An manchen Tagen fängt die nächste Nacht schon in der Früh an. Ich hatte einen Alptraum, das fühlt man ja, wenn man aufwacht. Der Kopf tut weh, die Knochen stechen in die Haut, der Rücken wie gebrochen. Als ich meiner Frau erzähle, was es für ein Alptraum war, lacht sie. Ich habe geträumt, ich wäre wie ein Irrer in einer Stadt herumgefahren, die ich nicht kenne. Kein Platz, an dem man anhalten durfte und das Auto, in dem ich saß, ist langsam zerfallen. Der Morgen ist zu ruhig, kein Verkehr draussen, das Kind schläft noch, die Frau hat sich leise ins Bad gestohlen, es ist unnatürlich ruhig. Als ich das Kind in die Tagesstätte bringe, ist es immer noch nicht richtig hell geworden. Das Kind sieht gerne Hunde, aber auf dem Weg kommt uns ein grässlicher schwarzer Hund mit einem grimmigen Baseballkappenträger an der Leine entgegen, wo es selbst dem Kind das „Wauwau“ verschlägt. In unserem Haus wird eine Wohnung zwangsgeräumt. In der Wohnung hat ein Autor gewohnt und mein Fahrrad ist immer unter seinem Balkon angeschlossen. Ein Balkon, der noch nie benutzt wurde. Hinter den Fenstern des Balkonzimmers kann man Umzugskisten sehen, keine Einrichtung. Schon immer. Ich weiß nicht, ob der Mann geflüchtet ist, gekündigt wurde, oder tot ist, aber es schaut unangenehm aus, wie diese Arbeiter mechanisch einen LKW einräumen. Ich frage, ob der Kinderwagen im Flur den Umzug stört, weil man ja nicht zu den Leuten gehören will, die ihren Kinderwagen wie einen Gral vor die niederen Dinge des Alltags stellen, und wehe es rührt ihn jemand an. Andere Nachbarn im Haus würden Fehden veranstalten wegen ihrem Kinderwagen-Stellplatz. Das steckt in allen, nicht nur in Eltern, das unmenschliche Reviergehabe, aber man muss es unterdrücken, der Menschlichkeit zuliebe. Der Arbeiter wird leicht hysterisch und sagt, es handle sich um eine Räumung, keinen Umzug. Und der Wagen störe nicht. Mehr will ich ihn nicht fragen, mit so jemand will man sich auch nicht an einem sonnigen Tag unterhalten. In der Dusche denke ich darüber nach, was wäre, wenn man mich aus der Wohnung schmeissen würde, wenn ich die Miete nicht zahlen kann. Ich bin doch auch eine Art Autor. In der Folge von Boardwalk-Empire, die ich gerade sehe, sind die Leute vom Tod und Verlust gezeichnet, das ist das Thema, wenn man ehrlich ist. Jetzt fällt mir mein Großvater und die letzten Jahre ein, in denen er so krank und verbittert war. Eigentlich ein netter Mann, der Großvater, etwas misstrauisch, aber wer will der Kriegsgeneration das verdenken. Jetzt sitze ich am Schreibtisch und archiviere die Dunkelheit dieses Morgens mit diesem Text, hefte sie ab, und tatsächlich kommt kurz die Sonne heraus.