Brenners Bundesliga 2010/2011 (20)

Spieltag 20: Gesundstoßen

Werder – Bayern 1:3 (0:0)

Im Prinzip hab ich überhaupt nichts gegen Werder, aber am Samstag hab ich mich geärgert. Die Bremer haben eine unbestritten patente Mannschaft, zumindest wenn man den Einzelnen anschaut, aber dem Tabellenplatz nach zu urteilen, ist ja irgendwo der Wurm drin. Andererseits, so tief kann der nicht drin sein, wenn es „nur“ den FC Bayern braucht, um sich wieder für eine Topleistung zu motivieren. Und überhaupt: bei Problemmannschaften hilft oft ein Spiel gegen die Bayern mehr als ein Trainerwechsel. Plötzlich sind alle gut drauf. Insofern hält sich mein Mitleid auch in Grenzen.

Luiz Gustavo ist bisher hauptsächlich dadurch aufgefallen, dass er Elfmeter verursacht, die nicht gegeben werden. Und erstaunlich, wie bizarr Van Gaals Aufstellung im Mittelfeld mit Pranjic und Ottl auf dem Papier aussieht und wie effizient sie auf dem Platz ist. Der Abschied von Mark Van Bommel war unrühmlich, aber die „Papageienmusik“ von Mehmet Scholl zum Thema harscher Führungsstil ist schnell verhallt, denn was will man einem Trainer ankreiden, der mit dem Kopf durch die Wand will und das am Ende auch hinkriegt. Wäre Dortmund derzeit nicht Meister der „högschdn Gonzendration“ (J. Löw), würden die Bayern längst mit Leverkusen die Meisterschaft unter sich aus machen.

Ausserdem war am Samstag scheinbar Internationaler Tag des Ballverlusts im Mittelfeld. Das war ja nicht mit anzusehen, was Leute wie Herr Schweinsteiger und Herr Hunt sich da alles von den Füßen nehmen ließen. Apropos Herr Hunt: Die Kommentatoren von Bremenspielen müssen unbedingt immer den vollen Namen von Aaron Hunt aussprechen. Zumindest bei Strafraumszenen. Weil ich krieg jedes Mal einen halben Herzinfarkt, wenn dauernd jemand „Hand“ im Sechzehner schreit.

Schalke – Hoffenheim 0:1 (0:1)
Magath hat seinem Wunderkind Draxler ja empfohlen, zugunsten einer Profikarriere bei Schalke auf sein Abitur zu verzichten. Ich glaube der Draxler büffelt seit Samstag wieder ein bisschen intensiver. Und warum lässt Magath mit Fafan einen seiner besten Leute gehen? Der Kader hat doch eine gesamte Hinrunde gebraucht, um sich einzuspielen. Und die noch interessantere Frage ist: was will Fafan ausgerechnet bei Wolfsburg? Zweite Liga kann doch nicht das Ziel von so einem Spieler sein.

Leverkusen – Hannover 2:0 (2:0)
Der Ballack kann sich unterordnen und Rolfes den Führungsspieler gönnen. Das macht ihn saugefährlich, weil dann fällt ja sein Hauptmanko weg: der aggressive Minderwertigkeitskomplex.

Nürnberg – Hamburger SV 2:0 (0:0)
Der Club zeigt den Hamburgern ihre Grenzen auf. Und die liegen deutlich hinter den Championsleague-Plätzen.

St. Pauli – 1. FC Köln 3:0 (2:0)
Pfundige Sache für Pauli und seine Wuchtbrumme Asamoah.

Wolfsburg – Dortmund 0:3 (0:2)
Tja. Nur falls in München mal wieder einer von Aufholjagd träumt.

K’lautern – Mainz 0:1 (0:1)
Was heutzutage alles als Derby durchgeht.

Stuttgart – Freiburg 0:1 (0:1)
Was heutzutage alles als Derby durchgeht. Stuttgart hätte den Abstiegs wirklich nicht verdient. Und ich wette, es wäre langfristig sogar besser gelaufen, hätten sie nicht den Gross gefeuert.

Frankfurt – Gladbach 0:1 (0:0)
Tougher Typ, der Frontzeck. Und vielleicht zahlt sich’s ja doch noch aus, dass der Eberl so eine Engelsgeduld mit seinem Trainer hat. Bei Frankfurt ist die Luft erstmal raus.

