Kurzkritik zu Wächter der Nacht

And now it’s time for a breakdown. So sehr ich die Meinung der geschätzten Modeste für bare Münze nehme und so sehr ich ihr Geschmack in Sachen Blut und Sinsistres bescheinige, bei ihrer „Wächter der Nacht“ Rezension kommen wir nicht zusammen. Ich war gestern im Kino und ich war sehr wohl rezeptionsfreudig. Schließlich kam ich gerade aus der Zahnklinik und so sollte der Tag nicht enden.

Auch mit viel Blut drin, kann ein Film blutleer sein und auch mit vielen Vampiren bleibt er einem von der Halsschlagader. Die Handlung um den Kampf zwischen But und Göse hat nicht nur einen Bart, so lang wie der Landeanflug des im Film fast abstürzenden Flugzeugs, ihr fehlt eine logische Linie , so wie den Hauptdarstellern jeder Funke von Ansehnlichkeit. Und Entschuldigung, wenn ich verschlissene Menschen sehen will, dann hab ich in Berlin ungefähr 34 Stadtviertel zur Auswahl, da muss ich nicht ins Kino.

Über schlechte Special FX kann man mit schnellen Schnitten ein Leichentuch legen, soviel habe ich begriffen. Aber nur weil’s die ganze Zeit dunkel ist, entsteht kein düsterer Film und nur weil am Ende ausnahmsweise das Böse das Gute einsackt, will ich noch lange keine Fortsetzung sehen. Das Burns Imperium schlägt nämlich sonst gleich mit dem nächsten Verriss zurück.

Vom Suchen und Finden der Langeweile

Als alter Dietl Fan musste ich mir „Vom Suchen und Finden der Liebe“ dann doch irgendwann zu Gemüte geführen. Sicherheitshalber habe ich auf den DVD Release gewartet, da kann man zur Not bei den ausartenden, süskindschen Nuscheleien vor- und bei Prominacktaufnahmen zurückspulen.

Tatsächlich ist mir der Herr Dietl seit „Late Night“ etwas zu affektiert und gesamtkunstwerkverliebt. Das tragikomische aus-dem-Leben-greifen, das er mit „Monaco Franze“, „Kir Royal“ oder dem Golden Oldie „Münchner Geschichten“ so vortrefflich vorexzerzierte, ist einer allegorischen Verliebtheit in das eigene Schaffen und – noch schlimmer – in die eigene Biografie gewichen.

Dietls Anspielungen auf seine Vroni-Ferres-Obsession sind prädominant in dem Film, was verzeihbar wäre, leider sind sie zudem auch grätenlangweilig. Sich das antike Drama (Orpheus und Eurydike) inkl. hellenistisch mythischem Flair an Bord zu holen und eine Art stakkatoverregnetes Antikberlin zu erschaffen, das scheinbar nur aus Museumsinsel und Borchard zu bestehen scheint, ist nicht mehr nur als Stilmittel abzutun, sondern artet in eine wahre Materialschlacht aus. Dieser Schulterschluss gelingt Woody Allen in „Mighty Aphrodite“ deutlich besser. Und überhaupt: sprechende Namen gehören verboten.

Charakterliche Tiefe entsteht übrigens weder bei der dauernölenden und neuerdings chronisch überbewerteten Alexandra Maria Lara, noch beim dietlesk maskierten Moritz Bleibtreu. Geradezu widerlich tuntet Heino Ferch als Hermaphrodit durch die Unterwelt, Uwe Ochsenknecht nervt mit seiner Evergreen-Mimik vom tattrig Virilen und von Anke Engelke sieht man wenigstens Arsch und Titten (die Damen mögen mir die Drastik verzeihen, ich hab den Film nicht gedreht).

So sehr ich den alten Dietl verehre – ihm aber jede Weiterentwicklung zubillige – und so sehr ich das geradezu viktorianisch manierliche Dialogpingpong von Dietl und Süskind schätze: dieser Film jubelt einem Dietls beginnende ästhetische Demenz in einer monströsen, lamentistisch kitschigen Überdosis unter. Da muss man sich wundern, wie er (der Dietl) da noch so viel Leerlauf unterbringen konnte.

MC Winke Winke und seine Alte

The Office

Beim Anschauen des großartigen The Office folgende Beobachtung gemacht: Widerliche Arbeitskollegen erscheinen im Licht der Gewohnheit nicht mehr so abstoßend und mutieren in manchem Fall noch zu einer perversen Art von Sympathiewesen.

