Adora quod incendisti, incende quod adorasti –
oder Kein Stein bleibt auf dem anderen
wenn St. Burnstl in der Stadt ist
Mit monumentaler Wucht, epochalen Strapazen und kolossalen Eindrücken geht mein erster Besuch in Rom zu Ende. Die eingänglichen Wortklüngel seien mir erlaubt, denn was dem Tibertrutzburg-trainierten Italienurlauber ein alter Stiefel ist, wuchs sich für mich als ewigem Novizen zu einer epischen Rückbesinnung auf meine Kindheitsträume aus. Einmal im Colosseum zu stehen, das Titustor ins antike Rom zu durchschreiten, in der Abenddämmerung auf dem weiten Feld des Circus Maximus zu stehen und die perfekteste Lichtquelle der Antike im Pantheon zu begreifen.
Umsonst war der Historienzauber freilich nicht. Neben forschen Eintritts- und frechen Getränkepreisen zahlte ich einen noch viel höheren, indem ich meine Geduld Meuten von schwätzenden Amerikanern opferte, die durch den Vatikan pilgerten als gäbe es keinen nächsten Papst. Die Schlange am Petersdom wickelte sich einmal um den gesamten Platz und wäre meine Begleitung nicht ein von Skrupeln erlöster, wiefer Vorschleichprofi, wir würden heute noch auf Einlass zu Peterchen Domfahrt warten. Aber irgendwie muss man sich ja auch zu wehren wissen, wenn der Nepp einen nach Fluidem lechzend zum Kauf eines 3,50€-Mineralwässerchens zwingt, das nach einem Panikrundgang im Vatikanmuseum mit einem erbarmungslosen, heerstarken Touristenmob lebensnotwendig wird.
Apropos Vatikanmuseum, ich bin mir nicht sicher, ob die Renaissance tatsächlich ein ästhetischer Segen für diese Stadt war. Und überhaupt: würde man alles Gold dieser Stadt – wie es in selbst in der uneingezeichnetsten Kirche noch von der Decke tropft – einschmelzen, könnte man damit locker die Mark Brandenburg überfluten und hätte wenigstens noch was Gutes dabei getan. Da können sich die Michelangelos, Raffaels und Leonardos noch so sehr die Pinsel an den Kirchendecken reiben, meine Liebe werden sie nicht bekommen und solange sich nicht weniger als drei – statt dreihundert – Leute in der Sixtinischen Kapelle aufhalten, kann mich der Aquarell-Irsinn auch nicht begeistern, geschweige denn mit heiligem Geist befüllen. Gut übrigens, dass das Vatikanmuseum nachmittags geschlossen hat, sonst könnte der Ratzinger Bene mit seinen Bediensteten ja gar nicht ungestört Versteckste spielen. Denn mögliche Verstecke gibt es genügend in diesem Labyrinth aus sakralem Größenwahn.
Freilich habe ich als Ex-Katholik bei solchen Schmähungen und auch live vor Ort immer noch einen Heidenrespekt vor meinem Ex-Schöpfer. Weiß ich doch nicht, ob er nicht doch grade mitliest und in irgendeinem Gewittergremium was zu sagen hat, das die Blitze über Berlin delegiert. Ach ja, italienisches Essen fällt mir noch ein. Gegessen hab ich einmal sogar ganz gut in Rom. Glaube ich zumindest. Denn in dem Moment, als die Spagetti Vongole gustiv einkicken sollten, überfiel mich eine urplötzliche Erkältung wie der Zorn Gottes und lähmte meinen Geschmackssinn. Brut-al dente waren sie, das bemerkte ich noch, bevor mich in vorauseilendem Gehorsam das Oeuvre eines verregneten Berliner Sommers mit durchschnittlichen 16 Grad bereits in Rom erfasste.
Das nächste Mal fahr ich nach Ostia, leg mich ins Strandbad und wälz mich zwischen Badetouristen. Das ist allemal besser als im Kreise junger besandalter Ostchristinnen und alter, lukullusleibiger Amis im Treppenhaus zur Kuppel vom Petersdom festzustecken. Ein Wortwitz geht noch: Dass ich mich grundsätzlich im Sommerurlaub aufs übelste erkälte, ist der spanische Treppenwitz meiner Reiseautobiografie. Jetzt ist aber genug mit diesem Beitrag, könnte ich ja sonst gleich eine CD-Rom rausbringen.