Ich kann kaum glauben, dass heute ein neuer Tag anbrechen konnte, an dem die Sonne scheint und es Kaffee und Brötchen zum Frühstück gibt. Dass es überhaupt noch so etwas wie Alltag und Normalität geben kann nach der gestrigen Nacht. Was hat er gestern nur wieder angestellt, der Depp, fragt ihr euch vielleicht. Hat er endlich mit Heike Makatsch geknutscht? Hat er das Bode-Museum angezündet oder haben ihn Außerirdische entführt um herauszufinden, wie ein einziger Mensch nur soviel hochprozentigen Alkohol in sich speichern kann? Nein, nichts dergleichen. Also zumindest nichts, was euch was angeht.
Es war viel schrecklicher. Ich habe einen Teil meiner Famile verloren. Bevor ihr jetzt aber vor Schreck Blut hustet, kläre ich auf: Ich habe mir gestern die letzte Folge der fünften Staffel von Six Feet Under angesehen und damit auch die Familiensaga beendet. Dass die meschuggen Fishers jetzt nicht mehr Teil meines Alltags sind, ist ja schlimm genug. Wie dann aber der Zuseher in der extralangen Episode unter der Regie von SFU-Schöpfer Alan Ball dramaturgisch und dialogisch gequält wird, gleicht meiner Vorstellung eines emotionalen Guantanamo Bay. Jemand den Abschied einfach machen, geht ganz anders. Aber nach den verlust- und tränenreichen vorhergehenden 62 Episoden, in dem einem wirklich gar nichts an menschlichem Abgrund erspart geblieben ist, hatte ich eigentlich sowieso kein Kinder-Pingui-Ende erwartet. Keine Sorge, ich verrate nicht wie es ausgeht, falls es jemand noch nicht gesehen haben sollte. Nur soviel: Selbst hier am Nordstrand wurden ein paar Tränen vergossen.
Und jetzt sitze ich hier und kann es kaum fassen, dass das meine letzte Zusammenkunft mit den Fishers gewesen sein soll. Denn nochmal tue ich mir den ganzen Wahnsinn nicht an. Meine DVD-Boxen wandern direkt an einen guten Freund, der noch an die Strahlkraft des Lebens glaubt und den Tod tapfer verneint. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja einen Kinofilm. Bis dahin gilt „Everyone’s Waiting“ und Rest In Peace, my bittersweet Lindenstraße Of Death.