Und wieder ein Jahr dem Weltuntergang und der totalen globalen Verdummung nähergerückt. Hier sind ein paar Dinge, die mich davon abgehalten haben, Passanten auf der Straße ins Gesicht zu sagen, dass sie schuld an allem Unheil dieser Welt sind.
Beste Platte
Es war das Royal-Bangs-Jahr, keine Frage. Das Debut „We Breed Champions“ stammt zwar schon aus dem Vorjahr, wurde aber im Frühjahr 2009 über City Slang erstmals bei uns veröffentlicht. Nachdem ich vorvorletzte Woche auch noch ein extrem starkes Konzert von den Nashvillern sehen durfte, war alles klar: 2009 gehört den königlichen Ponyfrisuren, bei Einheimischen auch unter Prinz-Eisenherz-Cut geführt. Der Mensch von Bon Iver setzt auf der „Blood Bank EP“ die süßliche Finsternis von „For Emma, forever ago“ fort und auch Slayer und Rancid erfinden nicht das Rad neu, aber zur Zeit kann man ja froh sein, wenn nicht alle gleichförmig auf Diskorhythmen (nein, ich sag nicht Beats) herumplärren. Immerhin hat Dave Lombardo 2009 ein ganz starkes Jahr hinter der Schießbude (nein, ich sag nicht Drums, obwohl Schießbude noch viel alberner und Scorpions-mäßiger ist. Ich weiß schon, was ich tue.) hatte. Die Klasse von Chris Wollards Album liegt eigentlich auch nur in vier Songs, aber wie unaufgeregt der Hot Water Music-Gitarrist Folkrock betreibt, schlägt mittlerweile den etwas ins Gefiedel abgetriebenen Bandkollegen Chuck Ragan. Tegan und Sara sind endlich alt genug für gutes Songwriting, Metric haben eine Mitsingkanone hingestellt und die „Let It Be“ hab ich solange unterschätzt bis ich bei Beatles Rockband mal zu „Dig A Pony“ und „I Got A Feeling“ Schlagzeug gespielt hab und 80 Jahre zu spät bemerkt habe, was für großartige Songs das sind. Das Mos-Def-Album steht stellvertretend für den ganzen Hip Hop alter Schule, denn ich in diesem Jahr gehört habe.
1. Royal Bangs – Let It Bleep
2. Royal Bangs – We Breed Champions
3. Bon Iver – Blood Bank EP
4. Slayer – World Painted Blood
5. The Beatles – Let It Be (2009 Stereo Remaster)
6. Chris Wollard And The Boat Thieves – dto
7. Tegan & Sara – Sainthood
8. Metric – Fantasies
9. Rancid – Let The Dominoes Fall
10. Mos Def – The Ecstatic
Bester Song:
1. Royal Bangs – Cat Swallow
2. Bon Iver – Bloodbank
3. Vampire Weekend – Ottoman
4. Chris Wollard – No Exception
5. Metric – Help I’m Alive
6. Tegan And Sarah – The Cure
7. Katy Perry – Waking Up In Vegas
8. Royal Bangs- Japanese Cars
9. The Jealous Sound – Got Friends
10. Rancid – Let The Dominoes Fall
Bester Film
Kathrin Bigelows „Hurt Locker“ ist eigentlich so ein Konsensfilm für verbiesterte Filmkritiker gewesen, aber man kann ihn nicht weglassen, weil er trotz staubtrockenem Protokollieren des Kriegsalltags sauspannend war. Der Konsensfilm für die Geeks war dann „District 9“, aber auch das war eine peppige (hammer Vokabel, oder?) und durchaus innovative Angelegenheit. „Frost/Nixon“ dann eine unglaubliche rasante Komposition aus Dialog und Gesellschaftspotrait, an manchen Ecken ein bisschen zu glatt gebügelt, aber trotzdem ein Glanzstück von Frank Langella und Michael Sheen in den Hauptrollen. Unfassbar, dass der intellektuelle eher leisetretende Ron Howard Regie geführt hat. Gelacht hab ich am meisten bei „The Hangover“, weil für Schnapscomedy bin ich mir nie zu schade. „Duplicity“ und „Watchmen“ möchte ich noch explizit für die besten Vorspänne des Jahres erwähnen. Die Haas-Verfilmung „Der Knochenmann“ enttäuschte mich ein bisschen, aber Josef Hader als mein Namensvetter Brenner tröstet über so manche kleine Skript-Unzulänglichkeit hinweg. Und ja, „Avatar“ sollte man gesehen haben, außer man interessiert sich weder für Sci-Fi, noch Fantasy, noch digitale Effekte in Spielfilmen. Weil das ist schon das visuelle Maß aller Dinge im Moment. Bester Film, weil zugleich Blutsgaudi, Anspruch und Hochspannung: die Basterds. Aber hallo und mit Abstand.
