Kurz vor Feierabend

Die Sonne glitzert auf dem Trottoir, während Mütter ihre Babies in Kinderwägen darüber schieben. Es tummeln sich diverse Helicopter am Himmel und fast meint man, paradenhafte Reihungen zu erkennen. Erstaunlich viel Polizei fährt durch die Stadt und die türkischen Obst- und Gemüseverkäufer sind heute ausnehmend freundlich.

Er joggt aus der domestizierten und saftigen Einkaufsstraße hinaus in ein ausgetrocknetes Flussbett aus Industrie und zerklüfteten Straßenzügen. Selbst hier draussen ist die Spannung aus der Innenstadt noch zu spüren. Der Asphalt erwärmt sich langsam und eine kommende Überhitzung lässt sich bereits am frühen Vormittag prognostizieren. Es sind nicht mehr viele Tage bis zu seinem Urlaub. Eine Unterbrechung seiner Lebensroutine käme ihm nicht sonderlich gelegen.

Drinnen in der Stadt hisst man die Flaggen an den Regierungsgebäuden wie für hohen Besuch. Man muss kein Medium sein, um zu merken, dass heute ein besonderer Tag ist. Im Fernsehen laufen kurze Beiträge über Schimpansen und Giraffen.

Er beeilt sich, um wieder in seine Wohnung zurückzukehren. Es gibt noch so viel vorzubereiten, so viel aufzuräumen. Er sieht Nachrichten, aber unkonzentriert und fetzenhaft erfährt er von irgendeiner Parade. Es ist noch so unerträglich lange bis heute Abend und doch so wenig Zeit bis dahin. Sirenen tönen von draussen in sein Appartement.

Währenddessen sitzt sie schon im Auto und denkt an die eiskalte Nacht, in der er sie angesprochen hatte. Sie hat ihm erst gestern gesagt, dass sie kommt. Ob er wohl wieder versuchen wird, sie zu küssen? Wird sie wieder nachgeben? Sicher, aber erst kurz bevor er aufgibt. Ganz kurz vorher. Eine Sekunde.

(frei nach „Driving In The Dark“ von Saves The Day)

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Standup Hangover Poetry

Wenn ich von Wirt zu Wirte reise
Um mich schimpflich zu betrinken
Ist auf die eine oder andre Weise
Mein Schiff meistens am sinken

Doch kein Malheur steht bitterlich
Am Ende solcher Nächte
Denn trink ich, bin ich ritterlich
Und von keinem Leid zu knechten.

Des Frohsinns fette Beute
Inmitten wahnsinniger Leute
Was lange gärt, wird endlich gut
Der Gerstensaft, er gibt mir Mut
Das Grauen zu ignorieren
Und zwar mit Manieren

So trink ich an und trink ich ab
Bleib ständig auf, doch manchmal knapp
Bei Kasse denn im Wein
Liegt nicht nur Wahrheit sondern Pein.
Gar Köstliches, das kostet
Wenn man damit prostet.

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How happy you made me, oh Grandy

Anlässlich des am Samstag stattfindenden Konzerts im Frittiersalon, erinnere ich mich gerne an Anekdoten, die ich mit meiner alten Band Grand Underground. This one’s for you Ole & Flo (vor allem nachdem Ole mich gemahnt hat, ich solle mehr schreiben):

Es leben die Auftritte im Orange House, wo man sich vor Suff und Weibern nicht retten kann. Zumindest hat es sich immer so angefühlt. Besonders beim zweiten Mal waren wir rabendicht wie nie zuvor. Dann „Royal Air Force“ mit 5minütigem Feedback-Intro, braucht eigentlich niemand. Eine toxische Improvisation, die durch Oles Einstieg dann in alle Einzelteile zerbombt wurde. Mann, Mann, Mann, das war auch der Tag, an dem ich acht Paracetamol genommen hatte. Drei Tage vor meinem Umzug nach Berlin. Vielleicht der beste Auftritt.

