Die 25 besten klassischen Western

5. High Plains Drifter
(1973, R: Clint Eastwood, mit Clint Eastwood)

Handlung:
Namenloser Revolverschwinger reitet ein, soll Dorfbewohner vor Banditen beschützen. Dorfbewohner haben aber Dreck am Stecken. Revolverschwinger ist außerordentlich grimmig und wortkarg.

Kurzkritik:
Also wenn schon biblisch, dann so bitte. Eigentlich könnte man sagen, Clint Eastwood übertreibt es hier geradezu parodistisch mit seinem Automatismus als Lone Gunman (muss er eigentlich auch, es ist schon 1973), aber seine Übertreibung ist so gnadenlos, rachsüchtig und reaktionär, dass man es mit der Angst zu tun bekommt. Die Genre-Spielregeln werden grad noch so eingehalten, aber eigentlich übernimmt die Bildsprache schon beim ersten Einreiten des Protagonisten ins Höllenkaff Lago die Regie. Was den Western auch noch ganz besonders macht: Das extra für den Film gebaute Dorf liegt nicht in der Wüste oder der Prairie, sondern an einem riesigen Salzsee (in Echt: Monolake in Kalifornien).

Zitat:
Mordecai: What did you say your name was again?
The Stranger: I didn’t.

4. The Professionals
(1966, R: Richard Brooks, mit Lee Marvin, Burt Lancaster)

Handlung:
Die Söldner und Glücksritter Lee Marvin und Burt Lancaster haben im mexikanischen Bürgerkrieg für Pancho Villa gekämpft. Jetzt suchen sie mit zwei anderen „Experten“ für Penunzen nach der von mexikanischen Rebellen entführten Frau eines Großgrundbesitzers. Das wirft sie zurück in die Bürgerkriegswirren und in einen gravierenden (!) moralischen Zwiespalt.

Kurzkritik:
Nicht so penetrant ensemblig wie Magnificent Seven und in seinen menschlichen Verbindungen auch glaubwürdiger. Magnificent Four quasi. Lee Marvin (aka Rico) als prinzipienreitender Anführer einer Söldnertruppe, die sich im moralischen Dickicht des vom Bürgerkrieg zerfetzen Mexikos verirrt, ist in seiner nervösen Ruhe der Inbegriff des plausibel heruntergekommenen Gunslingers. Burt Lancaster als Fett-ansetzender Springinsfeld mit Hummeln und Kugeln im Arsch ist buchstäblich das Gegengewicht dazu, aber letztlich dann doch aus dem selben Ehrenholz geschnitzt. Trotz aller umsichtiger Charaktermomente eher ein fetziger Western mit einer Menge Pyro.

Zitat:
Maybe there’s only one revolution, since the beginning, the good guys against the bad guys. Question is, who are the good guys?

3. The Searchers
(1956, R: John Ford, mit John Wayne)

Handlung:
John Wayne aka Ethan Edwards ist ein verhärmter und desillusionierter Bürgerkriegsveteran, dessen letzte Verwandtschaft von Indianern weggemetzgert wird. Zusammen mit einem zu einem Achtel indianischem Cowboy-Jungspund sucht er über Jahre hinweg nach seiner mutmaßlich überlebenden Nichte.

Kurzkritik:
Der späte John Wayne als der späte John Wayne, möchte man mutmaßen. Mürrisch, ausgebrannt, rassistisch, revanchistisch. Der Film ist in seiner Verweigerung, die permanent anwesende intrinsische und tatsächliche Gewalt nicht zu zeigen exzessiv. Es wird nicht gezeigt wie Kinder umgebracht, Frauen vergewaltigt und ganze Stämme ausgerottet werden, aber es passiert am laufenden Band. Die filmische Verdrängung ist die größte Brutalität, man ist seinen eigenen Kopfbildern dazu völlig ausgeliefert. Dabei ziehen die Jahreszeiten ins Land wie leidlich interessierte Zuschauer. Mir ging der Film auf jeden Fall ziemlich unter die Haut, und das nicht wegen der schönsten Darstellung von Monument Valley, die ich je in einem Film gesehen habe. Fords bester Farbfilm.

Zitat:
We’ll find ‚em. Just as sure as the turnin‘ of the earth.

2. Pat Garrett and Billy The Kid
(1973, R: Sam Peckinpah, mit Kris Kristofferson, James Coburn)

Handlung:
Pat Garrett jagt Billy The Kid, wie es schon der deutsche Titel andeutet. Die beiden waren mal beste Spezl, jetzt ist der eine Freelancer und der andere Beamter. Der mit dem festen Gehalt am Monatsende neidet dem anderen aber irgendwie dann doch seine Freiheit, oder denken das nur wir Freiberufler?

