Dass ich nach dem gestrigen Halbfinale im Camp Nou keine Angst mehr habe, ist natürlich gelogen. Denn jeder weiß, dass es nur Sekunden und marginalste Umstände braucht, um das Gefüge aus Raum, Zeit und Fußballgerechtigkeit aus den Angeln zu heben. Es kann daran liegen, dass Manuel Neuer im entscheidenden Moment an ein Magnum Mandel denkt, Jerome Boateng mit der Tochter des zuständigen Schiedsrichters geschlafen hat, eine Flitzerin im schwarzen BH das entscheidende Abseits aufhebt oder Uli Hoeneß noch einen letzten Elfmeter verwandeln will bevor er ins Gefängnis geht, kurz: es gibt jede Menge Wurst-Käs-Szenarien, in denen Bayern das Wembley-Spiel gegen den BVB verschaukelt und Dortmund damit für mindestens ein Jahr die größte und beste Mannschaft ist, die der deutsche Fußball je gesehen hat. In drei Monaten wird auch keiner mehr wissen, wer eigentlich Meister geworden ist, aber man wird wissen, wann der VfB das letzte Mal den DFB-Pokal gewonnen hat.
Und dennoch ist meine Angst weniger geworden, denn die Selbstsicherheit und Spielintelligenz „meiner“ Roten lässt mich gerade vor Freude erschauern. Manchmal sitze ich vor dem Fernseher wie vor einem Bild im Museum und frage mich, wie der Künstler diese Harmonie erschaffen konnte. Sollte also wirklich alles mit rechten Dingen zugehen und die Bayern den Überhenkel nach München holen, muss man davon ausgehen, dass ein zukünftiger Trainer (und ich habe so eine leise Ahnung, wer das ab Juli sein könnte) sämtlichen Trainingseinheiten möglichst fern bleibt, damit die Mannschaft um Gottes Willen genau so weiterspielt wie bisher.