Hochwasser


Als Hochwasser noch auf den Wiesen ruhte
Statt zu wüten in Städten und Kirchen
Die Trägerrakete für Gefühlsprodukte
Sich noch nicht ins Nichts verirrte
Der Wächter der Tür verschlief
Weil die Tragweite nur im Tag weilte
Und die Nacht gegen euch alle verstieß
Doch die Arbeitströsterin kehrte wieder
Mag kein Teewasser aber Hochwasser
Steht ihr gut zu Gesicht, wie sie taucht
Und zwei Schachteln am Tag verraucht
Muß man nicht ja sagen, nicht unbedingt
Vielleicht darüber nachdenken wer den Song singt
In welchem das Leben so süßlich vergilbt
Zur Seite blicken und übersehen
Was wir einst vertrödelt und dann verstehen
Daß zu jeder Wahrheit es noch eine gibt

Ja, ich habe mir als Kind Hochwasser gewünscht. In einer Zeit, in der ich keine Bilder von Hochwasserkatastrophen, reissenden Flüssen und versenkten Häusern kannte. Ich wünschte mir einfach nur, dass unser Garten voller Wasser wäre. Am besten im Sommer, denn dann wäre es warm gewesen und ich hätte vom Balkon aus hineinspringen können. Die Wiese neben dem Grundstück meiner Eltern war bei Hochwasser immer überflutet. Man konnte fast darin baden. Ich weiss gar nicht genau warum, unser Garten lag nicht höher, aber er blieb verschont. Wie gern hätte ich mich mit einer Luftmatratze unter die große Birke gelegt und ein Buch gelesen, während mir die Sonne durch die Zweige hindurch auf den Bauch schien. Wie gern wäre ich bis hinter zur Teerbahn geschwommen, hätte dort eine Runde Basketball gespielt, hätte bei meiner Mama am Bürofenster geklopft und wäre dann wieder zurück ins Wasser gestiegen und mit der Luftmatratze zurück zur Terasse gepaddelt. Doch unser Garten war nie richtig überschwemmt bei Hochwasser und ausserdem war es immer eiskalt, denn es schien keine Sonne, wenn die Wiesen überflutet waren. Der Gedanke an Hochwasser hat mich noch viele Jahre lang in meinen Träumen verfolgt und einmal wurde ein kleiner Teil davon wahr. Als in Regensburg 1998 das Jahrhunderthochwasser seinen Einzug hielt und die Donau weit über ihre Ufer getreten war, ging ich mit Corinna damals in den Villapark und stand auf der Brücke über dem tiefergelegten, grabenartigen Teil des Gartens der alten Villa und unter uns war nichts als Wasser. Die Sonne schien. Es war ein wundervolles Bild. Wir hätten nur hineinspringen müssen. Leider war es eiskalt.

Danke, Emma, für die Erinnerung.