Jetzt ist ja schon wieder ein neues Jahr.
Und schon wieder ist ein Künstler tot und alle regen sich künstlich auf. Na ja, obwohl. Die Betroffenheit ist vielleicht schon echt, aber ich fürchte, viele meiner Facebookfreunde fürchten mit jedem Ableben eines „Idols“ ihr kommendes eigenes. Erst sterben deine Eltern, dann deine Popstars, dann du. Mir kommt das in manchen Fällen aber reichlich bauerntheatralisch vor. Selbst bei den Kondolenz-Postings wollen sie Leute sich noch an Originalität übertreffen. Irgendwann fürchte ich, explodiert das Internet vor Eitelkeit. Zuerst das Internet und dann die Welt.
Die Silvesternacht von Köln hat neben schlimmstem Opportunismus, Sexismus und Rassismus erneut eine der ekligsten menschlichen Eigenschaften zu Tage gefördert: Die Rechthaberei. Die Fazitsüchtigen und Resolutions-Addicts regnen ihre Credos, Weltansichten und gefärbten Fakten herab, dass man ersäuft in falschen Argumenten. Der Focus (die bunte Illustrierte) sagt: selber schuld, wenn du Rassismus auf unserem Cover siehst. Augstein Jr. lapidarisiert von grabschenden Ausländer, die den „Firnis“ unserer Gesellschaft einreissen und Mattias Sammer will einfach gar nix mehr dazu sagen, dass die Bayern in Doha trainieren. Als ob der Rest dann unser Bier wär.
Bei der durchaus zu Tode betrübenden Netflix-Dokureihe „Making A Murderer“ sagt der Anwalt von Steven Avery irgendwann, das Problem des amerikanischen Gerichtssystems sei einfach die mangelnde Demut. Jeder geht davon aus, dass er unbedingt Recht (sic!) hat.
Und jetzt doch noch was zu Bowie und Lemmy. Ich fand beide gut und jeden auf seine Weise bewundernswert, hab aber beide kaum gehört und fehlen tun sie mir auch nicht so arg – es gibt ja zig Platten und Videos von denen, falls sie mir überraschenderweise doch irgendwann mal fehlen sollten. Vielleicht bin ich ein kalter Hund geworden, denn als Lennon starb, saß ich mit meinen Eltern am Tisch, das Radio sagte den Mord durch und ich habe geweint. Dann wiederum war ich sechs und die Beatles meine erste Lieblingsband.