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Brenners Bundesliga 2010/2011 (19)

Spieltag 19: Robben Roll

Bayern – Lautern 5:1 (1:0)

Für mich als Bayernfan war das ein deprimierendes Spiel, denn es hat gezeigt, dass nur ein Mann – The Robben – den Unterschied macht zwischen Dominanz und Mittelmäßigkeit. Und dass letztlich ein großer Teil der bisherigen Saison-Misere mental bedingt ist. Und das sage ich ja seit Jahren, dass mir das Mentale im Fußball auf die Nerven geht. Weil mental kann es dich immer erwischen, egal ob du der FC Bayern oder mit 14 Punkten Abstand Tabellenführer bist. Und wegen dem Mentalen gibt es den Trainer, nicht wegen der Aufstellung, der Taktik oder dem Konditionstraining, wie landläufig viele denken. Und dann liegt Uli Honeß doch richtig, wenn er in der SZ sagt (besser: es aus ihm herausplatzt), dass er sich nicht scheut, einen „Klinsmann“ zu vollziehen, wenn die Championsleague-Plätze gefährdet sind. (PS: Ein „Klinsmann“ ist eine vollkommen ehrberfreite Vom-Hof-Jagung einer ursprünglich mit großem Trara und Gehalt angestellten Trainerperson.) Das Mentale ist ja auch schuld an der rasenden Ausbreitung der Defensividiotie, die ihre ersten Träger in Van Beuyten und Demichelis gefunden hatte, sich mittlerweile auf einst virenresistente Leute wie Schweinsteiger (siehe gegen Wolfsburg) und am Samstag auf Tymoshchuk und Van Bommel ausgebreitet hat und zwar in einer noch dümmeren Mutation. Apropos Demichelis: der hat neulich einen derart melancholischen Abschiedsbrief an seinen ehemaligen Verein veröffentlicht, dass ich fast geweint hätte. Geweint, während er wahrscheinlich in Malaga im Straßencafe auf der Promenade bei einem Cortado und einer Fortuna gesessen ist.

Dortmund – Stuttgart 1:1 (1:0)
Genauso absurd wie der Meistermaulkorb von Jürgen Klopp ist die Beschwörung eines Einbruchs des BVB nach diesem Unentschieden, bei dem sie noch dazu der absolute Chef auf dem Platz waren.

Köln – Bremen 3:0 (2:0
Au Backe, in dieser Saison scheinen echt die Headwriter von Lost das Zepter übernommen zu haben. Unberechenbar, absurd und stellenweise ziemlich außerirdisch was Mannschaften wie Bremen zustößt. Abgeschossen von Podolksi, wer denkt sich denn sowas aus…

Freiburg – Nürnberg 1:1 (1:0)
Passendes Ergebnis für ein Spiel, das eigentlich nur Freiburg- und Nürnberg-Fans interessiert. Ich hab mal am Anfang der Saison behauptet, Freiburg hänge an der Nadel Cissé.

Hannover – Schalke 0:1 (0:1)
Championsleague-Aspirant Hannover spielt selbst im Angesicht dieser Niederlage noch wie ein souveräner Tabellenzweiter. Dass Slomkas Vertragsverlängerung sich so zieht, kann eigentlich nur daran liegen, dass Slomka vielleicht noch im Winter Mourinho bei Real beerbt.

Hamburg – Frankfurt (Fr.) 1:0 (0:0)
Ist ja leider nix aus geworden aus „Hamburg – Ein Sammermärchen“. Jetzt steht der Aufsichtsrat doof da. Bastian Reinhardt natürlich auch, aber das tat er ja auch schon vorher. Warum hat der hellrote Fuchs aus Dunkeldeutschland den HSV hängen lassen, fragen sich jetzt alle. Hat wirklich Uli Hoeneß angerufen und die Van-Gaal-Nachfolge in Aussicht gestellt? Ist das Teil drei der perfiden Trilogie „Wie ich meinen Cheftrainerposten an die unbeliebesten Volksgruppen der Welt vergab“? Nach einem Schwaben und einem Holländer jetzt auch noch ein Ostdeutscher? Und was käme danach? Ein Österreicher? Ein Nordkoreaner?

Mainz – Wolfsburg 0:1 (0:0)
Und wieder eine perfide Storyline von Carlton Cruse und Damon Lindelof. Mainz schwächelt nicht, verliert aber mysteriöserweise dennoch jedes Heimspiel.

