Mein ätzzüngiger Komilitone C. und ich spotteten uns gerade fröhlich durch die Regensburger Studentenlandschaft, beneideten die BWLer um ihre fatalen Hühner, erlebten linguistische Bummer von ehemals im Irrenhaus einsitzenden Anglistikdozenten, ritualisierten jeden Tag die Next Generation von Star Trek mit einer kräftigen Bong, hörten und machten und stritten vor allem über die Definition von Punkrock, schimpften alle Studenten Wixer und benahmen uns auch sonst überwiegend peinlich.
Just zu dieser Zeit begann die unheimliche Siegesserie des österreichischen Tennisspielers Thomas Muster. Bereits 1989 befand sich Muster auf dem Vormarsch an die Spitze der Weltrangliste, doch bevor er seinen ersten Grand Slam gegen Ivan Lendl gewinnen konnte, wurde er rechtzeitig genug von einem Auto angefahren. Bereits 1990 holte er sich jedoch Turniersieg nach Turniersieg und über den ATP geprüften Rasen dieser Welt braute sich noch weit schlimmeres Unheil zusammen.
1995 erlitt Muster im Halbfinale eines Turniers in Monaco einen Zusammenbruch, gewann das Match aber und besiegte am nächsten Tag Boris Becker im Finale. Ab da gab es für den blonden Racketlackl kein Halten mehr. Muster gewinnt als erster und einziger Österreicher die French Open gegen (Michael Chang) und übernimmt im Februar 1996 das Ruder über die Weltspitze im internationalen Tennis. Die Nummer eins der ATP Weltrangliste.
Mit vor Entsetzen triefenden Mündern wurden C. und ich unfreiwillige Zeitzeugen der Siegermaschine Muster, der personifizierten österreichischen Unsportlichkeit. Auch wenn ich Boris Becker heutzutage für einen ausgemachten Schwachkopf halte, am Centercourt war er eine Persönlichkeit, leider eine, die der Dampfwalze Muster nicht nur einmal unter die Räder kam. Für uns war der Triumphzug dieses Fleisch gewordenen Schmetterballs ein deutliches Zeichen für das Verludern und Verlodern der bestehenden Weltordnung und wie seiner Zeit Johannes erkannten wir nun deutlich die Zeichen.
Und ich sah, dass das Lamm das erste der sieben Siegel auftat, und ich hörte eine der vier Gestalten sagen wie mit einer Donnerstimme: Spiel Satz Sieg, Muster. Und ich sah, und siehe, ein weißes Leiberl. Und der darin saß, hatte ein Racket, und ihm wurde eine Schale gegeben, und er zog aus sieghaft und um zu siegen.