Verspleent

Mein neuster Spleen sind nicht etwa nur seidene Halstücher aus den Siebzigern, auch sind es nicht mehr Trachtenjacken aus Bayern inmitten einer tiefpreußisch und bayernfeindlich gesonnen Umgebung, auch ist es nicht der Trend zum ungepflegten Vollbart oder der zum gepflegten allmorgendlichen Vollbad, nein, nein, nein! Es ist der heiße Scheiß des Monats, es ist das Next Big Thing, es ist der Latest Of All Late Crazes. Es ist: Abends auf der Couch einschlafen.

Und der superfunky Shit geht so: Wenn du aus dem Büro nach Hause kommst, holst du dir aus dem Kühlschrank erstmal ein bisschen Chorizo und ein Stück Emmentaler. Dazu genehmigst du dir ein Glas Grapefruitlimonade. Jetzt legst du eine DVD aus der Six-Feet-Under-Box ein und die Beine hoch und beginnst, lethargisch vor dich hin zu speisen. Nach dem Essen deckst du dich sorgfältig mit der roten Elchdecke zu und versuchst weiterhin, der Handlung der Six-Feet-Under-Episode zu folgen. Kurz vor Ende der Folge schläfst du dann ein, den Kopf auf der Lehne und den Arsch in der Kuhle. Doch jetzt kommt eigentlich erst der geile Teil: Auf der Couch wieder aufwachen.

Gegen 00:23 Uhr schägst du die Augen auf, eigentlich stemmst du sie eher auf und das Menü der DVD lächelt dir müde zu. Du rappelst dich langsam auf und du siehst aus wie ein Zombie, dem man mit dem Spaten den Kopf abtrennen wollte, es aber nicht ganz hinbekommen hat. Du versuchst deinen Kopf wieder gerade zu rücken, aber er hat sich bereits an seine neue Lage gewöhnt und will nicht mehr zurück. Jemand muss dir im Schlaf mit einem Einkaufswagen voller Bierkästen dein Kreuz gebügelt haben, anders kannst du dir die diffusen Schmerzen nicht erklären. Du gehst kurz ins Bad, trinkst noch einen Schluck Grappa bevor du dich in sehnsüchtigem Zivilschlafverlangen in dein eigentliches Bett schleppst, wo du plötzlich hellwach liegst.

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  1. Find ich sehr anständig von dir. Bierdurst-Swap könnt dann übrigens der nächste heiße Scheiß werden, wenn alle Physiotherapeuten und Krankengymnasten der Republik mit den Folgen des Abends-auf-der-Couch-einschlafen-Hypes versorgt sind.

  2. Mir fehlt die rote Elchdecke… klar… und wenn ich aufwache, dann eher vor dem Menü von „Kill Bill“ oder so… aber sonst, stimmt alles! *hrhr*

  3. Der Trend ist noch steigerungsfähig: im Bett fernsehen und einschlafen – allerdings nicht zu tief. Um irgendwann nachts aufwachen und die Kiste ausmachen, um danach hellwach zu sein. Das muss ein Revival sein, zumindest meine Mutter hat das schon immer gemacht.

  4. Hab auch schon mal davon gehört. Style-History repeats itself. Kennen wir doch schon von den Fuchsschwänzen und den unrasierten Achselhöhlen bei Frauen.

  5. Hm ins Schlafzimmer kommt mir kein TV. Das fände ich irgendwie ungemütlich. Auch kann ich vor dem TV kein Auge zumachen, sobald da was quatscht, nervt mich das.
    Aber ich habe den Oberspleen. