Brenners Bundesliga 2010/2011 (2)

Spieltag 2: Herr, wirf Heimsiege vom Himmel

Der Himmel funkt wieder. Dank der richtigen Smart Card im dritten Anlauf und keine Sekunde zu früh schaltete sich der Receiver am Freitag ein, um einen furiosen zweiten Spieltag ins Brennersche Wohnzimmer zu senden. Und gut, dass ich mich von dem Bayernspiel nicht entmutigen lassen habe, den Samstag und den Sonntag mitzunehmen, es wäre ein Versäumnis höchst sträflicher Natur gewesen.

Aber von vorne: Bayern auf dem Betzenberg, wo man früher die Punkte am liebsten mit der Post hingeschickt hätte – man kann Paul Breitner nicht oft genug zitieren, nach diesem Freitag. Denn die roten Teufel hatten für die Bayern ein wahrhaft diabolisches Süppchen gekocht und in einem wahren Hexenkessel serviert. So, und nach der Fabulierkunst will ich einen Reportervertrag bei Sat 1 haben. Aber Höllenmetapher bei Seite: die Lauterer konnten irgendwann Mitte der zweiten Halbzeit 2 Torschüsse verbuchen, die Bayern dagegen 18. Jetzt muss man aber dazu sagen, dass es zu diesem Zeitpunkt schon 2:0 für den FCK stand. Mehr Leidenschaft und Zielstrebigkeit im Abschluss haben in diesem Fall gereicht um eine an sich haushoch überlegene Bayernelf auszustechen. Das wird nicht immer funktionieren in dieser Saison, aber war nicht unverdient. Man merkt, dass die VG-Fußballer (nicht Verwertungsgesellschafft, sondern Van Gaal) zwar immer noch das Spielsystem verinnerlicht haben, aber sich nicht mehr erinnern konnten wozu es gut war. Kleiner Tipp: Spiele gewinnen.

Das große Spaßspiel am Samstag war natürlich Wolfsburg gegen Mainz. Diego (der X-Stecher von X-Factor-Transe Sarah Connor) ist zurück in Deutschland, aber nicht in Bremen, sondern bei den Wölfen. Grünes Trikot, langweilige Stadt, da kann man sich schon mal vertun. Der Pubprolo McClaren und sein dauerverängstigt dreinsehender Adlatuts Litti hatten die ihren auf Angriffsfußball für die Galerie eingestellt und das machte sich zunächst dank Dzeko und Diego so dermaßen bezahlt, dass eine Drei zu Null-Führung dabei herausdrückte. Puh, das waren einen Haufen „D“s. D(!)ummerweise hatten die meisten Wolfsburger verdrängt, dass Mainz so ziemlich die unbeugsamste Truppe unter den Oberliga-Underdogs ist und sich ganz und gar nicht von dem geifernden Wolfsrudel beeindrucken ließ. So drehte die Tuchel-Truppe kurzerhand den Rückstand in einen 4:3-Sieg und trotz einer guten Leistung der Wolfsburger, tut es jetzt sicher weh, dass Friedrich noch ein paar Wochen länger ausfällt und man Misimovic zu Galatasaray gehen lässt. Noch weher hat mir allerdings folgende Bemerkung auf Spiegel Online getan: „Tuchel sieht mit seinem strengen Seitenscheitel und dem Bartflaum zwar immer so aus wie einer aus dem Bohemien-Milieu in Berlin-Prenzlauer Berg, aber er fühlt sich wohl in der Rolle des Unterschätzten.“

Der größte Trost für die Bayernniederlage kam mal wieder aus Gelsenkirchen. Ausgerechnet gegen die Wurschtltruppe von Slomka (=Hannover) musste sich die Schalker Abwehr ergeben und das sogar noch vollkommen verdient. Jetzt rächen sich die erneut radikalen Umbaumaßnahmen Magaths und der Verkauf der gesamten Erfolgsabwehr der vergangenen Saison.

Die Hamburger bastelten anfangs ein bisschen herum an ihrem Spiel, aber die zweite Hälfte brachte die Wendung gegen solide spielende Frankfurter und zeigte ausgelassenen Fußball, der in der Theorie am Ende der Saison zu einem Titel führen könnte. Genauso war das leider auch letztes Jahr und etliche andere Jahre, in denen man beschloss, nach dem ersten Saisondrittel einfach nicht mehr so gut zu spielen, sonst hätte man ja am Ende auch nicht den Trainer feuern können und die bundesligainterne Rangliste an konstantestem Trainerverschleiß der letzten 7 Jahre anführen.

