20. Stage Coach
(1939, R: John Ford, mit John Wayne)
Handlung:
Eine Postkutsche fährt durch den Wilden Westen. John Wayne steigt zu.
Kurzkritik:
Ich kann nur die Blu-Ray-Fassung beurteilen, aber die ist gestochen scharf und besitzt einen glasklaren Ton, wie man das als Verbraucher in den Kommentaren von Amazon immer so schön anmetaphert. Anmetaphern kann auch John Ford wie kein anderer und schon 1939 filmt er den Alten Westen so prädominant, als gäbe es nur den Westen auf der Welt. Klar, das ist ein Ensemblefilm, in dem John Wayne nicht die erste Geige spielt, aber vielleicht überrascht er Ford gerade deshalb mit einem bisher nicht erahnten Schauspieltalent, das ihm seine weitere Karriere mit diesem Regisseur ebnet. Die restlichen Charaktere sind überdreht und theaterhaft, aber Ford findet eine Mischung aus superpointierten und geerdeten Dialogen, die die eher absurde Handlung glaubwürdig wirken lassen und die gute alte Abenteuerfilmprämisse in die Tat umsetzen: Man guckt nie nur zu, man reist mit. In der Postkutsche in diesem Fall.
Zitat:
Well, I guess you can’t break out of prison and into society in the same week.
19. The Man Who Shot Liberty Valance
(1962, R: John Ford, mit John Wayne, James Stewart)
Handlung:
Der ehrwürdige Richter Ranse Stoddard erzählt in einer Rückblende, wie er als Jungjustiziar in das Kaff Shinbone reist und als erste Amtshandlung von dem Rockstarbanditen Liberty Valance (grandios: Lee Marvin) ausgeraubt wird. Weil er ein Sturkopf ist, lässt er sich aber nicht vergraulen und arbeitet sich vom sprichwörtlichen Tellerwäscher hoch zum Gesetzesvertreter, unterstützt vom langsam faltenwerfenden Haudegen Tom Doniphon (Wayne), was ihm auch eine Dreiecksromanze mit seiner zukünftigen Frau Hallie einhandelt. Ungemütlich wird’s, als Liberty Valance sich nicht freiwillig aus dem Ort vertreiben lässt.
Kurzkritik:
Ich bin ehrlich und sage, mir war der Film anfangs zu komödienhaft, zu sehr Schauspiel. In den Küchenszenen am Anfang hat er beinahe Sitcom-Charakter. Aber zum einen macht das seinen Reiz aus, man ist den Schauspielern ganz nah wie in einem Bühnenstück, zum anderen wird der Film ab der Hälfte deutlich ernster und bedrohlicher. Lee Marvins Valance ist mit Sicherheit einer der besten Anti-Revolverhelden der Filmgeschichte zusammen mit Fondas Frank und Jack Palances Jack Wilson in Shane. Auch ganz unglaublich tragikomisch bereichernd: der dauerbesoffene Verleger Dutton Peabody (Edmond O’Brien). Wie so viele Western aus den 60ern auch hier ein Abgesang auf die Pionierzeit, aber mit der Einsicht, dass eine Neuordnung und Verstaatlichung des Westens ein notwendiger, wenn auch schmerzhafter Schritt in die Freiheit ist. Ich mag Stewart als kauzig rechtschaffenden und um jeden Preis rechthabenden Schlacks lieber als den verbitterten Pistolero aus Anthony-Mann-Filmen wie Naked Spur oder Winchester 73. Neben dem in Zeiten von Fake-News noch viel legendärerem Zitat „When the legend becomes fact, print the legend.“ hier der zweitbeste Dialog:
Zitat:
Floyd: It’s Liberty! He – he’s hurt!
Doc Willoughby: Whiskey, quick.
Doc Willoughby: [takes a drink, turns Valances body over with his foot] Dead.
[walks off]
18. Tombstone
(1993, R: George P. Cosmatos, mit Val Kilmer, Kurt Russell)
Handlung:
Notwendiges 90er-Jahre-Update für den Wyatt-Earp-Mythos, nachdem der Costner-Film so ein Schnarchzäpfchen war. Es ist also wie immer: Wyatt Earp und Sippe kommen nach Tombstone und stellen sich Seite an Seite mit dem drogenzerpfiffenen und kurz vorm Exitus stehenden Doc Holliday einer Band von Superschurken namens „The Cowboys“.