Schön auch die Wochen in denen wir in Garching Rock City anfingen, auf den Proben zu saufen wie blöde. Plötzlich gab es Songs: Feel Flows, Royal Air Force und Lead The Way.

Ich sehe Flos abwesendes Gesicht, Schweißperlen auf seiner Stirn und ich merke: Der Typ spielt gerade einen anderen Song in einer anderen Band. Aber live immer ein Fels in der Ablaufbrandung. Obwohl, da war doch dieser Auftritt in Straubing. Weniger quatschen, besser spielen, sagte ich damals gemeinerweise nach dem Auftritt zu ihm, weil er schlimme Ansagen gemacht hatte. Flo verschwand in die Straubinger Nacht und kam lange, lange nicht zurück.

Gerne würde ich auch mal wieder für umsonst und ohne Publikum in der Hamburger Honigfabrik spielen und mein Bier selbst zahlen müssen. Aber nur mit Sub—Zero. Die Bindestrich-Band.

Es ist erwiesen, dass wir letztes Jahr im Rosi’s gespielt haben. Ich kann mich leider nur an kein einziges Detail erinnern.

Mann, was waren wir schon immer scheißpathetisch und besoffen bei den Schlußparts von „Day In The Waves“ und „Dear Munich“. Ich vor allem. Ich geb’s ja zu.

Die Gesangsaufnahmen zum ersten Demo fallen mir ein: Mayer off the hook. This guy is out of control, haben sie gesagt. Whiskey-Cola-aus-Dosen-Phase.

Mensch, Bandmitglieder, ultrasorr, aber ihr habt die gesamten Pam-Wars mitdurchleiden müssen. Nicht nur in meinem Gesabber, sondern auch noch in meinen/unseren Songs.

Ich würde auch gerne mal wieder mit dir, Ole, im 2-Stunden-Stau zwischen Garching und Ismaning (5 Kilometer) stehen.

Und so’n 60-Dezibel-Bürgerfest-Schrott machen wir auch nicht mehr. Laut und abgefuckt. Sonst nichts mehr.

Sommer 03, kurz vor meiner Abreise aus München: Schwitzen wie ein Schwein. Vier Gitarrenwände um jeden Song rum bauen und dann bei Ole auf’m Balkon Frühlingszwiebel und Wurst essen, right above Ali Khan and his Dünnschiss-Killertöle.

Und unvergessen: Flos und Oles erstes Bandwochenende in Berlin. Party in der Oderberger. Ich total neben die Spur geraucht, mit sich langsam ausbreitenden Ästen in meinem Körper. Ich unter’m Küchentisch. Die Süddeutsche Zeitung küssend. Ei, ich habe gebetet, ihr kommt so schnell nicht wieder nach Berlin.

Dieser Videodreh. Ich will kein Rockstar werden. Nein. Null Grad im T-Shirt und 180x die gleiche Einstellung. Nicht mein Ding. Resultat aber sehr gelungen.

Ich alter Choleriker. Was hab ich schon rumgemotzt, bis keiner mehr Lust hatte, auch nur einen weiteren Song zu proben. Mittlerweile taoistischer unterwegs.

Peinlich war mir damals ein wenig das mitreisende Kamerateam. Ich dachte, face it, wir sind ne Nullnummer. Wozu die Kameras? In Wirklichkeit waren das nur deine Groups, Flo! Stimmt’s?

Als wir anfingen, spielte Ole, in Kreisen auch bekannt als Australian Invader, seltsam tranquil Schlagzeug. Das hat uns gestört. Erst als er sein dämliches E-Drum verkaufte und sein Geld in Augustinerkästen steckte, wurde es wieder besser.

Im Endeffekt haben wir es ganz schön schleifen lassen. Und lassen es immer noch. Wir sind faul, monothematisch und uninspiriert und wohnen zu allem Überfluss in unterschiedlichen Städten. Aber wir sind eine Familie. Und wir haben den Rock. Und wir können mehr saufen als die anderen. Viel mehr. Beware. Grandy’s not dead.

A day in the waves a day in the sand. A day to make you mine. And one to let you go. I love it when you say no.

