Spieltag 2: Herr, wirf Heimsiege vom Himmel
Der Himmel funkt wieder. Dank der richtigen Smart Card im dritten Anlauf und keine Sekunde zu früh schaltete sich der Receiver am Freitag ein, um einen furiosen zweiten Spieltag ins Brennersche Wohnzimmer zu senden. Und gut, dass ich mich von dem Bayernspiel nicht entmutigen lassen habe, den Samstag und den Sonntag mitzunehmen, es wäre ein Versäumnis höchst sträflicher Natur gewesen.
Aber von vorne: Bayern auf dem Betzenberg, wo man früher die Punkte am liebsten mit der Post hingeschickt hätte – man kann Paul Breitner nicht oft genug zitieren, nach diesem Freitag. Denn die roten Teufel hatten für die Bayern ein wahrhaft diabolisches Süppchen gekocht und in einem wahren Hexenkessel serviert. So, und nach der Fabulierkunst will ich einen Reportervertrag bei Sat 1 haben. Aber Höllenmetapher bei Seite: die Lauterer konnten irgendwann Mitte der zweiten Halbzeit 2 Torschüsse verbuchen, die Bayern dagegen 18. Jetzt muss man aber dazu sagen, dass es zu diesem Zeitpunkt schon 2:0 für den FCK stand. Mehr Leidenschaft und Zielstrebigkeit im Abschluss haben in diesem Fall gereicht um eine an sich haushoch überlegene Bayernelf auszustechen. Das wird nicht immer funktionieren in dieser Saison, aber war nicht unverdient. Man merkt, dass die VG-Fußballer (nicht Verwertungsgesellschafft, sondern Van Gaal) zwar immer noch das Spielsystem verinnerlicht haben, aber sich nicht mehr erinnern konnten wozu es gut war. Kleiner Tipp: Spiele gewinnen.
Das große Spaßspiel am Samstag war natürlich Wolfsburg gegen Mainz. Diego (der X-Stecher von X-Factor-Transe Sarah Connor) ist zurück in Deutschland, aber nicht in Bremen, sondern bei den Wölfen. Grünes Trikot, langweilige Stadt, da kann man sich schon mal vertun. Der Pubprolo McClaren und sein dauerverängstigt dreinsehender Adlatuts Litti hatten die ihren auf Angriffsfußball für die Galerie eingestellt und das machte sich zunächst dank Dzeko und Diego so dermaßen bezahlt, dass eine Drei zu Null-Führung dabei herausdrückte. Puh, das waren einen Haufen „D“s. D(!)ummerweise hatten die meisten Wolfsburger verdrängt, dass Mainz so ziemlich die unbeugsamste Truppe unter den Oberliga-Underdogs ist und sich ganz und gar nicht von dem geifernden Wolfsrudel beeindrucken ließ. So drehte die Tuchel-Truppe kurzerhand den Rückstand in einen 4:3-Sieg und trotz einer guten Leistung der Wolfsburger, tut es jetzt sicher weh, dass Friedrich noch ein paar Wochen länger ausfällt und man Misimovic zu Galatasaray gehen lässt. Noch weher hat mir allerdings folgende Bemerkung auf Spiegel Online getan: „Tuchel sieht mit seinem strengen Seitenscheitel und dem Bartflaum zwar immer so aus wie einer aus dem Bohemien-Milieu in Berlin-Prenzlauer Berg, aber er fühlt sich wohl in der Rolle des Unterschätzten.“
Der größte Trost für die Bayernniederlage kam mal wieder aus Gelsenkirchen. Ausgerechnet gegen die Wurschtltruppe von Slomka (=Hannover) musste sich die Schalker Abwehr ergeben und das sogar noch vollkommen verdient. Jetzt rächen sich die erneut radikalen Umbaumaßnahmen Magaths und der Verkauf der gesamten Erfolgsabwehr der vergangenen Saison.
Die Hamburger bastelten anfangs ein bisschen herum an ihrem Spiel, aber die zweite Hälfte brachte die Wendung gegen solide spielende Frankfurter und zeigte ausgelassenen Fußball, der in der Theorie am Ende der Saison zu einem Titel führen könnte. Genauso war das leider auch letztes Jahr und etliche andere Jahre, in denen man beschloss, nach dem ersten Saisondrittel einfach nicht mehr so gut zu spielen, sonst hätte man ja am Ende auch nicht den Trainer feuern können und die bundesligainterne Rangliste an konstantestem Trainerverschleiß der letzten 7 Jahre anführen.
Die anderen Hamburger zeigten sich von ihrer besten Seite (wenn man von den Trikots mal absieht, ich muss es einfach nochmal sagen), aber Hoffenheim scheint seine Abgebrühtheit wiederzufinden, die ihnen die Bayern im Winter nach dem Aufstieg im letzten Spiel der Hinrunde mit Hilfe eines ihrer berühmten Last-Minute-Siege aus den Knochen geschossen hatten. Ende 2008. Ich erinnere mich noch an ein verbissenes Duell, nach dem die Hoffenheimer nie mehr sie selbst waren.
Am Sonntag dann noch ein Reisser von der Coleur Wolfsburg/Mainz und wieder eine spektakuläre und völlig unerwartete Heimniederlage für einen Spitzenverein. In Gladbach hatte wohl jemand unter der Woche ein Supersoldier-Serum erfunden und den Spielern dort verabreicht, allen voran Idrissou und Marco Reus. Wie die stellenweise das Star-Ensemble aus Leverkusen enthaupteten, war Comicbuch-reif. Leverkusen gab sich nicht auf, das musste man ihnen lassen und die Desorganisation war auch bei aller Liebe zur Häme nicht an Ballack festzumachen, aber der Gegner war an jenem Sonntag nicht nur Gladbach, sondern einfach übermächtig.
Auch Stuttgart 21 (wie der Verein sich jetzt nennt, um das Image des Tiefbahnhofs aufzupolieren) geriet am Sonntag unter die Abrissbirne des BVB und gehört mit Schalke jetzt zu den drei Vereinen, bei denen ich am dringensten noch Handlunsgbedarf auf dem Transfermarkt sehe. Da fehlt noch ein dritter Verein, ich weiß. Und zwar … (Spannungswirbel) ….der FC Bayern. Robben fällt die ganze Hinrunde aus, heisst es. Schlägt man jetzt mal nach, wie und ab wann in der letzten Saison am meisten Bewegung in das Offensivspiel der Bayern gekommen ist, war es nicht der Abgang von Luca Toni, sondern die stabilisierte Gesundheit von Robben nach der Hinrunde. Bayern braucht neben einem Demichelis-Ersatz auch noch einen offensiven Mittelfeldspieler, sag ich. Dafür kann dann auch Gomez gehen, dessen langes Elend ich bei aller grundsätzlichen Sympathie nicht mehr sehen kann.
Und ich kann viel sehen. Jetzt, wo ich das Bundesligapaket von Sky habe.