Kurzkritik zu American Hustle, Monuments Men, Wolf Of Wall Street

AMERICAN HUSTLE
Mutig, einen charakterstudierenden Gangsterfilm so albern zu beginnen. Mit der Toupet-Szene deklassiert man Christian Bales Irving Rosenfeld gleich zu Anfang zur vollkommenen Witzfigur, aber er baut sich selbst innerhalb von nur zehn Minuten zum absoluten Leinwandgiganten wieder auf. Den Rest des Films ist er samt Comb-Over und Bierranzen die coolste Sau der 70er und hat mit Amy Adams eine unter Dauerclose-up-Beschuss stehende Edelschnake an seiner Seite (obwohl oder gerade weil sie mich an die junge Gisela Schneeberger erinnert), die sich noch dazu mit Jennifer Lawrence um ihn streitet. Die wiederum eine Abendessenszene hat, die alleine einen Oskar rechtfertigt und bei der ich mich gefragt habe, ob es eine natürlichere Inszenierung eines Restaurantbesuchs gibt als diese, und das in diesem zutiefst skurrilen Film. Die deutschen Filmemacher kriegen sowas nur hin, wenn (landestypisch) beim Abendessen geschwiegen wird. Aber vielleicht ist das ja der Grund, warum wir Deutschen keine guten Dialoge schreiben können, weil wir nicht viel und nicht gut reden. American Hustle ist auch dein Film, wenn du Bradley Cooper hasst, schließlich gibt er jede Minute Gelegenheit dazu, was man ihm in der Frequenz hoch anrechnen muss. Das und seine Miniaturkorkenzieherlocken. Hoch anrechnen muss man Louis CK nichts mehr, denn der Mann ist längst der weltbeste lakonische Darsteller. Wie er traurig, defensiv und unglaublich genervt unter einen Hut bringt, ist so vielschichtig wie stringent. Noch stringenter ist, dass er das tut, was genervte Filmcharaktere sonst nie machen – er geht einfach. Was bei David O. Russell bisher nie so ganz funktioniert hat, ist Story, Rhythmus und Figuren auf ein gleichhohes Niveau zu bringen und sie dort zu halten. Hier sieht das noch dazu ziemlich mühelos aus.

MONUMENTS MEN
Das hätte so gut sein können. Und ich meine Indiana-Jones-gut. Leider hat jemand den Spannungsbogen vergessen und das Ensemble spielt das Drehbuch entsprechend auf der linken (der abgesesseneren) Arschbacke herunter. Schade um die Kunst. Da hat man sich offensichtlich nicht zwischen pathosbejahendem Abenteuerfilm und der historischen Vorlage entscheiden können – und historische Vorlagen halten sich nun mal nicht an Spannungsbögen für Kinofilme.

WOLF OF WALL STREET
Die erste Stunde ist wie ein überlanger und äußerst gelungener Wall-Street-Sketch mit grässlich guten Mimen. Darunter mal wieder der allgegenwärtige und derzeit alles an die Wand spielende Matthew McConaughey. Dann (ohne McConaughey) verliert der Film seinen Rhythmus, findet ihn aber wieder und verliert ihn am Ende vollends. Sex, Drugs und Stock’n’Roll droht zur Endlosschleife zu werden, selbst die Ermittlungen gegen Jordan Belfort dümpeln vor sich hin. Am Ende schleicht sich sogar noch eine Art Ernsthaftigkeit ein. Dass der Film keine Moral und keinen Spannungsbogen hat, dass er quasi nur für Di Caprio existiert, will ich ihm nicht zum Vorwurf machen, im Gegenteil. Er ist nur einfach zu lang, es fehlt ein wenig die Präzision, aber vielleicht ist die in Raserei auswachsende sich ständig wiederholende Dekadenzdarstellung im Film auch das meditative Element. Der echte Jordan Belfort hat sich garantiert totgelacht, als er die Glorifizierung seines ekligen Lebenswandels im Kino gesehen hat (wobei er sicher auch bei jeder Tantiemenabrechnung für seine Autobiografie nicht wenig lachen muss), und während einige Kritiker Scorsese eine unkritische Haltung unterstellen, ist gerade die Nichtwertung von Belforts Biografie eine sehr moderne Herangehensweise. 2014 weiß der Mensch, was sich gehört und was nicht, bei allem Egoismus und Negativismus zeigt das der große Konsens zum Bankenwesen, Homosexualität, Gleichberechtigung und Markus Lanz. Bonuspunkte für Shea Wighams (auch in American Hustle, True Detective, Boardwalk Empire) kurzen Auftritt als subtilen Leugner einer sich abzeichnenden Seenot.

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2005 remastered

Jetzt hab ich endlich das komplette erste Jahr auf burnster.de überarbeitet, alte Links, überholte Veranstaltungstipps, peinliche Texte (weil ich es kann) und alberne Audience-Participation-Beiträge rausgeschmissen und das Dagebliebene teilweise orthographisch und syntaktisch grade gerückt. Aber keine Angst, ich war nicht allzu streng mit mir, es ergibt immer noch ein geschlossenes Bild meiner Blödheit vor 9 Jahren.