Gladbach – Leverkusen 1:3 (0:2)
Klar, Gladbach und die Heimschwäche, aber Leverkusen ist schon auch ein harter Brocken. Trotzdem hab ich das Gefühl, dass sich die Anschaffung von Hanke und Stranzl rentiert hat und sich Gladbach so schnell nicht aufgeben wird. Allerdings ist es halt auch schon fünf vor Abstieg. Ach ja, der Kapitano ist zurück und niemand hat’s gemerkt.

Hoffenheim – St. Pauli 2:2 (1:0)
Vielleicht hat den Hoffenheimern der Alaba letztlich mehr gebracht als der Gustavo den Bayern, wird man am Ende der Saison sagen.

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Brenners Bundesliga 2010/2011 (18)

Spieltag 18: Kraftmeierei

Leverkusen – Dortmund 1:3 (0:0)
Was soll man dazu noch sagen? Das war ein 6-minütiges Strafgericht für Leverkusen und den Rest von Murphy’s Bundesliga. Der BVB wird immer besser und lacht sich hoffentlich scheckig über die diffusen Formschwankungen der gesamten Konkurrenz. Nur dass die Dortmunder immer noch nicht von der Meisterschaft reden wollen, ist dämlich. Das ist, als würde Van Nistelroy behaupten, im verregneten Hamburg gefiele es ihm besser als in Madrid.

Wolfsburg – FC Bayern 1:1 (0:1)
Selten gab es in einem Bayernspiel so viele Geschichten zu erzählen, so viele spannende Handlungsstränge und selten so ein deprimierendes Ergebnis. Buttkiller (super Bandname) Kraft schießt das 1:0, hält einen Elfmeter und diverses Unhaltbares, aber träumt bei aller mentalen Ausgeglichenheit nachts sicher schon von Manuel Neuer. Nach dem 1:0 hat sich Josué, der Sensenmann aus Wolfsburg, an Ribery vergriffen und damit die Rückkehr der gefürchteten Flügelzange beinahe für immer verhindert. Danach hat er’s auch noch bei Robben probiert, aber der war in seinem Comeback-Spiel noch ziemlich auf der Hut vor solchen Metzgern. Ansonsten war da schon wieder der berüchtigte Ausfallschritt nach links zu sehen, nur der Abschluss war noch zu berechenbar. Aber das wird sich bald ändern. Dann stieß ja auch noch Luiz Gustavo zum Team und begriff sofort, dass man bei Bayern derzeit am positivsten auffällt, wenn man auf Fehlpässe und alberne Risikozweikämpfe verzichtet. Diese Erkenntnis hat er Bastian Schweinsteiger und Mark von Bommel definitv voraus. Sicherte zentral genauso gut ab wie links, spielte dafür aber nicht ganz so energisch nach vorne wie der direkte Konkurrent Pranjic, beging aber auch nicht dessen larifari Stellungsfehler. Eigentlich schien trotz des Ribery-Aus alles gut bei den Roten, selbst die Leichtsinnsbrüder von der Innenverteidigung standen dank eines zurückkehrenden Badstubers zunächst stabil. Doch gemäß dem Bayern-Motto der Saison „Wir können alles ausser einen Vorsprung halten“ sackte stellenweise mal wieder die gesamte Defensivordnung in sich zusammen und da muss man den Wolfsburgern lassen, dass sie sich nicht aufgegeben haben, weil sie vermutlich auch schon andere Bayern-Spiele dieser Saison auf DVD gesehen hatten und wussten: a bisserl was geht immer bei dieser Unwehr. Die neue Meisterschaft ist die Championsleague-Qualifikation und wenn ich noch einmal aus München höre, dass noch alles möglich ist, dann behaupte ich, dass der Club Meister wird. Und dann war da noch ein Zeichen der Zeit, das mich schon seit Wochen schwer beunruhigt. Wenn jetzt schon mehr Elfmeter verschossen werden als reingehen, dann ist entweder was mit der Erdachse nicht in Ordnung oder das Ende der Zeit steht kurz bevor. Das dachte ich übrigens auch damals, als Thomas Muster Wimbledon gewann.