Die anderen Hamburger zeigten sich von ihrer besten Seite (wenn man von den Trikots mal absieht, ich muss es einfach nochmal sagen), aber Hoffenheim scheint seine Abgebrühtheit wiederzufinden, die ihnen die Bayern im Winter nach dem Aufstieg im letzten Spiel der Hinrunde mit Hilfe eines ihrer berühmten Last-Minute-Siege aus den Knochen geschossen hatten. Ende 2008. Ich erinnere mich noch an ein verbissenes Duell, nach dem die Hoffenheimer nie mehr sie selbst waren.

Am Sonntag dann noch ein Reisser von der Coleur Wolfsburg/Mainz und wieder eine spektakuläre und völlig unerwartete Heimniederlage für einen Spitzenverein. In Gladbach hatte wohl jemand unter der Woche ein Supersoldier-Serum erfunden und den Spielern dort verabreicht, allen voran Idrissou und Marco Reus. Wie die stellenweise das Star-Ensemble aus Leverkusen enthaupteten, war Comicbuch-reif. Leverkusen gab sich nicht auf, das musste man ihnen lassen und die Desorganisation war auch bei aller Liebe zur Häme nicht an Ballack festzumachen, aber der Gegner war an jenem Sonntag nicht nur Gladbach, sondern einfach übermächtig.

Auch Stuttgart 21 (wie der Verein sich jetzt nennt, um das Image des Tiefbahnhofs aufzupolieren) geriet am Sonntag unter die Abrissbirne des BVB und gehört mit Schalke jetzt zu den drei Vereinen, bei denen ich am dringensten noch Handlunsgbedarf auf dem Transfermarkt sehe. Da fehlt noch ein dritter Verein, ich weiß. Und zwar … (Spannungswirbel) ….der FC Bayern. Robben fällt die ganze Hinrunde aus, heisst es. Schlägt man jetzt mal nach, wie und ab wann in der letzten Saison am meisten Bewegung in das Offensivspiel der Bayern gekommen ist, war es nicht der Abgang von Luca Toni, sondern die stabilisierte Gesundheit von Robben nach der Hinrunde. Bayern braucht neben einem Demichelis-Ersatz auch noch einen offensiven Mittelfeldspieler, sag ich. Dafür kann dann auch Gomez gehen, dessen langes Elend ich bei aller grundsätzlichen Sympathie nicht mehr sehen kann.

Und ich kann viel sehen. Jetzt, wo ich das Bundesligapaket von Sky habe.

Brenners Bundesliga 2010/2011 (1)

Spieltag 1: HD = Hässliche Details

Angefangen hat am Freitag alles mit einer herben Enttäuschung. Ehrlich, ich war so enttäuscht, ich hätte mir beinahe das Bayern-Spiel nicht angeschaut und ich glaube, was Martin Demichelis am Freitag gefühlt hat, ist ein Scheissdreck gegen meine Enttäuschung. Ich habe mir nämlich ein Sky-Bundesliga-Abonnement eingehandelt und genau so getimet, dass ich zum Bundesligastart den Decoder erhalte. Mit großer Begeisterung habe ich am Freitag dann auch die Post entgegen und alles in Betrieb genommen, nur hat sich herausgestellt, dass man mir die falsche Smartcard geschickt hat und deshalb Pustekuchen mit Spieltag 1 live im Fernsehen.

Immerhin übertrug die ARD ja das Bayernspiel und ein Beckmann ständig übers Maul fahrender Mehmet Scholl tröstete mich ein wenig. Das Spiel eigentlich auch, selbst wenn man anfangs der zweiten Hälfte nicht genau wusste, ob die Van-Gaal-Boys das mit heiler Haut überstehen würden. Der Stellungsfehler an sich, eine ganz besonders ausgiebig eingeübte Situation in der Bayern-Abwehr, funktionierte auch ohne gegnerischen Stürmers bestem Freund Demichelis. Oder wie Marcel Reif sagen würde: DemiTSCHelis. Dass am Ende wieder der Bayern-Dusel herbeizitiert wurde, lag einfach nur an der späten Uhrzeit des Tores, denn verdient war der Sieg trorz aller Unebenheiten dennoch. Sebastian Schweinsteiger bemerkte in einem Interview nach dem Spiel, dass er bei einer ähnlichen Situation vorher nicht „ganz durchgelaufen“ sei, aber dann bei dem Tor eben schon, was Mehmet Scholl zu tiefer Ehrfurcht hinriss: „Ein Spieler, der während eines Spiels dazulernt.“ Und was die Causa DeMitschelis angeht: lasst den Verblendeten gehen und woanders denken, er bereichere eine Viererkette mit seiner bloßen Anwesenheit.

Am Samstag aufgrund der Skydepression dann nur Sportschau, aber immerhin in HD, weil ja der Decoder sich das digitale Signal von ARD HD holen kann. Und dank HD endlich mal einen näheren Blick auf die weit verbreitete Fußballer-Akne genommen. Kann gut sein, dass ich bei zukünftigen Spieltagen vom Balkon aus fernsehschaue, um nicht diesem Detailterror ausgesetzt zu sein. Die roten Flecken auf den Trainergesichtern (allen voran der Riesenfleck, der Ralf Rangnicks Gesicht war) sehen ja aus wie Lebensmittelvergiftungen.