April 2005
Mai 2005
Juni 2005
Juli 2005
August 2005
September 2005
Oktober 2005
November 2005
Dezember 2005

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Das falsche Tagebuch: 17. Februar 2014

Mich stört die Berlinale nicht. Abgesehen davon, dass ich zwei Wochen nicht ins Cinestar kann (wo die Filme im Original laufen), und sich kein Berliner Kinobetreiber des neuen Poltfilms erbarmt, stört mich die Berlinale nicht. Ich muss nicht hin, ich muss aber auch nicht weg. Ich warte, bis mich jemand auf eine Premiere oder eine Party einlädt, aber wenn das nicht passiert, sitz ich freiwillig weiter zuhause und spiele Mark-Knopfler-Licks der ersten Dire-Straits-Platte auf meiner weißen Fender Strat mit den Fingern nach (bester Song, bestes Riff: Down To The Waterline) oder lese in meiner Tommy-Iommi-Biografie, wie die Band einst ihren Schlagzeuger Bill Ward mit Goldfarbe eingesprüht und mit Klarlack fixiert hat. Offensichtlich hatte die Band bis dahin nie „Goldfinger“ samt Shirley Eatons glänzender (!) Darstellung gesehen, sonst hätte sie gewusst, dass man so Leute umbringt. Auf jeden Fall wäre Bill Ward beinahe erstickt, denn der Mensch atmet nicht nur durch den Mund – was ich nur deshalb aufschreibe, weil es so malerisch klingt.

Zurück zur Berlinale: Manchmal warte ich jahrelang auf eine Einladung, dieses Jahr war ich bei einem Film und gleich zwei Parties. Die Höflichkeit verbietet es, über Festivitäten zu schimpfen, die einen umsonst mit Mousse Au Chocalat (mit Knusperteig im Innern) und Whiskey-Ginger-Ale ausstatten, aber wie so viele Veranstaltungen nach Veranstaltungen (sprich: Aftershow-Parties) ist das oft nur ein schwaches Nachglühen von Glamour, falls da vorher einer gewesen sein sollte. Schlechte Musik, alte Männer und geschmacklos gekleidete Frauen in schwarzlackierten Bars. Der Berliner Filmschick erinnert mich an eine Mischung aus Kunstpark Ost und den falschen Gourmet-Restaurants, in denen meine Eltern in den Neunzigern ihre Abende verbracht haben – die so Namen trugen wie La Mirage etc. Andererseits bin ich beinahe im Alter meiner Eltern in den Neunziger Jahren.

Ich schreibe ein Lied auf Deutsch, was mir sehr schwer fällt. Aber eine gute Zeile hab ich: „Ich werd die Hunde des Krieges ableinen.“

Lesereise 2014

Tournee, Tournee wir fahren auf Tournee! Am 14. April erscheint der dritte und finale Band der Mandel-Trilogie „Der große Mandel“ bei Heyne Hardcore und ab da geht’s immersiv rein in die Republik. Hier die ersten feststehenden Termine.

14.03.2014 Leipzig, Wärmehalle-Süd mit Linus Volkmann
14.04.2014 Hamburg, Superbude
15.04.2014 Berlin, Kaffee Burger, Buchpremiere
(mit Markus Kavka und Gästen)
22.04.2014 Nürnberg, Weinerei
23.04.2014 Regensburg, Alte Filmbühne
24.04.2014 München, Unter Deck
29.05.2014 Köln, King Georg
30.05.2014 Düsseldorf, Brause
31.05.2014 Mainz, Bukafski

Tourplakat2014_entwurf

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Das falsche Tagebuch: 11. Februar 2014

Merde. Wenn man ab Oktober rechnet, war ich etwa genau die Hälfte der Zeit bis jetzt grippal. Vollständige Gesundheit ist im Winter überhaupt ein rares Gut geworden, seit von allen Seiten Kinderviren auf einen einhageln. Nicht dass ich in früheren Wintern gesünder gewesen wäre, aber das war quid pro quo: saufen wie ein Loch, ausfiebern, weitersaufen wie ein Loch. Immerhin trinke ich seit ein, zwei Jahren beinahe nur noch Whiskey und dann sogar fast ausschließlich Jameson. Ja, ich denke, das ist gesünder und hält schlanker als Bier. Ja, ich denke das wirklich. Und wenn jetzt wieder die Leier vom echten torfigen schottischen Singlemalt losgeht, dann patz ich Ihnen eine. Einfach so mitten ins Gesicht. Mit derselben kalten Verachtung, wie mich so mancher Berliner „Barmann“ (..und Anführungszeichen sind noch euphemistisch) anschaut, wenn ich einen irischen Whiskey mit Eiswürfen bestelle. Ich habe lange in einer Bar gearbeitet (allerdings in einer Dienstleistungsgesellschaft, sprich in Bayern) und da galt die Maxime: Der verdammte Kunde ist der verdammte König, außer er will ein Bananenweizen.

Kontextbefreite Anmerkung: Warum sind viele dieser neuen Büro- und Funktionalgebäude in Berlin schwarz oder dunkelgrau? Wer will an einem Montagmorgen ein schwarzes Gebäude mit der Aussicht betreten, den Löwenanteil seines Februars dort zu verbringen?

Kurzkritik zu Blue Jasmine

Ich weiß nicht so recht, was ich zu dem Film sagen soll. Berührt hat er mich nicht, gefallen hat er mir schon. Die Biografie der Blanchett-Figur ist ziemlich stereotyp (aber toll mit dem elitärranzigen Alec Baldwin ausgestattet), aber wie sie die Figur mit Leben (und Stoli) befüllt, ist ja die eigentliche Hauptattraktion. Sie spielt immer hart an der Grenze zur Farce oder Parodie aber durch den Zoll geht sie nicht. Sie bleibt eine echte Figur, wenn man mir das Paradoxon durchgehen lässt. Man kann sich noch über die sehr amüsanten Nebenrollen von Louis CK und Michael Stuhlbarg freuen, und wenn man eh schon bei Boardwalk Empire ist, über das Temperament von Bobby Cannavale, aber ansonsten ist das ein Cate-Blanchett-Fahrzeug mit 300 PS.

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