Kurzkritik:
Das ist der melancholischste unter der vorliegenden Filmen, was auch an Dylans aggressiv wehklagendem Wüstenfolk liegt, bei dem auch Byrd-Man Roger McGuinn mitzupfen darf. Kris Kristofferson aka BTK ist ein junger Ikarus ohne Regeln, aber ein Daedalus macht sich schon zum Abschuss bereit – in Form seines ehemals besten Freundes Pat Garrett, der sich zum Zeichen, dass er jetzt zum Establishment gehört, einen Schnauzer stehen lässt, bevor er seine alten Freunde reihenweise hinrichtet und das scheinbar ohne schlechtes Gewissen. Wie schon in „Wild Bunch2 und „Ride The High Country“ hat Peckinpah eine Metapher aufs Älterwerden unter Freunden gedreht, aber auch über den Allesfresser namens Opportunismus. Als Garrett (und das ist kein Spoiler) gleich am Anfang des Films abtritt, ist er bereits ein idiosynkratischer alter Grantler, der mit Wohlstand und Waffenruhe nichts anzufangen weiß. Er ist praktisch völlig umsonst erwachsen geworden und hat dafür alles geopfert.

Zitat:
Comes an age in a man’s life when he don’t wanna spend time figuring what comes next.

1. The Wild Bunch
(1969, R: Sam Peckinpah, mit William Holden)

Handlung:
Pike Bishop und seine Männer sind steinkalte Banditen und flüchten nach einem missglückten Coup nach Mexiko, wo sie gleichzeitig einem örtlichen Usurpator und einem unterdrückten Dorf helfen wollen. Ein zu großer Spagat, möchte man annehmen.

Kurzkritik:
Blutig, brutal ehrlich, fatalistisch, aber mit einer Menge Soul – mein Lieblingswestern. Pike Bishop ist einer er ersten besten Antihelden im Western der Vietnamkrieg-Ära. Seine Unbestechlichkeit erhebt ihn über Kategorien wie Schurke oder Held, aber seine zunehmende Zerbrechlichkeit wird zum Symbol macht ihn menschlicher als jeden anderen 6-Schuss-Artisten.
Der Film eröffnet mit der härtesten Schießereien, die man bis dahin in einem Western gesehen hat. Massig unschuldige Zivilisten und Sonntagskirchgänger gehen drauf, die Scharmützel zwischen Cops und Robbers sind beinahe ein terroristischer Akt. Aber wer ist schon unschuldig, fragt dich Peckinpah den ganzen Film über und rechtfertigt damit auch sein Parteiergreifen für Pikes Gang. Über Pike Bishop hab ich mal ein Lied geschrieben, eine Zeile geht so: „Pike Bishop ist ein harter Hund, Pardon ist ihm ein Fremdwort. Er hat’s nicht auf dich abgesehen, ist kein Bandit aus Häme, doch da wo gehobelt wird, da fallen nun mal Späne.“ Ach was, ich lad’s einfach schnell hoch.

Zitat:
If they move, kill ‚em! (Pike Bishop)

7 comments / Add your comment below

  1. Gute Idee !

    Sehr traditionelle Liste und etwas zu John Wayne-lastig. Klar, das passen Avantgarde- und Neo-Western wie „Deadlock“ von R. Klick und „El Topo“ von Jodorowsy nicht so richtig rein. Aber „The Great Silence“ (1968) mit Kinski möchte ich trotzdem noch in den Raum werfen als Tipp!

  2. Die Avantgarde und die nicht-US-Western (Leone ausgenommen) hab ich weggelassen, weil es mir zu umfangreich geworden wäre. Das wird eine Liste für die Zukunft. „The Great Silence“ hab ich nicht gesehen, aber ich nehm natürlich jeden Tipp gerne an. Danke!

  3. Das war ja mal ’ne interessante Samstagsmorgensfrühstückslektüre, merci! Und zwei Lieblinge in den Top Ten, sehr schön.

  4. Western ist ein Genre von dem ich wirklich gar nichts verstehe. Vielleicht werde ich das jetzt ändern.

    Gleichzeitiges Hören der Geisterstadt-EP sollte übrigens verbindliche Voraussetzung für das Lesen des Textes sein.

  5. Was ich noch kommentieren wollte, was mir aber zunächst angesichts dieses hervorragenden Beitrags unangemessen erschien, und was nun, nach der Lektüre des Falschen Tagebuchs vom 24 April 2017 doch irgendwie passt: Eine an MS erkrankte Bekannte hatte sich den Traum einer USA-Reise erfüllt und mir ein Foto von sich auf dem selben Felsvorsprung gesendet, wo die beiden Reiter in klassischer Westernmanier auf ihren Pferden sitzen und in die Ferne blicken. Sie saß dort einsam in ihrem Rollstuhl.

    Das hat mich tief berührt, Helden gibt es in vielerlei Gestalt.

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