Dann mal wieder in Barcelona gewesen. Abends in dieser Fischkneipe, die Italienern gehört. Die Eltern waren nicht mehr in der Lage, das Restaurant weiter zu führen und es war so gut wie geräumt, aber dann ist doch der Sohn und seine Frau eingesprungen. Es gibt da diesen fruchtigen Weißwein aus Galizien, der aber nur in dieser Fischkneipe so brutal mundet. Der Laden liegt fast am Hafen, gerade noch so im Gotico, eigentlich fast im Borne. Er ist mehr Zimmer als Restaurant und sieht mehr nach Imbiß als nach Ausgehen aus. Tellerweise Fisch bestellt. Tellerweise frittiertes Gemüse und immer wieder dieser fruchtige Wein und ein Kräuterschnaps hinterher. Zwei Zigaretten, ein Taxi und ein tiefer Schlaf. Ansonsten bei gleißendem Sonnenlicht über den Montjuic gewandert und die nächsten Abende schon wieder Glück mit Essen gehabt. Sonntag Abend das erste Mal in meinem Leben Julia Roberts gut gefunden. Bei Duplicity haben sie die Bilder und die Dialoge geschliffen, bis alles erstrahlt. Wie ein neuer Oceans’s 11. Herr Gilroy ist nicht von irgendwoher ein Soderbergh-Spezl und der Michael Clayton-Regisseur. Dialogwitz ist überhaupt neben Essen und Frauen eine der ganz schönen Sachen auf der Welt. Und Thomas McCarthy ist ein großartiger Schauspieler, das hat er schon in der Journalisten-Staffel von The Wire bewiesen. Und dann heute morgen nach Berlin. Orkanartige Wetterfolter, eiskalt und die Krupps im Fernsehen. Kann man doch nicht machen mit jemandem, der in strahlendem Sonnenschein in Barcelona im 7. Stock aufgestanden ist und die Welt noch glänzend gesehen hat.
Monat: März 2009
Der Tod, das Meer und das Gymnasium
Ständig schleicht sich der Tod an in meinen Träumen. Meistens nicht in voller Montur, aber irgendwo hat er sich immer verkrochen. Zum Beispiel in einer Form, dass man im Traum über einen alten Freund spricht, der gestorben ist, oder dass man sich in einem Haus aufhält, wo jemand nicht mehr lebt. Manchmal kommt es auch zu einer Lebensbedrohung in den Träumen. Nie erwischt es mich oder bin ich es, der bedroht ist, immer ist es eine andere Person, aber immer habe ich ein schlechtes Gewissen. Was genauso häufig vorkommt wie der Tod, ist der Urlaub. Oder der Urlaubsort. Verrückterweise scheint der sogar eine eigene Geographie zu besitzen. Es ist immer der gleiche Ort zwischen Meer, Lagune und Flüssen. Die dritte Komponente ist mein altes Gymnasium, ich bin dann wieder in der Schule und auch da herrscht so eine Art Todesbedrohung, aber sie manifestiert sich in einer erschütternden Erschreckung. Ich stelle mit Grausen fest, dass ich noch nicht erwachsen bin und Prüfungen ablegen muss, auf die ich in keinster Weise vorbereitet bin. Das versetzt mich derart in Panik, dass ich mir wünsche, ich träumte nur und versuche durch puren Willen aufzuwachen. Ich denke, das funktioniert, aber vielleicht ist das auch der Moment, wo meine Frau ins Bad geht und ich eh wach geworden wäre.
Kurzkritiken zum Knochenmann, Wrestler, Underworld 3, Basta und Mr. Brooks
Der Knochenmann:
Nicht mehr viel mit Haas Buch zu tun, aber ein Hader als Brenner in Vollendung. Trendaktrice Minichmayr sehr gut, auch wenn ich ihr das Campino-Duett übel nehmen muss und überhaupt ein einziges Method Acting Vehikel für den Bierbichler. Großartige Chemie zwischen dem Bertie und dem Brenner. Die tödliche Tristesse des Umlands samt Autobahnanschluss scharfsinnig eingefangen. Für nicht des Bairischen (ja so heisst das linguistisch korrekt, liebe Österreicher) Mächtige sicher ein Graus und für Murnberger- und Haas-Ungebübte sicher auch mit über zwei Stunden eine zu große Leidprüfung.
Underworld 3:
Ich mag die beiden Vorgänger (bzw. Nachfolger nach neuster Chronologie), aber Teil drei war ja wohl ein Riesenschmarrn. Deppertes und vollkommen vorhersehbares Romeo und Julia-Szenario, unübersichtlichste Hautfetzerei, grauenvolle Dialogfetzen und ein Overacting der Herren Nighy und Sheen (grade noch so gut bei Frost/Nixon, aber vielleicht hat der ein Pupillenproblem und muss so glotzen), dass ich irgendwann gern umgeschaltet hätte, aber ich saß ja im Kino.
The Wrestler:
Erstaunlich, dass sich mal jemand die Zeit nimmt, die finsteren Seiten des Wrestlinggeschäfts so zu sezieren. Irgendwie fühlt sich der Film für mich als extreme Kunstnische an, aber in den USA ist die Industrie eine sehr einträgliche und so ein Film ist mutiger als er uns erscheint. Ansonsten nix zu mäkeln, intensive Frisur von Mickey Rourke und ein Hardcorematch, wie ich es im richtige Wrestling so brutal noch nicht gesehen habe. Musste noch schmunzeln, weil ich gelesen hatte, dass Hulk Hogan damit prahlt die Rolle angeboten bekommen zu haben. Ja, ja, als ob der Egomane Hogan sich freiwillig eine Duschhaube aufgesetzt hätte.