Schalke – Hamburg 0:1 (0:0)
Freut mich für den Typen, der im Winter eine BVB-Flagge auf’s Dach der Schalke-Arena gesteckt hat. Das war wohl die Abschiedsgala von Van The Man, aber bald kommt ja Mathias Sammer als Mittelstürmer, wenn ich alles richtig verstanden habe.

Bremen – Hoffenheim 2:1 (1:0)
Bremen schlägt knapp das Team, das sich freiwillig aus dem internationalen Geschäft zurückgezogen und daher folgerichtig Bremen den Vortritt gelassen hat. Ich verstehe den Dietmar Hopp eh nicht. Da steckt er 200 Millionen in seinen Verein und urplötzlich will er schwarze Zahlen schreiben. Das ist doch inkonsequent.

Stuttgart – Mainz 1:0 (0:0)
Die Entzauberung der Bruchweg Boys geht weiter und Labbadia scheucht seinen Hühnerhaufen zu seinem ersten Sieg unter dem dritten Trainer der laufenden Saison.

Nürnberg – M’gladbach 0:1 (0:1)
Na ja, vielleicht wird der Club doch nicht Meister.

St. Pauli – Freiburg 2:2 (1:0)
Das hat sich wie eine Heimniederlage für Pauli angefühlt. Und wieder das Thema verschossene Elfmeter.

Frankfurt – Hannover 0:3 (0:2)
Tja, Hannover ist die zweitbeste Mannschaft in der Liga und spielt wahrscheinlich nächstes Jahr in der Championsleague, während der FCB in die Qualifikation zur Europa-League muss. Dabei brennen die Slomka-Boys weder ein Offensiv-Feuerwerk ab, noch kontrollieren sie ihre Gegner, aber die Chancenauswertung, diese Effizienz im Abschluss, das ist quasi spiegelverkehrt das, was die Bayern die Saison über bisher getrieben haben.

Kaiserslautern – Köln 1:1 (0:1)
Ich glaube, das Nervpotenzial von Köln ist schon zu groß, als dass mir der Finke den Verein in der Rückrunde noch schmackhaft machen könnte. Sollen die sich in der zweiten Liga in Sachen Spielkultur rehabilitieren. In aller Ruhe.

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Schnee von gestern

Vor ein paar Tagen bin ich dahin gefahren, wo ich herkomme. Wo der Schnee statt Chaos noch eine allesumarmende Schwere mit sich bringt. Und wo jeder Feldweg besser geräumt ist als unsere Straße in der Mitte von Berlin. Die Autobahn dorthin scheint durch Raum und Zeit zu gehen. Das rhythmische Schlagen gegen die altersschwachen Stoßdämpfer von meinem Ford erinnert mich an unsere Klassenfahrt nach Berlin 1991. Als die Autobahn nach Hof noch dem Volk gehört hat und aus losen Betonplatten bestand. Alles bricht und zerbirst im Angesicht der Kälte, der Rest rostet sich weg oder säuft dieser Tage hemmungslos ab. Kein Wunder, dass die Leute sich wie wild verheiraten und vermehren, wo sie doch sonst keine Kontrolle mehr über irgendwas ausüben.

Zuhause gibt es eine Menge Kinder mittlerweile. Und es ist nicht so, dass ich ein ausdrücklicher Befürworter des Spaßregimes bin, das Kinder unter sechs Jahren im Pulk über uns Erwachsene ausüben, aber in meiner Familie haben sich die Zustände durch die vielen Kinder verbessert. Man kann jetzt fast von einer Großfamilie sprechen. Mit nahezu südländischen Zügen. Alle schreien durcheinander, ständig wird gegessen und gekocht, dauernd kommt jemand, dauernd geht jemand. Das hat die Nachdenklichkeit der vergangenen Jahrzehnte fast in Vergessenheit geraten lassen. Alle sind wieder verbindlich und es gibt eine neue Herzlichkeit, eine Lebensqualität, endlich ein halbwegs gutes Argument gegen das Leben in der Stadt. Von der Gastfreundlichkeit muss man nicht reden. Das ist ein niederbayerisches Haus voller begabter Köche und höflich erzogener Menschen. Hinfahren war eine Winterreise, zurückfahren mehr wie eine Fahrt über eine endlose Brücke. Ich weiß auch nicht genau, was ich eigentlich sagen wollte, als ich anfing, das hier zu schreiben. Vielleicht nur, dass es schön war daheim.

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