Das falsche Tagebuch: 10. April 2016

Ich habe etwas gefunden. Einen falschen Tagebucheintrag vom 23. September 2014. Er handelt von meinem Wunsch nach Bekanntheit. Damals habe ich mich vielleicht ein bisschen geschämt, ihn online zu stellen, aber jetzt wo es mit dem neuen Buch auf die Zielgerade geht, finde ich ihn irgendwie wichtiger. Jan Böhmermann hat mich drauf gebracht. Weil immer alle denken (und vielleicht auch er), seine Selbstdarstellung hätte einen gerechten Hintergrund.

Doch selbstgerecht sind alle Künstler. Unsicher und selbstgerecht. Bedingt sich irgendwie, fürchte ich. Aber das darf nicht der alleinige Antrieb sein, denn zur Exzentrik und Arschlochzentrik muss auch eine Etikette kommen. Deshalb mag ich Böhmermann nicht, er ist mir zu unhöflich, zu gehässig, zu wenig altruistisch. Er hat keine Etikette. Er hat nur sich. Geht über Leichen für einen guten Witz.

Vor ein paar Tagen habe ich erstmals das Cover für mein im Oktober erscheinendes Buch gesehen. Und erstmals einen Vorschautext von meinem Verlag gelesen. Das hat mich alles sehr zuversichtlich gestimmt. Es hat aber natürlich auch wieder ausgelöst, dass ich über Geld, Erfolg und Bekanntsein nachdenke. Das ist kein schönes Thema, damit geht man nicht hausieren, aber es muss zumindest indirekt drüber geredet werden, deshalb hier der Eintrag vom September 2014.

Das falsche Tagebuch: 23. September 2014

Und doch tagträume ich beinahe täglich vom Bekanntsein, weil ich Geld verdienen will. Nicht viel, aber gerne Etliches. Klingt hässlich, weil es sich im Mutterland der hydraulischen Superopportunisten nicht schickt, als Künstler zu sagen, dass man aufs Geld scharf ist, aber hear me out, falsches Tagebuch: Ich bin in der dankbaren Meta-Situation, Sachen per Wort erfinden zu können und dafür (gelegentlich) bezahlt zu werden. Ich hatte schon als Kind keine konkrete Vorstellung, was ich mal werden soll (außer ein Gitarrenheld), aber das Schreiben kommt ihr am nächsten. Ich bin im Leben schon so oft gebauchpinselt und wieder vernichtend eingedampft worden, dass ich mir vage vorstellen kann, was es hieße, ständig beurteilt zu werden, und das ist ja genau die Bekanntheit. Damit könnte ich leben, weil ich es eh nie allen rechtmachen kann, was an meiner komischen Visage liegt, die schon meinen ersten Deutschlehrer so provoziert hat, dass er genau das meinen Eltern erzählt hat. Das Nonplusultra erscheint mir die Möglichkeit, mich hier hinter meinem Schreibtisch zu verschanzen, meine Freunde und Familie immer in greifbarer Nähe, und genug Geld zu verdienen, um nicht nachts mit kalten Waden vor lauter Existenzangst aufwachen zu müssen. Dafür nehme ich auch einen gewissen Bekanntheitsgrad in Kauf.

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