Basta/C(r)ook (DVD):
Ein Film der gleich zwei Titel, eine Klammer und zwei Untertitel braucht um seine Doppelbödigkeit zu erklären kann eigentlich nix sein. Hab ich mich aber von der Besetzung blenden lassen. Hübchen/Hader/Harfouch/Bleibtreu. Hätte meiner gewohnten Maxime treu bleiben sollen, dass der deutsche Film auch trotz Hader nix taugt. Was Pepe Danquart da hingestellt hat, ist eine peinliche Aneinanderreihung von Ostmafia-Klischees, ein Greenaway für Mikrowellengerichtler und alle zwei Sekunden eine Scheißmusik, die’s nicht gebraucht hätte. Zwei Doro-Filme, ein Treffer also. Weil der Knochenmann, der war ja gut, musst du wissen.
Mr. Brooks (DVD):
Solider Killer-Thriller mit Kevin Costner. Eine Art Dexter für ruhigere Gemüter. Zweifelhafte Message, wenn der Schlächter kein Schlechter ist, sondern eigentlich der netteste Mensch im Film. Sogar sein Mr. Hyde Big Willy Hurt räumt Sympathiepunkte für gute Gags ab.
hahn solo
Und dann steh ich da auf der Straße nachts um halb 2 und obwohl der Tag wärmer als die vorhergehenden war, ist es jetzt schon wieder eiskalt. Ich habe das Gefühl ich zerbreche. Oder vielleicht löse ich mich in der Kälte auch langsam auf. Mein Rückenschmerz zwingt mich, nach Hause zu gehen, obwohl ich noch ein zwei Schnaps vertragen könnte. Er zwingt mich, diese Straße hinunter zum Nordbahnhof zu gehen, eine Straße, von der ich glaube, sie mal gemocht zu haben, aber an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Denn in diesem Zustand ist sie nur kalt und skalpiert mich. Wirklich. Die Haut geht mir in Fetzen ab und je länger der Winter dauert, desto dünner und weniger wird meine Haut. Ich muß mir am Rosenthaler Platz ein Grillhähnchen besorgen und mich auf dem Rest des Heimwegs daran wärmen, sonst gehe ich noch während des Gehens ein. Bleibe einfach auf der Stelle stehen und verende auf der Stelle. So kalt ist mir nämlich. Dann kommt diese Frau aus meiner ehemaligen Arbeit und spricht mit mir. Ich kann kaum zuhören vor lauter Heimweg. Das Hendl in meiner Manteltasche gibt sicher nur noch Wärme für ein paar wertvolle Minuten. Minuten, die ich nicht in diesem Gespräch zubringen möchte. Der Freund der Frau aus der ehemaligen Arbeit will eine Show machen. Vermutlich will er ihr beweisen, dass er super ist. Viel mehr super, als der Typ mit seinem Hähnchen in der Manteltasche. Er macht sich über meine Krawatte lustig, die ich im Reissverschluss meiner Unterjacke eingeklemmt habe. Ich rücke sie zurecht und gehe nicht auf seinen Witz ein, weil er sonst denkt, kontern zu müssen und dann komm ich nie hier weg. Ich rede gedankenverloren von dem australischen Café bei mir an der Ecke. Ich könnte mich ohrfeigen, dass ich das Gespräch am Laufen halte, während der Hahn in meinem Mantel gerade seine letzte Grillwärme aushaucht. Der Freund der Frau aus der ehemaligen Arbeit sagt, dass der Besitzer des Cafés einer seiner besten Freunde sei, obwohl ich ihn noch nie dort gesehen habe. Aber das sagen alle angeblichen Freunde von dem Cafébetreiber. Weil er Australier ist und die Leute ihn mit ihrem tollen Englisch beeindrucken wollen und er dann was lustiges sagt und dann die anderen wieder 20min erzählen lässt. Da denken die gleich, sie sind jetzt beste Freunde. Warum ich schon nach Hause gehe, will die Frau aus der ehemaligen Arbeit wissen. Weil mir kalt ist, sage ich und kann das Grillhendl nicht mehr spüren. Und weil ich in der Arbeit in 5 Jahren nicht so viel mit dir geredet habe wie in den letzten 5 kostbaren Minuten meines Lebens, die mich nahe an die völlige Zerbröselung meines Körpers gebracht haben, sage ich mir. Ich war mal mit meiner Schwester im Urlaub in Spanien und da haben wir diese Frau aus der damals noch tatsächlichen Arbeit auch getroffen. Zufällig. Das war eine schlimme Geschichte, was nicht ihre Schuld war. Aber zu reden hatten wir auch da eigentlich nicht viel. Ich prognostiziere zum Abschied ein Treffen in dem australischen Café zu dem es vermutlich nie kommen wird. Ich sage, ich finde mein Handy nicht zur Abspeicherung der Nummer. Ich weiß auch wirklich nicht, in welcher meiner 10 Jackentaschen es sich befindet, weil ich ja drei Jacken übereinander trage. Aber sie ruft mich an und der Vibrationsalarm verrät mich und schon bin ich zum Nummerntausch gezwungen worden. Ich renne fast nach Hause in der irrigen Hoffnung, es könnte sich noch ein Hauch Wärme in dem Grillhendl befinden. Wie ein Irrer zerreiße ich am Küchentisch das halbe Huhn und stopf es in mir in den Mund. Am Ende ist mir tatsächlich noch ein bisschen warm davon geworden. Aber ich schwöre, wenn das so weiter geht mit der verlorenen Zeit und der verlorenen Körperwärme, dann geh ich vor die Hunde. Wenn nicht diesen, dann nächsten Winter.