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Icelandic Road Warriors

Meine isländischen Freunde Thrandur und Ivar sind ein Magnet für Kuriositäten. So ist man stets gut beraten, sich mit ihnen zu verabreden. Wenn sie nicht gerade mit ihrem bezaubernd improvisierten (aber nicht schlechten) Deutsch jedem noch so grimmig drein blickenden Mädchen ein Lächeln und eine Zigarette abluchsen oder Iron-Man-Trinknächte initiieren, schleppen sie einen auf Konzerte von isländischen Bands und wir wissen ja nicht erst seit Björk und Sigur Ros, dass der gemeine Isländer auch musikalisch sehr speziell werden kann.

Jüngstes Beispiel dafür sah ich gestern im Duncker-Club: VONBRIGDI. Auf den ersten Blick mag das ganze etwas prollig gewirkt haben, doch schnell erschloss sich für mich ein echter David-Lynch-Zugang. Düsterer Metal, verkopft, und gleichzeitig vollkommen kopflos am Zeitgeist vorbei. Und irgendwie auch ziemlich Punk.

Der Schlagzeuger war exzellent und sein faltiges Gesicht spielte auf bizarre Weise mit dem Rotlicht zusammen, so dass er aussah, als trüge er eine Michael-Myers-Maske. Die beiden Gitarristen hatten einen Abschlag wie Pete Sampras einst einen Aufschlag, der Bassist war ein dicklicher Standmetaller mit Sonnenbrille und einem Bewegungsradius von 0,2 mm und dann gab es da noch den Sänger in Ballonjacke und Trainingshosen, der seinen Blick auch nicht einmal aufs Publikum richtete. Nicht einmal.

Emphasiert wurde die ästhetische Schräglage der Altherrenkapelle aber erst richtig durch die anwesenden Freunde und Helfer der Band. Ein hektisches Amateur Kamerateam mit Ausleuchtung und Mini-DV zirkelte 40 Minuten lang um die Bühne, während eine kreischende Anti-Björkmit neongrünen Strumpfhosen aus jeder Lage Fotos schoss oder wahlweise wie ein Derwisch über die Tanzfläche lichterte.

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Fun, Fun, Fun

Ich mag euch nicht.

Ihr ewigen Melancholiker, ihr Unlustigen, ihr Selbstmitleidigen, weil ihr in eurem lächerlich transparent inszeniertem Lebensdrama die Regie über Leichen hinweg führt oder führen würdet. Weil ihr bei jedem Song, der euch etwas bedeutet sofort aus dem Fenster oder sonst wohin starren müsst, weil ihr nicht aus Anteilnahme weint, sondern weil euch euer jüngstes Melodram wieder so kinoreif ergreifend gelungen ist.

Ihr Neidhammel, ihr Geizhälse, ihr Kleinkrämer, ihr schwarzen pedantischen Seelen, ihr Feiglinge. Weil ihr nie euren Platz räumt für die Talentierten, weil ihr euch am Misserfolg, gar am Untergang der Mutigen delektiert. Ihr, die ihr Eigentum nicht hüten, sondern horten und sich über jeden Kratzer im verliehenen Vinyl erdreisten, während sie anderer Leute Wohnungen in Schutt und Asche zurücklassen.

Ihr Sonderlinge und Pseudoindividualisten, ihr Gebrandmarkten, Gebrochenen, angebenden Aufgeber, ihr Traumatisierten. Ihr neurotische Schwachmatiker. Weil ihr euer Scheitern als Auszeichnung seht und Aussatz als Rebellenetikette behandelt. Weil ihr eure Träume verratet, nur um von verlorenen Träumen sprechen zu können. Ihr, die ihr andere in euer Unheil mit hinab reisst und anstatt „Entschuldigung“ nur „Ich hab dich gewarnt“ sagt.

