Ich hab Schlimmstes befürchtet, nachdem Darren Aronofsky das Regie-Handtuch geworfen hat, aber man kann sich das Ergebnis schon noch anschauen. Mangold erteilt dem teils hanebüchenen Skript eine kleine Noir-Lektion in den ersten zwei Dritteln des Films, die zwar recht erzwungen, aber immerhin mal was anderes ist, aber am Schluss bricht das Konstrukt unter einer Wagenladung schlechter Action-Clownereien zusammen und wir sind wieder da, wo wir zuletzt mit „X-Men Origins: Wolverine“ waren. Fazit: Für Claw-Hard-Logan-Fans eh ein Muss, alle anderen: Snikt it!
Monat: Juli 2013
Kurzkritik zu Pacific Rim
Das ist der neue „Starship Troopers“!
Kurzkritiken zu World War Z, John Dies at the End, Oz The Great And Powerful, Evil Dead, Stoker
World War Z:
Mit dem großartigen Buch von Max Brooks hat der Film nur den Titel und die Mauer um Jerusalem gemein. Sieht man davon und den rennenden(!) Zombies ab, bleibt eine blitzsaubere Tollwut-Apokalypse mit einigen guten bis sehr guten Einfällen und unaufdringlichen Protagonisten. Der einzige saudumme Monolog wird übrigens sofort mit Tod durch Schussligkeit bestraft. Das kann gerne Schule machen.
John Dies At The End:
Freakshowkino, das man so schnell nicht vergisst, aber auch so schnell nicht begreift. Ich habe immer geahnt, dass Soja-Sauce high macht. Allerdings nicht so high. Je mehr ich drüber nachdenke, desto mehr bewundere ich diesen Film. Mit Vollgas in die Absurdität. Bill and Ted’s Bogus Journey in kaputt.
Oz The Great And Powerful:
Irgendwie hat es der Film nicht eilig, er will auch nichts aussagen oder besonders tolle Spezialeffekte herzeigen. Aber gerade das Behäbige an dem Film, in dem eigentlich nichts passiert, außer dass der verrückte James Franco fast bis zum Ende unausstehlich sein darf, gefällt mir. Das ist zwar kein super Film, aber zumindest ein gemütlicher. Ausnahme der viereckige Vorspann, der ist grandios.
Evil Dead:
Ich hab das Display schräg gehalten, um die Szenen nicht in ihrer blutigen Breite sehen zu müssen. Was für ein Gore-Tsunami. Ansonsten gutes und respektvoll bierernstes Remake inklusive der eigensinnigen Hand aber minus Augenfrühstück. Und ja, ich bin jetzt zu alt oder eben wieder alt genug für solche Filme: Ich scheiß mir wieder in die Hosen vor Angst.
Stoker:
Ein bisschen schwachbrüstiges Filmchen, dafür dass Old-Boy-Regisseur und südkoreanisches Regie-Schwergewicht Park Chan-wook hier inszenziert. Schwermut und Schwulst beherrschen zwar in ansprechendsten Kameraeinstellungen die Leinwand und das tolle Ensemble probiert’s sogar mit gelegentlicher Selbstironie – zumindest interpretiere ich die Darstellungswut so – aber letztlich ist mir das alles zu CALL-0815-GOTHIC-NOVEL.
Fußball ohne Fußball: Trainingslager
Ich habe nichts zur Vorstellung von Pep Guardiola geschrieben, ich habe mich nicht zu den Testspielen, Gerüchten, Verletzungen und Scheinneuigkeiten aus dem Bayern-Camp geäußert, weil ich a) noch keine Lust hatte, mich mit dem neuen FC Bayern zu beschäftigen und stattdessen in wohligen Triple-Erinnerungen schwelgte und b) mir bisher nicht das geringste Bild vom Zustand der Mannschaft und ihrem Innenleben zusammenreimen konnte.
Das kann ich auch jetzt nur im grobkörnigsten Ansatz, aber genau wie man oft kurz vor dem Spiel in den Gesichtern der Spieler lesen kann, was gleich passiert, so kann man vielleicht anhand der Bilder, Interviews und der gerade abgeschlossenen Pressekonferenz vom Gardasee gewisse Stimmungen ableiten.