Apropos Ralf Rangnick. Ich sage: das war ein Ausrutscher von Hoffenheim und passiert so schnell nicht wieder. Aber das ist halt Fußball, da kannst du noch so mit Tabellenmittelfeld planen und dann hast du einmal einen schlechten Tag und spielst Bremen an die Wand. Thomas Schaaf hat müde gewirkt, aber verzeihend. Ich glaube, er sieht ein, dass die Hoffenheimer das nicht so gemeint haben. Schließlich haben sie ja eigentlich – besonders nach Eduardos Abgang – auch nicht die Mannschaft dafür.

St. Paulis Ersatztorwart Pliquett wird sich auch gefragt haben, was jetzt los ist. Schließlich ist der Underdog St. Pauli und wenn hier jemand verprügelt wird, dann doch bitte ein paar dieser aufgeblasenen HSV-Fans. Aber da hat er die Rechnung ohne den vermummten Hooligan gemacht, der ihn auf dem Hamburger Hauptbahnhof aus der Saison stiefeln wollte, obwohl er doch nicht mal gespielt hatte. Dabei gibt es keinen Grund zum Frust für Hamburg-Fans nach dem hervorragenden Sieg gegen Schalke. Und der einzige Grund, jemand bei St. Pauli zu verprügeln, wäre wenn man den Designer der golden-braunen Trikots ausfindig machen würde. Und den müsste man dann auch besser erwürgen. Versteht ihr den Witz? Ich gebe einen Tipp: großer Hit von den Stranglers. Na?

Das Problem mit diesen ersten Spieltagen ist ja immer, dass sie soviel über die Saison vorhersagen wie der Wahrsager morgens auf dem Vierten. Ausser ein paar lieblosen Prognosen geht da nichts, man kennt ja die Zukunft nicht. Klar haben sich Leverkusen und Hamburg durchaus konkurrenzfähig zum FC Bayern erwiesen und Bremen und Stuttgart den Auftakt verschlafen und klar präsentierten sich die Aufsteiger in einer Form, in der man sich den Klassenerhalt locker erspielen kann, aber wenn man sich mal die letzte Saison anschaut, sieht man, dass die Eulen nicht das sind, was sie zu sein scheinen, um es mal mit Twin Peaks zu sagen. Ein paar Mal gab es da allzu dominerende Mannschaften: Am Anfang war es der HSV, dann schien Leverkusen nicht mehr von Platz 1 weichen zu wollen. Dann hörte Schalke nicht mehr auf zu gewinnen und plötzlich holten Bremen und Stuttgart jedes Spiel, Leverkusen ging die Luft aus und Bayern wurde Meister. Und wie auch die Sache mit meinem Sky-Decoder zeigt: Der Fußball lässt sich nicht planen, ausser du bestichst den Schiedsrichter.

Burnsters EM-Studio (Finale)

Auftritt: die Schönredner. Da ist von Kampf und tapferen Deutschen die Rede. Von einem Entgegenstemmen. Ich habe da ein anderes Spiel gesehen. Ich habe gesehen, wie eine scheinbar nicht ausreichend motivierte Finalmannschaft dem Ball hinterlief und sich selbst leid tat. Europameister in grausigen Eckstößen, unnötigen Ballverlusten und verlorenen Zweikämpfen im Mittelfeld sind wir geworden. Keine Ahnung wer die Typen waren, die gegen Portugal gewonnen haben.

Rumpelfußball’s coming home.

Verfolgungswahn

Wir suchen niemals die Dinge, sondern das Suchen nach ihnen.
Blaise Pascal

Wir verfolgen das Endspiel. Danach verfolge ich den Plan, in ein Leben nach der WM einzudringen. Ein paar Drinks mehr und wir verfolgen Mädchen, die uns mit Hilfe der Polizei abhängen und uns unabsichtlich in eine Feier locken, aus der heraus ich eine Halbgöttin in Weiß verfolge und sie zurück bringe. Ein alter Song von Mary J. Blige folgt uns nach Hause und Dr. D. tanzt, wie wir es nicht für möglich gehalten haben. Erinnerungen aus dem hohen Norden und dem tiefen Süden folgen uns in den wüsten Osten und am Ende verfolgen wir dieselben Ideale wie gestern, aber dazwischen erfolgt jede Menge Spaß. Ciao, WM-Zeit, du wirst uns noch lange in unseren Erinnerungen an dieses Jahr verfolgen.

nb_damm.jpg

Neunzehn

Ich wär gerne im Seehaus gewesen, hätte am Fuß der Statue mit einer Maß Bier gesessen, die Bayern Spieler eintrudeln sehen, sie die Meisterschaft feiern hören und dann das Münchner Mädchen geküsst, das ich dabei gehabt hätte. Das wäre meine Meisterfeier gewesen, wohnte ich noch in München.