Ihr Schöngeister, ihr intellektuellen Unholde, ihr Geisteswissenschafler, ihr Klugscheisser. Ihr Versteckspieler, die ihr euch hinter Wänden aus Wörtern und Wissen verkriecht. Die ihr thront über den Untiefen der Profanen. Euch, denen Spaß ex cathedra suspekt ist, die nur treffen, wenn sie ein Heimspiel haben. Ihr unflexiblen Paragraphenreiter des Gesetzbuchs des guten Geistes.

Ihr Verdränger, Schönfärber und Zwangsoptimisten. Ihr Sloganspucker und Heilssinger, ihr unreflektiert Unkonzentrierten. Ihr, die ihr nichts lustig finden könnt, was euch über den Kopf wachsen könnte. Ihr, die sich jeden Mißerfolg zur Intrige und Verschwörungstheorie aufblasen. Die ihr nicht über euch selbst und schon gar nicht über euer Versagen lachen könnt. Die ihr ignoriert wenn euch jemand ignoriert.

Euch vertraue ich nicht. Und selbst wenn ihr meinen Kopf überlisten könnt, meinen Bauch kriegt ihr nicht mehr rum. Ein Hoch auf die Sorglosen, ein Prost auf die Fröhlichen, wir scheissen auf euer Trübsal und amüsieren uns.

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Krieg

„You Germans are so obsessed with the Second World War.“

sagt die Schwedin, als sie mein Spiegel-Weltkrieg-Hitler-Spezialheft auf dem Küchentisch liegen sieht. „I can’t stand it. All this Nazi shit“, fährt sie fort.

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Was du heute kannst besorgen

Neue Weezer kaufen, Entzug vom Erkältungs-Nasenspray schaffen, keinen Ridley-Scott-Film mehr im Kino gucken, The Motorycycle Diaries nicht weiter empfehlen, mich bei irgendjemand für Schweden bedanken, das Wetter zur Hölle wünschen, meine Darth-Vader-Figur von Burger King auf Druckknopfmechanismen untersuchen, meinen Eltern die Fotos von ihrem parkähnlichen, wunderschönen Garten schicken, ein beeindruckendes Thai-Gericht aussuchen, das meine Kochkünste nicht übersteigt, jemand ganz entwaffend ehrlich anlügen, mich nicht von dem Bürowahnsinn in den Irrsinn treiben lassen, T.B. ignorieren oder wegkloppen, den Gig im Frittiersalon eintüten, mich bei irgendjemand für Berlin bedanken, schlafen, schlafen, schlafen.

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Dear Munich

München ist synonymisch mit Sommerabenden für mich. Eingebrannt für Dekaden: Freitag Abend, nach einer Woche voller Workflow-Repressalien: Auf der Bierbank sitzend, die Beine im Wasser. Freunde, lauter laute, gemütliche Freunde. Zigaretten, Bier und Tätowierungen im Unterhemd. Die Jeans in Fetzen. Auf dem Weg zurück in die Stadt entfernen sich die Lichter des Sees. Der kurze, angetrunkene Weg zurück zur Münchner Freiheit. Vorbei an der toskanischen Villa, die es so nicht mehr gibt und eigentlich eh nur in meiner Vorstellung gab.

Dann einbiegen in die Wilhelmsstraße, wo schon ein blondes Mädchen vor meiner Haustür wartet, ebenfalls in Unterhemd und Jeans. Mit ausdruckslosen, aber großen Augen. Ich, willenlos und gleichgültig, hineinrumpelnd in die Münchner Nacht. Wo aufgeben noch ungefährlich war.

Jetzt ist es anders. Die pittoresken Verlockungen eines Stein gewordenen Stadttraums lassen mich kalt. Den Ostwind hab ich im Parka und den kriegt auch kein Fön mehr raus. Jetzt kann man sehen, wie es wirklich ist. Chancenlosigkeit und Pechsträhnen werden einem dort kaum verziehen. Die Eiscreme ist die beste, die Mädchen die gepflegtesten und die Italiener sind echt. Aber der Peer-Pressure in Sachen heiler Welt ist zu groß. Ich arbeite unter Hochdruck daran, einmal die Kriterien für eine Rückkehr zu erfüllen. Ob ich dann auch zurückkehre, steht auf einem anderen Blatt.

