Das falsche Tagebuch: 20. April 2016

(Ein Frühlingsgedicht)

Der Frühling steigt mir zu Kopf. Macht sich breit wie ein Tumor. Die Hand zittert schon gelegentlich. Ich verstecke sie in der Hosentasche. Was könnte ich alles sein. Was könnte ich alles machen. Aber ich kann nicht. Und ich will nicht. Und doch: das Wetter programmiert mich um. Das Wetter sagt: renn und ich: okay, aber wohin? Das Wetter: wurst.

Und so reiß ich an mir herum, in die eine Richtung, in die andere und da wundere ich mich, wenn ich mich zerrissen fühle. Im ersten Reflex schäme ich mich für die Emotionen, weil Emotionen sind so 2005. Emotionen sind ein Leben vor dem Leben als Eltern.

Fukk it, let’s bleed. Wunden heilen auch offen, Tage und Nächte bluten ineinander, man muss nicht immer vor Mitternacht ins Bett gehen und mit dem Wecker am nächsten Morgen aufwachen. Und ich entschuldige mich jetzt schon mal für mein irrationales Benehmen demnächst. Aber ich bin Künstler, ich tue ja niemanden absichtlich weh, ich kann ja immer sagen, ich bin halt so und wäre ich nicht so, wäre ich nicht der, der ich bin.

Jacken weg, Messer raus, Türen auf.

6 comments / Add your comment below

  1. krchkrchkrch, das ist die einzige Form von Rebellion, die noch in mir ist: In der Arbeitswoche nachts um halb drei ins Bett gehen. WEIL ICH ES KANN.

  2. Der Frühling als Tumor, entzückend. Einstweilen halte ich mich an die Anweisung eines alten Trainers: „Strategie? Reingehn, umhaun, rausgehn, Junge.“

  3. Magenta: Das erfüllt mich auch oft mit diebischer Freude….bis um halb 7 das Baby schreit.

    MQ: Dein alter Trainer hätte mal die Eintracht diese Saison trainieren sollen. Zambrano hätt‘ sich wohl gefühlt. Und zum Frühling: irgendwie muss ich meine Begeisterung für die Wärme ja ins Sinistre ziehen, das bin ich meinem Ruf schuldig.

  4. Wenn nur nicht diese Dreckspollen wären! Und irgendwie werden die jedes Jahr schlimmer. Da freut man sich sogar, wenn der Frühling nochmals die eiskalte Hand des Winters spürt und die Pollenaktivität einfriert.

  5. stt: Aber so ist das Leben. Jede Veränderung hat ihre Tücken. Rückwärtsgewandt kommt man schwer voran, das wird auch der Homo Austriensis bald merken. Hoff ich.

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