(Nach dem infamosen Erfolg der Backwarenserie, jetzt der große Heimatbäckerroman)
Sehen sie sich das Foto unter dem Artikel an. Wenn sie sich jetzt nach links wenden und die Hauptstraße bis zur großen Kreuzung hinauflaufen, dann stehen sie nicht nur vor dem Maibaum (falls er nicht gestohlen wurde), sondern zu ihrer Rechten befindet sich auch die Bäckerei Pfifferling. Stellen Sie sich nun vor, Sie wären wieder vierzehn und folgendes spielte sich ab:
Sie kommen mit ihrem roten Klapprad, das Sie Knight Biker getauft haben und dem Sie schwarze Punkte aufgesprüht haben, so dass es aussieht wie ein Marienkäfer, also Sie kommen mit diesem Fahrrad mehr angesprungen als angefahren, mehr angepfiffen als angerauscht. Den Bordstein vor der Bäckerei springen Sie mit Knight Biker und Bravour locker hinauf, hauen oben noch eine Vollbremsung und den anwesenden Kollegen einen Servus hin. Dann betreten Sie die Bäckerei Pfifferling, wo Sie der Bäcker Sepp betreten ansieht, weil schon wieder die grünen Frösche, welche Sie so unbändig gerne verzehren, ausständig sind. Als Surrogat muss Esspapier, die Brauseuhr und eine Speckschlange herhalten. Der Bäcker Sepp beugt sich über die Vitrine und sein unwahr wirkendes, ellenlang pomadiges Rockabillyvorderhaar trieft sanft über die Backwaren, während er nach ihn molestierenden Fliegen schlägt. Es ist Sommer in Grafentraubach.
In der Bravo trägt die Sängerin Sandra einen Minirock, darunter eine schwarze Nylonstrumpfhose mit weißen Ringelsöckchen darüber und sie selbst tragen weiße Tennissocken über der hautenganliegenden Stretchjeans. Draussen sitzen schon die Compadres und begrüßen Sie mit wenig virilen Spitznamen wie Wum oder Wende. Um 13 Uhr kommen die Mädchen aus der Schule aber Sie nennen sie nur unterkühlt „Die Weiber“. Ihre Freundin hat Nachmittagsunterricht und so berichten Ihnen deren Freundinnen, dass Sie von ihr in der Hauptschule Laberweinting mal wieder als „der Depp“ tituliert wurden. Das verweisen Sie freilich ins Reich der Legende und kaufen sich noch ein Calippo, reden mit „den Weibern“ über die neue Destruction-Platte und zeigen bei der Gelegenheit ihr bestes Stück, haha, die „Creeping Death“ Maxi von Metallica in grünem Vinyl, her. Alsbald stößt Ihre Freundin, die man landläufig Frieda Frosch nennt, zu der Gruppe, doch sie tut so, als kenne sie Sie nicht. Sie lassen sich Ihre Bestürzung nicht anmerken, kaufen noch einen Bazooka Joe (Kaugummi) und überlegen, ob sie Frieda nicht demnächst mit Schimpf und Schande vom Hof jagen sollten.
Zunächst aber sollen „die Weiber“ hingehen, wo der Pfeffer wächst, den Sie neulich statt Salz zum Tequila probiert haben. Jetzt wird erstmal mit den Compadres über Fußball gesimpelt, doch als die Rede darauf fällt, warum Sie am Mittwoch nicht im Training waren und dass der Pommern Franz, der Ex-Dorfpolizist von Mallersdorf und jetziger A-Jugend Trainer sich darüber mokiert hat, lenken Sie das Thema geschickt auf die Dorfbandenrivalität, die entstanden ist, weil der Hunze was mit der Rebecca angefangen hat, obwohl er doch noch mit der Leitner Michi beinander war und deren Bruder jetzt deswegen sauer ist.
So streicht der träge Sommernachmittag ins niederbayerische Flachland kurz vor der Oberpfalz und bevor Sie sich wieder auf den Weg zu dem auf dem Foto abgebildeten Ausgangspunkt machen, verabreden sie sich mit den Compadres und „den Weibern“ auch für den nächsten Tag wieder „beim Bäck“.
Stellen Sie sich das nur einmal vor.