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Kein klarer Gedanke

Reinstalling the deinstalled. Amerika hat viel von seinem touristischen Reiz verloren, seit man bei uns den gleichen Scheiß kaufen und den gleichen Scheiß im Fernsehen sehen kann. Ein gutes Sitcom Szenario: Ein Unternehmen mit einem Pressesprecher, den jeder auf den ersten Blick unsympathisch empfindet. Meine Mutter sagt: Dieter Hildebrand ist ein Humorist mit Anstand. Das macht ihn glaubwürdig. Ein Mädchen, das ich nicht kenne, rüttelt in der Diskothek an mir und sagt ich muss sofort gehen. Der Dialekt meiner niederbayerischen Heimat ist ein Singsang, das hat mich Christian Tramitz heute gelehrt. Johnny Cashs Biografie auf der Cebit lesen und in einem sonnendurchfluteten Raum einschlafen. Einen Rat bekommen: Änder deine sprachlichen Begrifflichkeiten, dann ändern sich auch die Umstände, in denen du sie erwähnst. Tickets für die Eishockey WM in Wien abgelehnt. Einen Auftritt in Schweinfurt abgesagt. Emil Barkow and the magnificent full stop are coming soon.

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G.C.

Hier kocht der Chef!

Es war ein waghalsiges Unterfangen. Während eines Sommers wollte ich es schaffen, einen Drink in aller Volke Munde zu bringen, der Altvordere wie Wodka Lemon oder Gin Tonic nervös werden lassen sollte. Gin Cola (oder international Gin & Coke) , oder kurz G.C. war mein Kandidat, den ich ins Rennen um den Sommerdrink 2004 schickte. Und auch wenn die von mir vorgesehene Marketingzeitspanne zu kurz angesetzt war, der Promofeldzug nicht mit genügend Guerillahärte geführt wurde und der Drink auch nicht so super schmeckte, war sein Ende ein unrühmliches.

Angefangen hat alles mit einem Missverständnis auf einem Showcase der Berliner Band „Elke“. Miese Band, miese Leute, mieser Ort, miese Gesundheit und mieses Bier ließen mich an der Bar mit geschnorrten Getränkebongs Whiskey Cola bestellen. Ist gut für den Magen und verleiht miesen Abenden ein Mindestmaß an Freude. Zu der Whiskey Cola sollte ich einem Kollegen noch einen Gin Tonic besorgen und schon hatte ich den Salat. Der Barkeeper stammelte irgendetwas von Gin, Cola und ich war mitten drin in der Bebistik-Revolution. Spontan genehmigte mir meinen ersten Gin C. Er erinnerte mich im Aroma an Dr. Pepper und ich glaubte, eine bisher unentdeckte harmonische Synthese zweier klassischer Longdrinkzutaten entdeckt zu haben. Natürlich vertraute ich nicht nur meinem Instinkt, sondern auch meiner Fachkenntnis, schließlich hatte ich während meiner Studentenzeit in einer Spätkneipe mit strenger Cocktailbar nach Schumanns Art gerabeitet. Und mit Krawatte.

Nachdem ich mich also selbst vom zukunftsträchtigen Aroma überzeugt hatte, verbrachte ich die Folgemonate damit, in jeder denkbaren Berliner Bar GC zu bestellen und die fragenden bis abschätzigen Blicke des Thekenpersonals mit motivierenden Promohämmern wie „Is’n geiler Drink“ auszuhebeln. Die Erfolge blieben aus, selbst in meinem Freundeskreis ließen sich nur wenige auf das Experiment ein und die klagten am nächsten Tag über Kopfschmerzen, was ein unfairer Einwand war, denn das taten sie immer. Ein jähes Ende erfuhr die Kampagne, als der Barkeeper einer Kreuzberger Kneipe bei meiner Bestellung verächtlich auf den Boden spuckte. Ab da hatte ich nun wirklich keine Lust mehr.

Übrigens, ich bin nicht der einzige!

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