Die Lesereise II – Hamburg
Es gibt eine Zeit für viele Worte, aber irgendwann musst du auch pennen gehen.
(frei nach Homer aus der „Odyssee“)
26.03.2013 Hamburg, Molotow
Das Schöne an Lesungen in Hamburg ist, dass man mit dem Zug fast genau so schnell von Berlin aus da ist, als würde man mit der S-Bahn zum Flughafen SFX (ehemals BER) fahren. Nach einem Leberkäse (schauen Sie mich nicht so komisch an, das stand da auf der Karte) auf der Reeperbahn sitze ich auch schon das letzte Mal im Rahmen der Black-Mandel-Reise hinter meinem Pult und lese ein paar Stellen aus dem kommenden Mandel vor, der sich „Der große Mandel“ nennt und sich unter anderem mit einem Wanderzirkus-Milieu namens „Wrestling“ beschäftigt.
In der betreffenden Stelle geht es um Maria, die große unbekannte, oft erwähnte, aber nie auftauchende Freundin von Sigi Singer (deren Beziehung ist ja auch eine Art Ringkampf) und so erfährt Hamburg als erste Stadt der Welt, wie sich Sigi und Maria damals kennengelernt haben. Stichwort: Rundlauf.
Apropos Sigi Singer: Die Lesung in HH widme ich dem echten Sigi Singer, der in München gewohnt hat, und mir mal einen sehr humorigen Brief geschrieben hat, weil er es toll fand, dass jemand der so heißt wie er, der Protagonist eines Krimis ist. Das hat mich gerührt und ein bisschen mehr gerührt hat mich die Nachricht, dass der echte Sigi Singer vor kurzem gestorben ist.
Vom Sterben zum Heiraten: Als ich nach der Pause wieder zum Lesetisch zurückgehe, stolpere ich und lande ganz fürchterlich ungelenk auf den Knien zu Füßen einer jungen attraktiven und mir Gottseidank bekannten Dame. Lässig aus so einem Sturz heraus zu kommen, ist unmöglich. Moment mal, mir fällt was ein. „Willst du meine Frau werden?“, sage ich und sie sagt ja. Jetzt bin ich verlobt und hab mich gleichzeitig gut aus der Affäre gezogen. Was meine Frau dazu sagen wird, steht auf einem anderen Blatt.
Die weitere Lesung verläuft ohne Zwischenfälle sprich weiteren Heiratsschwindel, aber so ganz stimmt das auch nicht. Ein unfassbar betrunkener und überwiegend fremdsprachiger Mann namens Christof (echter Name der Redaktion entfallen) setzt sich in die zweite Reihe und kommentiert jeden zweiten meiner Sätze. Das „Sicherheitspersonal“ vom Molotov würde ihn gerne entfernen, aber das Publikum und ich geben ihm eine faire Chance, wenn er die Schnauze hält. Und noch eine. Und noch eine. Und noch eine. Dann mache ich es wie bei meinem Sohn: Ich gehe direkt von verständnisvoll zu ungnädig über und schmeiße ihn gleich selbst hinaus. Christof ist das egal, analog zu meinem Sohn.
Nach der Lesung sitze ich im Molotov herum, weil ich noch nicht ins Bett will. Das ist das Schöne auf Lesereisen: das hinterbliebene Publikum hat mich anderthalb Stunden kennenlernen können, ich muss mich nicht mehr vorstellen, erklären oder krampfhaft Gesprächsstoff finden, wenn ich mich zu fremden Leuten setze und mit ihnen etwas trinke. Das ist meistens eine tolle Erfahrung und man fragt sich, warum man das in seiner eigenen Stadt nie macht. Irgendwann fordert der Jameson aber seinen Tribut und damit meine ich nicht nur den Jameson von Hamburg. Auf der nächsten Lesereise werde ich nicht mehr soviel Jameson trinken, sage ich mir, bevor ich ins Bett gehe. Bushmills ist ja auch nicht verkehrt.
PS: Wir sehen uns bald wieder HH, vielleicht schon zum Reeperbahnfestival. Den gesamten „Tourbericht“ kann man unter diesem Link nachvollziehen.