Kurzkritik:
Von allen hier aufgeführten Western vielleicht der kurzweiligste und ballerigste, und wahrscheinlich auch der plakativste. Das macht aber gar nichts, denn das ist alles so wundervoll auf die Zwölf getextet, ausgestattet und mit den perfekten Schauspielern versehen. Earp (Russell) ist kein charmanter Anpirscher, sondern eine knallharte Killing Machine mit dezidierten Interessen wie Ehebruch, Geld und Rache. Auch grandios sind Michael Biehn und Powers Boothe als irrsinnig charismatische Gegenspieler und Bill Paxton und Sam Elliot als die stoisch garstigen restlichen Earps. Die eigentliche Schau aber stiehlt Val Kilmer. Ich wage zu behaupten, das ist die beste Rolle seines Lebens, das was Heath Ledger mit dem Joker geschafft hat, die Komplettaufgehung in einer Figur. Als drogensüchtiger, dauerbesoffener, besserwisserischer Fin-De-Siecle-Zyniker keucht sein Doc Holliday aus dem letzten Loch, aber das mit einer Hingabe, das man sich wünscht, der Film ginge nie zu Ende. Zudem der Western mit den besten Schnurrbärten.
Zitat:
Forgive me if I don’t shake hands. (Doc Holliday)
17. The Assassination Of Jesse James By The Coward Robert Ford
(2007, R: Andrew Dominik, mit Brad Pitt, Casey Affleck)
Handlung:
In den letzten Tagen der James-Gang tut sich Jesse u.a. mit dem nervösen und minderwertigkeitskomplexbehaftenen Frischling Robert Ford zusammen. Während James nicht zu Unrecht immer paranoider gegenüber seinen Weggefährten wird, plant der Kollege Ford schon den Mord, der ihm zur Folklore verhelfen soll.
Kurzkritik:
Ein bisschen bleiern und schwerfällig, aber das muss so sein. Das hier ist einer der dystopischsten Western aller Zeiten, aber mit Bildern die man nicht mehr vergisst, was auch an der unfassbar guten, penetrant unheilschwangeren Untermalung von Nick Cave und Warren Ellis liegt. Brad Pitt als angstzerfressener Tyrann und charismatischer Leader ergänzt sich dermaßen gut mit dem fickrigen Affleck, dass man manchmal vergisst, dass die beiden gelernte Texte aufsagen. Plus: der Erzähler wirkt Wunder. Bester Spätwestern neben The Proposition und 10:15 To Yuma. Kannste Tarantinos Django, die H8ful 8 und den True Grit der Coens vergessen.
Zitat:
As for me being a gunslinger, I’ve just got this one granddaddy Paterson Colt and a borrowed belt to stick it in. But I also got an appetite for greater things. (Robert Ford)
16. El Dorado
(1966, R: Howard Hawks, mit John Wayne & Robert Mitchum)
Handlung:
Der bandscheibengeschädigte Revolvermann Cole Thornton (Wayne) erschießt versehentlich einen Famerssohn, dessen Familie von einem Rinderbaron molestiert wird. Aus Reue und Gerechtigkeitssinn schlägt er sich aber bald auf die Seite der Farmer und tritt mit dem nassforschen Kumpel Mississippi und seinem Alkoholiker-Schulfreund Harrah (Mitchum) gegen die Schurken an und wartet im Kaff El Dorado auf den fukkin Showdown.
Kritik:
An dieser Stelle könnte auch genauso Rio Bravo stehen, quasi das Original zu El Dorado mit Wayne, Rickie Nelson und Dean Martin. Ich hab mich für das Remake entschieden, weil ich das Gecroone von Martin und Nelson in Rio Bravo zu albern finde und Mitchum einfach ein besserer Trinker als Martin ist, wobei mich das echte Leben da Lügen straft. El Dorado ist auch ein wenig komplexer und ernster als Rio Bravo (das wiederum eine heroischere Version von High Noon sein will), zumindest am Anfang. Sobald die alten Herren dann gemeinsam durch die Staubstraße hinken, ist das schon kein Augenzwinkern mehr, sondern reinste Kömodie. Trotzdem ein würdiger Abschied für Western der alten Hawks-Machart, kurz bevor Hollywood anfängt, sich selbst zu hinterfragen.
Zitat:
I’m lookin‘ at a tin star with a… drunk pinned on it.