Das falsche Tagebuch: Weihnachten 2014

Ich mag Weihnachten eigentlich ganz gerne, seit mein Opa tot ist und ich nicht mehr das Weihnachtsevangelium vorlesen, Stille Nacht singen oder Gitarre spielen muss wie ein dressierter Affe. Meistens geh ich ziemlich ausgebrannt in den heiligen Abend, das gehört dazu. Meistens passiert irgendwas Dämliches, meistens bin ich über meine Geschenke enttäuscht, immer fehlt irgendwas Wichtiges beim Kid, über das wir im Vorfeld angeblich gesprochen hatten.

Dieses Jahr habe ich nachts, bleischwer nach dem gloriosen Nachtisch meiner Frau (Vanille, Mascarpone, Apfelkompott), die gesamte Vorhangkonstruktion im Schlafzimmer heruntergerissen. Heute früh beim Reparaturversucht den Schraubenzieher in den Finger gespießt -> reign in blood. Die Kinder sind jetzt für immer verstört, aber dafür wurde mir Frühstück gemacht und gebracht, ohne dass ich einen Finger (sic) rühren musste. Aber keine Sorge, es ist nur Blut, hab ich zum Junior gesagt. Ich könnte das alles auch strukturierter und pointierter erzählen, aber dann wäre es eine Axel-Hacke-Kolumne.

Das Beste aus meinem Leben ist auch in diesem Jahr wieder die Tatsache gewesen, dass ich von den meisten Dingen keine Ahnung habe und nichts aber auch gar nichts darauf hindeutet, dass mir jemals langweilig werden könnte. Das Beste aus aller Welt ist, dass sie noch steht. Ist ja nicht selbstverständlich, wo doch spätestens 2014 der schwelende Trend vom „Ich hab zu allem einen Meinung, kehr aber nur vor der eigenen Haustür“ zum Mainstream avanciert ist. Apropos Mainstream: Der Reflex unserer Hauptmedien gegenüber Pegida war Spott und Pranger. Das beruhigt mich. Ich finde zwar alle Religionen stockbescheuert, aber niemals in der Weltgeschichte hat die Unterdrückung (und ich sehe auch dich an, China) von Religionen zu irgendeinem humanistisch gesehen positiven Ergebnis geführt. Man muss die Religion einfach Religion sein lassen, irgendwann erledigt sie sich von selbst. Intellektuelle Evolution. Da glaube ich fest dran.

Wir haben übrigens erstmals einen (halbwegs) großen Baum dieses Jahr, weil wir nicht in Bayern sind, wo meine Eltern sonst einen halben Wald in die Wohnung stellen. Ich hab auch das erste Mal unter den strengen Augen der Innenarchitektin den Baum geschmückt, leider aber ein bisschen zuviel in der CMYK-Palette gewildert und musste dann die blauschimmernden Kugeln wieder abnehmen. Dafür hat der Junior dann eine knallblaue drangemacht. (ätschbätsch, Innenarchitektin). Leider ist Berlin an Weihnachten nicht mehr leer, nur noch fad. Aber immerhin etwas. Jetzt gehen wir dann gleich mit der Verwandtschaft in ein Diner und machen uns eine Hamburgerwampe. Frohe Weihnachten allerseits.

3 comments / Add your comment below

  1. Hoho burnster, wenn du so ein Mißgeschick in einem Film siehst, denkst du dir „völlig überzogen, übertrieben und passiert so nie im Leben“. Und dann stehst du da und blutest möglicherweise den Teppich voll.
    Also dann arbeite mal schön an deinem „Format“ weiter und lass vielleicht das oder andere Grünzeug weg.

  2. Best Burnster, merry xxx-mess! Ich finde Weihnachten auch cool, seit ich nicht mehr Gitarre spielen muss wie ein dressierter Affe. Oder meine Mutter mich mit ihrem verstimmten Klavier und „Ihr Kinderlein kommet“ tötet. In diesem Jahr habe ich Weihnachten gemeinsam mit den Lurchis auf Komodo gefeiert. Das war sehr festlich.

  3. Sehr schön find ich den Heribertfaßbendergedächtnisnausschmeißer. Und gut, dass du die Heiligabendausbrenne erwähnt hast. Dann kommts wenigstens nicht nur mir so vor. Bevor jetzt aber die Komposita mit mir durchgehen, wünsch ich euch einen guadn Rutsch.

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