Auch in anderen Belangen ist The Office furchteinflößend. Die in tödlicher Unsicherheit getaufte Selbstgefälligkeit von Chef David Brent (unbe-fucking-lievable: Ricky Gervais) , die blockwartige Pomadität von Gareth (Mackenzie Crook) und der Isolationszynismus von Tim (Martin Freeman), der in die opportunistisch verlobte aber prekariatsmelancholische Dawn (Lucy Davis) verknallt ist.

Klar ist das auch zum Brüllen komisch, doch bleibt ein gewisser Verwesungsgeruch in der Luft hängen, wenn man im Angesicht drohender Umstrukturierungsmaßnahmen arbeitende Menschen sieht, die jeglicher Ideen verlustig geworden sind und denen die Zotenhaftigkeit und die Kalauer ihres Chefs zu den stumpfen Augen herausquellen. Speziell in diesem Humor spiegelt sich der Horror des Alltags.

Bei aller Grausamkeit der Alltagsnähe kann ich herzlich drüber lachen. Zumindest über einen Großteil der ersten Staffel, denn mehr hab ich zunächst nicht gesehen. Ich staune über die Schauspieler, die in der getürkten Doku nicht mehr als solche auszumachen sind.

God Speed All The Bakers At Dawn (Kurzkritik zu Garden State)

Garden State ist ein schöner Film. Zwischen Skurilitäten und biografischen Entgleisungen platziert er die Erkenntnis, dass man über sich selbst und die Haken die das Leben schlägt, lachen kann, ohne zynisch zu sein, selbst wenn der Tod seine Finger im Spiel hat.

Bei aller angedeuteten Kaputtheit der Welt schlängelt sich eine leise Komik bis zu einem glaubhaften Happy End, ständig begleitet von einem semi-sentimentalen Soundtrack. Zumindest für mich. Ein Freund hat nachher gesagt:

„Viele Szenen fand ich gut, aber vermutlich hätten sie erst richtig auf mich gewirkt, wenn das meine Musik gewesen wäre.“

Ich persönlich hätte vor Freude in die Hände klatschen können, als die Shins ihr „New Slang“ zum Besten geben durften. „Dieser Song verändert dein Leben.“ sagt Natalie Portman und da ich der Meinung bin, dass jeder gute Song das kann, gebe ich ihr gerne Recht und erinnere mich an..

Autofahrten im jahrhundertheissen Berliner Umland, den Fahrtwind im Bart, die Ein-Sommer-Clique im Gepäck und den Traum von dem einen Mädchen im Kopf. Und die Shins im Autoradio. Erschöpft, in die Knie gesoffen, die letzten Wochen noch die alte Stadt sein Zuhause nennend und so traurig optimistisch. Bilder, Sounds und Texte kann man nicht nur in einem Folder seines PCs abspeichern, sondern auch in Songs. So funktionert auch Garden State. Deshalb mag ich ihn und wegen der notorischen Baffheit von Zack Braff.

Gold teeth and a curse for this town were all in my mouth.
Only, i don’t know how they got out, dear.
Turn me back into the pet that i was when we met.
I was happier then with no mind-set.

21 Gramm schwere Kost!

Kein pfundiger DVD-Abend. Auch wenn „21 Gramm“ von einem augenscheinlich brillianten Ensemble (Benicio Del Toro, Sean Penn, Naomi Watts) mit Lust zur Selbstentstellung dirigiert wird und Regisseur Alejandro González Iñárritu (Amores Perros) mit seiner fragmentarischen Erzählweise die Fatalität der Ereignisse trotz der Zerstücklung im Zusammenhang grauslich nahe bringt, fand ich den Film pseudomoralisch, aufdringlich, langatmig und ausrechenbar.

Zugegeben, die eine oder andere Szene hat mich in den Schlaf verfolgt, intensiv muss der Film also gewesen sein, im Gesamten hat mir das Spektakel aber deutlich zu lange gedauert und die Hackepeter-Antichronologie hat mich am Ende kollossal genervt, weil einfach gottverdammt nichts voran ging. Ich glaube wirklich, Herrn Inarritus Standpunkt verstanden zu haben, deutlich verstanden, zu deutlich – JA, ICH HAB’S JA VERSTANDEN! Dieser Diskurs zu fundamentalen Fragen des Lebens wie „Was ist ein Leben wert, wieviel wiegt es?“ (21 Gramm hat jemand gesagt) war mir zu aufdringlich und Sean Penns Löffel-Ab-Monolog wäre nun wirklich nicht mehr notwendig gewesen. ICH HAB’S JA KAPIERT!

Ja, war schon irgendwie gut und im Schlimmen schön anzusehen, aber dann doch zuviel des „Guten“. Man soll halt nicht mit seinen Pfunden wuchern. Sagt übrigens auch Roger Ebert.