1. Inglorious Basterds
2. Watchmen
3. Frost/Nixon
4. The Hurt Locker
5. The Hangover
6. Avatar 3D
7. District 9
8. Duplicity
9. Star Trek
10. Der Knochemann
Bestes Spiel
Wer’s noch nicht wusste: Ich bin ein penetranter Konsolenspieler, der auch gerne mal tagsüber ausfällt, weil er bis 8 Uhr früh in irgendwelchen frei begehbaren Städten auch noch die letzte Nebenmission spielen musste. 2009 war das bisher beste Jahr für Konsolenspiele und am meisten freut mich, dass man a) mit „Infamous“ ein Superheldenspiel etabliert hat, das keiner hinlänglich bekannten Vorlage folgt und ich mir b) endlich einen Kindheitstraum erfüllen konnte und mit einer realistischen Batman-Figur in dunkler Nacht und in einsamen Wahnsinn auf Joker-Jagd gehen durfte. Die meiste Zeit insgesamt an einem Spiel hab ich bei „Rockband 2“ verbracht und kann mittlerweile besser Schlagzeug spielen als früher, wo ich noch ein Echtes besaß und nicht so ein Plastikglump. Der Preis für die schönsten Landschaftsaufnahmen geht unein-fucking-holbar an „Assassin’s Creed 2“.
1. Infamous
2. Batman: Arkham Asylum
2. Assassin’s Creed 2
3. GTA IV: The Lost And The Damned
4. FIFA 2010
5. Fallout 3
6. GTA IV: The Ballad Of Gay Tony
7. Brütal Legend
8. Rockband 2
9. The Beatles Rockband
10. Machinarium
Beste Serie:
Ich bin ja bekennender The-Wire-Jünger und deshalb nicht überrascht, dass deren Macher mit ihrer Miniserie über den Golfkrieg „Generation Kill“ erneut den Dokudrama-Vogel abgeschossen haben. Mit Sgt. Brad „Iceman“ Colbert im Humvee sitzen und das ganze Elend der ersten Einsätze im jüngsten Irakkrieg miterleiden: ein unglaublicher Anti-Kriegs-Roadtrip. Der Rest von den Serien ist Eulen nach Athen. In „True Blood“ habe ich übrigens endlich meinen würdigen Buffy-Ersatz gefunden. Voraussetzung für die Wertung war übrigens, dass die Serien auch 2009 noch ausgestrahlt wurden oder erstmals auf DVD erschienen.
1. Generation Kill
2. Lost: Season 5
3. Entourage: Season 5
4. Dexter: Season 3
5. True Blood: Season 1 & 2
6. Mad Men: Season 2
7. In Treatment: Season 1
8. 30 Rock: Season 2
9. Battlestar Galactica: Season 4
10. Kavka vs. The Web: Season 1 & 2
Bestes Buch
Da zählt jetzt nicht das Erscheinungsjahr 2009, weil dann käm ich auf keine zwei Bücher. Somit zählt das, was ich in diesem Jahr gelesen habe. Und übrigens: Palahniuks „Haunted“ ist das ekligste Buch, das ich je gelesen habe. Wobei Kershaws Standardwerk über Hitler auf ca. 18.000 Seiten natürlich durchaus konkurrenzfähig ist, weil leider Gottes keine Fiktion. Und jeder, der sagt, der Haas würde Sellout wegen des Brenner-Revivals betreiben und der Roman wär deshalb nicht mehr so gut, der lügt wie gedruckt.
1. Wolf Haas: Der Brenner und der liebe Gott
2. Ian Kershaw: Hitler 1889 – 1945
3. Dan Simmons: Hyperion Omnibus
4. Complete Poetry Of John Keats
5. Dan Simmons: The Song Of Khali
6. David Ray Griffin: The New Pearl Harbor
7. Wolf Haas: Das Wetter vor 15 Jahren
8. Schneider/Penner: Horror Cinema
9. Ennis/Robertson: The Boys (Comic)
10. Chuck Palahniuk: Haunted
Alternative Meinungen, Listen oder gehässigen Widerspruch gerne in die Kommentare. Ich könnte ja was vergessen haben und bessere dann auch im Zweifelsfall nach. „Let The Right One In“ hat’s übrigens nur knapp nicht in die Filme Toplist geschafft, falls jemand fragen sollte.