Da ich seit längerem in Berlin wohne und damit auch mehr als im Einklang bin, sah meine Meisterschaftsfeier so aus: in der Fußballkneipe Staunen, dass keine Buhrufe zum FCB-Sieg kamen, dafür aber reichlich und im Akkord für Schalke. Meinen Pa angerufen, der sagte: „Erst sind wir Papst geworden, jetzt auch noch Meister.“ Danach ein klassisches Allnighter Vier-Bezirke-Saufen und am Ende eine rotz- und ich sage nochmal ROTZbesoffene Neofolkore Band irgendwo am Rosenthaler Platz. Zufällig versteht sich. Sonnenaufgang im Bergstüberl. Anything can happen anytime. Als 19facher Meister weiß ich das.

Und jährlich grüßt das Murmeltier

Jetzt müssen wir (der FCB) also wieder Meister werden. Nahezu jedes Jahr die selbe Bürde. Und immer aus den gleichen Gründen. Wir verpennen die Championsleague, die Anderen verpennen die Deutsche Meisterschaft und ich verpenne es, mit meinem Ex-Mitbewohner auf die Meisterschaft zu wetten. Denn dann würden wir sie nicht gewinnen. Ganz sicher nicht. Was gibt es sonst Altbekanntes? Gladbach feuert einen Trainer, nämlich Dick Advocaat, und der wird sich bedanken: erst der Prestigeabfall vom Bondscoach zum Schmonzcoach, dann auch noch von den Krauts auf die Straße gesetzt werden. Na ja, selbst schuld wenn man als Holländer in Deutschland arbeitet. Da darf man nicht mit Almosen rechnen. Apropos Almosen, nicht genug, dass man Dortmund seit geraumer Zeit Geld in den unergründbaren, alles verschlingenden Schlund wirft, auch noch Punkte tragen die neuerdings davon. Man möchte fast glauben, der Hoyzer pfeift wieder. Und einer noch für Rudi Assauer: wer in der eigenen Veltins Arena absäuft, darf am Saisonende leider nicht zu tief ins Glas schauen.

Seelsorge

Lag um ein paar Sekunden daneben mit meinem 2:2 Tipp für das Bayern-Chelsea Spiel. Möchte nur folgendes anmerken: Chelsea hat aus einer Chance zwei Tore gemacht, Bayern aus fünfzehn auch zwei. Gezaubert haben weder Siegfrid noch Roy Makaay. Und hat Felix Magath denn nun wirklich seine Seele verkauft, oder warum sitzt er so seelenentleert in seinem Trainerhäuschen? Und wenn ja, an wen? An den ausgebrannten Ottmar Hitzfeld, der aus dem Off wahrscheinlich immer noch das Doppelte von Magath verdient und vor lauter Langweile gegen José Mourinho wettert? Für die Meisterschaft? Die gibt’s doch eh von Schalke als Trost für’s Ausscheiden aus der Championsleague geschenkt. Und wie soll der Magath jetzt ohne Seele überhaupt irgendwas gewinnen? Ich weiss keinen Rat , aber klar, der Kaiser hat einen:

Erfolg ist ein scheues Reh. Der Wind muss stimmen, die Witterung, die Sterne und der Mond.

Fortune für Felix & Friends

Gleich zu Anfang meiner Bloggerexistenz begeb ich mich in Antipathiegefahr und sage mit Stolz: Ich bin ein ausgemachter Fan des FC Bayern München. Allerdings mach ich mir nicht viel daraus, mit den Emotionen von Fans anderer deutscher Vereine zu zündeln (ausser ich zähle sie zu meinem engeren Freundeskreis) und somit will ich lediglich eine Prognose für das Championsleague Rückspiel heute abend gegen Chelsea abgeben.

Das wird nichts, Herrschaften, weil sich vermutlich Herr Ze Roberto wieder selbst ausspielt, Herr Scholl sich verletzt, Herr Deisler traurig ist, Herr Magath neuerdings valiumartig am Seitenaus dämmert, die Herren Lampard und Drogba Spass am Fussball haben und die Allianzarena noch nicht geöffnet hat. Ich wünsch es den Jungs ja wirklich, aber wenn der Rheuma Kai nicht in Topscore Form ist, wer soll den Zweitorevorsprung dann einrichten? Oder wie der Herr Kaiser sagt: „Es gibt nur eine Möglichkeit: Sieg, Unentschieden oder Niederlage!“

Nachtrag: Mein Tipp lautet 2:2