstand von Schalke natürlich nicht, es kann eh nur noch eine Frage der Zeit sein, bis gegnerische Mannschaften gezwungen werden, gegen Schalke nur noch 7 gegen 7 aufs Halbfeld zu spielen.

Hertha BSC – Mainz 1:3 (0:1)
Ich weiß immer noch nicht, wie der Mainzer Trainer heißt, und er kennt wahrscheinlich auch nicht meinen Namen, aber so von Anoynam zu anonym kann ich ihn ja in der Liga willkommen heißen. Das war Tuchelfußball ohne Tuchel, was besseres kann und konnte man von Mainz eh noch nie sagen. Hertha hat soviel potenziell gute Spieler eingekauft, dass sie vergessen haben, dass nach der Transferperiode noch eine ganze Hinrunde kommt. Kalou kann man das gar nicht übel nehmen, der ist erst seit Freitag da und ist vom Flieger direkt ins Berghain, aber die Defensive tut ja angeblich schon länger Dienst.

Frankfurt – Augsburg 0:1 (0:0)
Mit der Apple Watch wär das nicht passiert. Ein Funkloch entscheidet das Spiel. Dennoch – die Schaafschen Stürmer und Dränger in allen Ehren, aber der entkernte Kader gibt momentan noch nicht mehr her als das eigentlich verdiente Unentschieden.

Hoffenheim – Wolfsburg 1:1 (0:0)
HoffOS hat ja diese Saison dieses Defensiv-Upgrade bekommen, auch wenn man beim Ausgleich seeliger gepennt hat, als ich nach der nicht enden wollenden Dorffeier bei The Magnificent Seven. Sorry, schaue grad alle wichtigen Western der letzten 100 Jahre.

Dortmund – Freiburg 3:1 (2:0)
Das war ein schönes Kagawa-Willkommen. Schön, dass Freiburg sich so bedenkenlos in die Festivitäten integrieren hat lassen.

Paderborn – Köln 0:0 (0:0)
Ui, war das fad. Aber es zeigt auch, dass beide Mannschaften aus den Fürths und Braunschweigs dieser Welt gelernt haben. Geile Sprüche und ein zwanghaft chuzpisches Spiel garantieren keinen Klassenerhalt. Nein, in der Verweigerung von Hurra-Fußball liegt die Kraft, sofern man die eine oder andere verlässliche Sturmkraft hat, was ich jetzt bei Köln noch nicht ausmachen kann.

TIPPSPIEL
Gratuliere zum Tagessieg, Kater Moss und Thomas Pfa!

1. benchman 43
2. Heisenberg 43
3. ChrisKurbjuhn 41
3. sebastian 41
5. HamleysUnited 37
5. Milan10 37
5. Sojo 37

Die Tipptabelle für den aktuellen Spieltag
Die Tipptabelle in der Gesamtübersicht

>> BRENNERPASS TIPPSPIEL 2014/2015: HIER ENTLANG!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert