Boardwalk Empire – eine Übersetzung

Es war mir Anfang des Jahres zugleich Ehre und historische Herausforderung, Nelson Johnsons Sachbuch „Boardwalk Empire: The Birth, High Times and the Corruption of Atlantic City“ zu übersetzen. Jetzt ist es bei Heyne Hardcore erhältlich. Es handelt sich allerdings (und sogar gottseidank) nicht um die Roman-, sondern um die Sachbuchvorlage zur gleichnamigen HBO-Serie, um die Monografie einer Stadt im Süden New Jerseys, einer, die im wahrsten Sinne „mit allen Wassern gewaschen ist“. Das Buch erzählt nicht nur von Prohibition, Nucky Johnson (der Nucky der Serie), seinem Nachfolger Hap Farley und Donald Trump in der selben Ahnenreihe, sondern vom grenzenlosen politischen Opportunismus der Provinz, Rassismus, der Erschließung der Ostküste, amerikanischer Naherholung, der Arbeiterklasse der Steel Cities und was passiert, wenn der Amerikanische Traum langsam ausblutet.

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Killing Machine

Meine Heavy-Rock-Band (ich mag den Terminus so gern) THE GEBRUDER GRIM hat eine neue Besetzung und eine neue Single. Die nennt sich „Killing Machine“ und ist der Vorbote der neuen EP „The Priestess“, die im November erscheint und die wir live am 1.11. im Schokoladen in Berlin vorstellen. The Gebs luv you!

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Kurzkritiken zu Gravity, This Is The End, Mama, Fast & Furious 6, Room 237, Through The Never

Gravity:
Die BR Space Night als Beklemmungshorror. Das fängt so unglaublich schmuck und originell an, dass man schnell der Mär vom Film des Jahres glauben mag. Dann aber kommt Sandra Bullock. Und Sandra Bullock. Und dann nochmal Sandra Bullock. Und Sandra Bullock überschauspielt auf eine betont unterspielte Weise eine Storyline, die aus der angeblich von der Protagonistin so wertgeschätzen Stille im Vakuum eine vor lauter Rührseligkeits-Metaphern schreiende Schmonzette macht. Die den Film letztlich bei flammendem Eintritt in die Pathosphäre in den Sand setzt.

This Is The End:
Ja, schon ganz lustig. Mindestens bis Michael Cera stirbt und noch ein bisschen darüber hinaus. Oh, Spoiler, Verzeihung. Dann geht der Film den unterirdischen Weg aller amerikanischen Buddy-Filme der Neuzeit. Den Penis- und Analweg.

Mama:
Die erste Hälfte ist gut, weil die Kinder das ganz ordentlich spielen mit der Verstörung, aber dann wird es mir im wahrsten Sinne des Wortes zu fantastisch. Mal was Generelles: Ich verstehe, warum man Kindern tragende Rollen in Horrorfilmen gibt, das erreicht einen auf verschiedenen unangenehmen Ebenen, aber ich fühle mich dabei missbraucht und manipuliert. Ich will das nicht.

Fast & Furious 6:
Na ja, es ist wie immer bei der Fast-Reihe. Man fängt an zu schauen und denkt: Ah, tüchtiger Sprung mit Autos, aber nach einer halben Stunde fragt man sich, was man da eigentlich anschaut. Vin Diesel ist unfreiwillig komisch, dachte ich bisher. Kann aber auch sein, dass er das absichtlich ist, mit seinem Faltkinn.

Room 237:
So großartig die Idee, ein paar Kubrick-Wahnsinnige „The Shining“ zerlegen zu lassen und so ansteckend manche Verschwörungstheorie auch ist, so fad ist der Film als Gesamtmontage aus Kubrick-Szenen ohne Bilder der Sprecher, die dadurch meistens nur anhand ihrer kruden Theorien zu unterscheiden sind. Ausgezeichnet sind die Szenen um Tod und Teufel aus den alten Stummfilmen und die Übereinanderlegung von Shining vorwärts und Shining rückwärts. Insgeheim aber langatmiger als 2001 und ohne jeden Spannungsbogen. Dennoch: Wer aus dem Film rausgeht, ohne sofort eine Kubrickbox zu bestellen, besitzt ein hohes Maß an Selbstdiszplin.

Through The Never:
An sich ja ein schöner und IMAX-kompatibler Konzertfilm, bei dem mir Lars Ulrich das erste Mal in der langen medialen Geschichte von Metallica sympathischer ist als der affektierte Yeah-e-yeah-Proll Hetfield. Die Inszenierung der postapokalyptischen Rahmenhandlung ist auch okay, die Geschichte selbst lächerlicher als jedes Ugly-Kid-Joe-Video. Ebenfalls schwer zu verzeihen: Das Weglassen der zweiten Hälfte von „Battery“. Und dann noch als Randnotiz: Wenn man sich Metallica so anschaut, ist es schwer sich vorzustellen, dass dieses neureiche Metal-Proletariat vor ein paar Jahrzehnten geradezu bachartige Epen wie „Master Of Puppets“ und „…And Justice For All“ geschrieben haben soll. Aber das war wohl so, und diese Songs halten jedem Jahrzehnt, jedem Trend und jedem Vergleich stand. Vermutlich für immer.

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The Sealevel: Reunion

Wenn auch nur für einen Song und ein Video. Hier ist „Light Years“ anlässlich des 15jährigen Jubiläums unseres Labels Firestation Records. Auf dem Geburtstagssampler ist eben auch dieses Lied drauf:

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Zur Bayernwahl und überhaupt

Warum kann ein Wendehals und Egotist wie Seehofer trotz Nepotismus, Bankenskandalen und vollkommen zerstocherter Parteipolitik solche Mehrheiten auf sich vereinen? Nicht schwer zu erklären: Unsere Gesellschaft, die deutsche meine ich im Speziellen, ist motiviert von Angst und Phlegma. Nie zuvor wurde (auch dank Internet) soviel genörgelt und konvers dazu so wenig getan. Das Kehren vor der eigenen Haustür geht halt viel besser, wenn sich der Status Quo nicht ändert und damit ist das bundesdeutsche wie das bayerische Wahlverhalten erklärt. Die Leute haben eine Heidenangst und sind obendrein faule Schweine.

In meiner Wahrnehmung hat diese groteske Lebensangst mit dem 11. September begonnen und ihre nächsten sich selbst bestätigenden Kapitel mit der Lehman-Bankensause und der Staatspleite von Griechenland erfahren. Dazu kommt das, was ich die globale Gewissheit nenne: wir saturierten Eurpäer sind nicht mehr alleine auf der Welt, und unser Artverwandter, die USA, hat seine abschirmende Hegemonialstellung verloren. In der größeren Hälfte der Welt erheben nun (und eigentlich schon immer) Krieg, Hungersnöte und Revolution ihr meist hässliches Haupt. Im Angesicht dieser Kumulation von Unwägbarkeiten hilft nur eine Bewahrungsmentalität und wie man etymologisch unschwer herleiten kann, entspricht der politische Konservatismus dieser Geisteshaltung am besten. Dazu kommt noch ein bisschen Rückzug ins Private und Materielle (ein neues Biedermeier, sprich die Eigentumswohnungsbewegung) und fertig sind die Machtverhältnisse der Achtziger Jahre. Wir erinnern uns: auch damals war die Angst groß: vor Waldsterben, Atomkrieg und den Russen.

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Kurzkritiken zu The Conjuring und Trance

The Conjuring:
Blitzsauberer Haunted-House-Schocker mit Ghostbuster-Hausbesuch, was verhindert, dass man sich ausschließlich mit der neurotischen Familie auseinandersetzen muss. Man mag die Spukgeschichte und Effekte für Klischees halten, aber liest man mal die Biografie der Warrens (die Ermittler) oder das Buch zum Amityville Horrorhaus, erkennt man die relativ starre Regelhaftigkeit von dämonischem Verhalten, das von den meisten Filmen von Poltergeist bis hin zum Exorzisten stets aus der „realen“ Welt übernommen ist. Ich rede zum Beispiel von dumpfen Schlägen, Levitation oder Türen, die sich von selbst öffnen und schließen. Die echte Annabelle-Puppe sieht im übrigen viel furchteinflößender aus als die Chuckybraut im Film.

Trance:
Wirrer Plot zum Zweck, einen wirren Plot zu haben. Trotz guter Schauspieler, neogotischer Hochglanzpolitur und Intimrasur alles andere als ein hypnotisierender Film. Außer der Subtext war: esst mehr Brioche, dann hat er funkioniert. Mmmmh, sanftes Brioche. Besonders clever, weil im Film kein einziges Mal Brioche vorkommt. Sehen Sie, was ich hier grade gemacht habe? Wirrer Plot zum Zwecke eines wirren Plots.

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Expo Hannover

Honestly, we lie through our teeth
But our bodies just survive the weeks
If we’re rolling over, we’ll meet when we sink.
Until we hand over Hannover.

(Maritime – Hand Over Hannover)

2000 mit dem Bassisten auf der Expo Hannover. Ex-Bassisten um genau zu sein – wir reden wieder miteinander. Mit dem Zug. Ich fahre nie Zug. Familien mit ganzen Mittagsmenus machen sich breit. Ich bin Mitte zwanzig und eine Familie ist das undenkbarste auf der Welt, was klar ist, wenn man bedenkt, dass ich erst vor sieben Jahren von meiner weggezogen bin. Der Sommer fängt gerade erst an, es ist mein letztes Jahr in der alten Stadt. Das weiß ich, weil ich es so beschlossen habe, egal was noch passiert. Ich habe gerade ein Jobangebot aus Hamburg abgelehnt, und ich weiß nicht, was ich tun soll, aber ich bleibe nicht in der alten Stadt. Das geht nicht mehr. Die ganzen Jahre habe ich mir überlegt, was ich tun soll, wen ich anrufen soll, aber für den letzten Sommer in der alten Stadt habe ich mir vorgenommen, einfach nur da zu sein und abzuwarten. Abwarten und zusehen, wie schön es in der alten Stadt sein kann, wenn man sie nicht für den Irrsinn verantwortlich macht dem man zwischenzeitlich anheim gefallen ist. Wahnsinn, wie verrückt man in nur sechs Jahren werden kann. Die alte Stadt kann nichts dafür, sie hat den Sommer, die Hügelkette, den breiten Fluss und die Mädchen. Und ich bin nur undankbar.

Ich weiß nicht, was eine Expo ist, was eine Weltausstellung ist. Ich weiß nicht, was ich hier soll. Ich habe gelesen, dass Monumente und ganze Stadtteile zu vergangenen Expos entstanden sind. Hier ist nur ein Messegelände. Danach wird mich das Thema so lange nicht loslassen, bis ich einen Bildband mit allen Weltausstellungen und allen wichtigen Pavillons und Gebäuden gefunden habe. Aber jetzt bin ich nur verwirrt, darüber, wie viel ich laufen muss, wie lange ich in Schlangen stehe und wie wenig ich verstehe. Ich verstehe die Ausstellung nicht, aber da es mein letzter Sommer ist, beschließe ich, mein Unverständnis nicht zu hinterfragen. Irgendwann liege ich unter einer Installation auf Kopfsteinpflaster, Laserstrahlen durchstreifen den riesigen improvisierten Raum und eine Art Meditationsmusik kommt angespült. Ich fühle mich leer und zufrieden, ich schlafe für ein paar Minuten ein. Es ist beinahe das beste Gefühl, das ich je hatte. Ich werde es erst sechs Jahre später wieder in Barcelona um die Mittagszeit vor dem MACBA haben, als ich den Skatern zuschaue und ein Brot mit Salami esse. Aus diesem Gefühl der Leere heraus lasse ich mich mit dem Ex-Bassisten durch die immer leerer werdenden Straßen der Weltausstellung fallen. Todmüde. In einer kleinen Pension, deren Zimmer mich an Zimmer im Kloster Vilshofen erinnern, liege ich mit leichtem Kopfschmerz, trinke ein Bier aus der Flasche und schaue ein Fußballspiel, das vielleicht etwas bedeutet.

Am nächsten Morgen sind wir noch einmal kurz auf dem Ausstellungsgelände. Ich esse eine Wurst und ein Eis und gehe in den Schweden-Pavillion, weil er am Vormittag nicht so überlaufen ist. Nichts interessiert mich, und nichts stört mich. Ich habe seit ein paar Wochen ein Mobiltelefon und erschrecke mich zu Tode, wenn es klingelt. Kaum jemand hat meine Nummer. Die Kinowelt AG aus München ist dran und will mir einen Festvertrag anbieten, obwohl ich gerade von der Universität komme und so gut wie keine praktische Erfahrung in Online-Redaktionen habe. Das ist das Jahr 2000. Ich sage, ich rufe später zurück, und gehe aufs Klo. Auf dem Klo ruft MTV an und bietet mir einen Festvertrag als Online-Redakteur an. Vor zwei Wochen war ich eine Stunde zu spät zum Vorstellungsgespräch gekommen, weil ich in der großen Stadt München mein Auto nicht mehr finden konnte. Ich sage zu. Ich sage zum Ex-Bassisten, dass ich ab Herbst in München arbeiten werde. Und dass ich jetzt zurück in die alte Stadt fahren will.

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Grubenpferd

Ein Grubenpferd schleppt sich durch die Minengänge, ein Musiker versucht, all die Lücken zwischen seinen Noten zu füllen. Ein Installateur flucht das ausgeleierte Gewinde an und ein Schauspieler findet die zweite Version des Stücks noch furchtbarer als die erste. Niemand glaubt in diesem Moment an irgendetwas anderes als an die Machbarkeit der Dinge. Erst danach kommt die Religion. Mit der Verzweiflung über die Unmachbarkeit der Dinge. Mit der Verzweiflung kommt die Religion. Mit der Nacht kommt die Angst. Mit der Nacht kommt die Wut. Mit der Wut kommt die Politik.

Unter Tage hat man vergessen, wie spät es ist. Über den Autobahnen ist man mit den Gedanken auf dem Boden, nur bei der Machbarkeit. Schau hin: der Lagerist will sich umbringen, nicht weil er Lagerist ist, sondern weil alles zusammenkommt. Das behauptet auch der Leiter einer erfolgreichen Kleinkunstbühne in Jena. Das Grubenpferd wird abgeseilt, der Musiker schreibt ein schlechtes Lied, weil er die Lücken zwischen den Noten mit Mist gefüllt hat. Der Installateur hat ein neues Gewinde angebracht, das Thermostat funktioniert wie am ersten Tag. Der Schauspieler hat gelernt zu spielen, was er spielen muss. Manchmal ist da eine Metapher, aber immer ist es Machbarkeit. Sie kommt lange vor der Religion. Sie kommt weit vor der Wut und der Politik.

Ich kann mir ein bisschen verzeihen, ich kann es mir ein bisschen nachsehen, aber ich kann nicht so sein. Ich brauche eine Idee. Noch vor der Machbarkeit, noch vor der Wut, noch vor der Religion.

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Kurzkritik zu The Wolverine

Ich hab Schlimmstes befürchtet, nachdem Darren Aronofsky das Regie-Handtuch geworfen hat, aber man kann sich das Ergebnis schon noch anschauen. Mangold erteilt dem teils hanebüchenen Skript eine kleine Noir-Lektion in den ersten zwei Dritteln des Films, die zwar recht erzwungen, aber immerhin mal was anderes ist, aber am Schluss bricht das Konstrukt unter einer Wagenladung schlechter Action-Clownereien zusammen und wir sind wieder da, wo wir zuletzt mit „X-Men Origins: Wolverine“ waren. Fazit: Für Claw-Hard-Logan-Fans eh ein Muss, alle anderen: Snikt it!

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