Neige dich wenn du kannst
über das verdunkelte Meer
und vergiß den Flötenton
über den nackten Füßen
die deinen Schlaf zertraten
in dem anderen
dem versunkenen Leben
(Giorgos Seferis – Santorin)
Die Fäule in mir kommt kommt von dem verrotteten Herz. Ganz schwarz bin ich innen drin und ganz schwarz werde ich auch außen bald werden. Egal was ich tue, egal welchen Erfolg ich verzeichnen kann, egal welches Ziel ich erreiche, das Herz wird von Tag zu Tag noch ein bisschen schwärzer, ein bisschen fauliger, ein bisschen defunktionaler. Ich habe versucht, das Glück zu halten, es auszuweiden und bis auf die kleinste Faser auszukosten. Am Ende bleibe ich hungrig und verrückt nach mehr. Am Ende ist der Verfall nicht aufzuhalten und am Ende steht der Verfall. Von unten aus der schwarzen Blutfabrik steigt ein verdorbener Dampf hinauf in meinen Mund und mein Atem ist der eines Sterbenden. Mein Kuss ist der eines Todgeweihten und ich nehme noch ein paar von euch Sanften, euch Leichtgläubigen, euch depressiven Feiglingen mit ins Grab.
In dem versunken Leben waren wir eins. Wir reichten uns die Hände und überquerten die Nächte bis wir am Rande des Sommers angelangt waren und auf die Stadt hinunter blickten wie sie zugrunde ging und uns endlich zu Füßen lag. In dem versunkenen Leben waren wie die Hüter hinter den Fenstern, die Seelen hinter den Drinks, die Bewahrer der antiken Trümmer. Ganze Inseln versanken in Asche und Rost, doch wir hielten das Leben instand. In den versunkenen Tagen konnten wir bis auf den Grund tauchen und uns dort holen, was wir brauchten. Wir trieben die Ungläubigen aus der Stadt und ließen die Mädchen hier bei uns bleiben, wollten alles und erreichten doch mehr als genug. Du konntest deine Hände nicht im Wagen behalten und ich meine Zunge nicht in Zaum und wir zerstreuten uns in alle Herbstwinde und es half alles nichts, mein Geschwür breitete sich aus und unser Leben versank am Ende des Sommers in eine Grube, die kein Sonnenlicht mehr sehen würde, solange wir leben. In dem versunkenen Leben waren wir eins.
Es ist egal, was ich tue. Es ist egal, was ich sage. Der Fäulnis, die mich umgibt, ist nicht mehr beizukommen und der Tod hat sich fest eingenistet in diesem Körper voll mit schwarzem Öl. Schwer fallen mir die Bewegungen und was ihr als Unnahbarkeit oder Arroganz wertet, ist letztlich nur eine tödliche Trägheit, die es mir längst nicht mehr erlaubt, behende auf die Menschen, die ich einst liebte, zuzugehen. Verflucht ist diese Gestalt, die nachts am Spreeufer steht und die Lichter der Museumsinsel in ihren Augen trägt. Mürbe bin ich geworden. Mürbe und müde vom langen Kampf gegen die Krankheit. Schlafen will ich, nur noch schlafen. Mein verrottetes Herz in ein weiches Bett tragen, es in die Kissen versenken, mich endlich von ihm zu trennen und dann schlafen, nichts als schlafen.