Spieltag 16: Spielerpersönlichkeiten
Bisher hab ich Mathias Sammer immer für einen verknöcherten Fußball-Reaktionär gehalten. Bis zu diesem Fußball-Stammtisch auf Sport1. Denn da hat der Mann mir aus der Seele gesprochen. Dass sich der DFB in den letzten zwei Jahrzehnten viel Spielkultur selbst zerstört habe, weil er dem Berti-Vogts-Duktus „Der Star ist die Mannschaft“ gefolgt ist. Was noch nicht mal Vogts wirklich so gemeint habe. Dass man die Dribbler, die technischen Sonderlinge, Egomanen und Ballexzentriker nicht glattbügeln soll, nicht in diesen dogmatischen Teamgedanken hineinzwingen, hat er gesagt. Er hat’s natürlich nicht ganz so elegant formuliert wie ich, aber gemeint hat er es so und damit eine Lanze für Franck Ribery gebrochen.
Ribery hat nicht besonders gut gegen Basel gespielt unter der Woche und nur ein bisschen besser gegen St. Pauli am Samstag, und das obwohl er insgesamt drei Tore erzielt hat. Aber er wird jede Woche besser, weil Van Gaal eingesehen hat, dass die manchmal etwas verloren wirkende Seele Ribery nicht nur „Liebe auf de erste Gesicht“ (Van Gaal bei Sky), sondern auch Geduld und Extrawurst braucht, um sein freigeistiges Spiel in die Gänge zu bringen. Und wenn er sich nicht verletzt, wird er das in der Rückrunde auf eine Art und Weise tun, dass ihn die meisten Gegner gerne wieder verletzt sehen würden. Natürlich wird sich der ein oder andere Spieler denken, ich muss spuren und ackern und Franck Montana-Ribery wird gehätschelt. Aber wer Louis Van Gaal kennt, weiß, dass er im Grunde kein Bevorzugungssystem etablieren will, er sieht nur die unterschiedlichen Spielerpersönlichkeiten. Und damit Ribery nicht übermütig wird hat er ihm auch indirekt in einem anderen Interview mitteilen lassen, er möge doch Tennis spielen, wenn er sich frei bewegen will.
Klar darf eine Mannschaft nie zuviele von diesen Hätschel-Kreativen haben. Disziplin, Ausdauer und stumpfe Arbeitswut gehören genauso zum Fußball. Aber es dürfen schon mindestens zwei pro Mannschaft sein und – ja – wir Bayernfans warten sehnsüchtiger auf Robben als aufs Christkind. Apropos Weihnachten: Sebastian Schweinsteiger hat seinen Verein ja vordergründig auch mit seiner verlängerten Anwesenheit bis 2016 beschenkt. In Wirklichkeit hat er aber den Sack ganz schön weit aufgehalten, was man so hört. Das ist natürlich das andere Problem mit den Spielerpersönlichkeiten. Dass sie immer etwas teurer sind als die Dronen. „Mein Herz schlägt rot.“, hat der Schweini gesagt und als ein Reporter Uli Hoeneß mit diesem Zitat konfrontiert hat, im Zuge der Frage, was Spieler wie Schweinsteiger zu Vertragsverlängerungen bewegt, hat Uli Hoeneß nur kurz und bitter gelächelt. Die müssen weh getan haben, die Vertragsverhandlungen mit so einer Spielerpersönlichkeit.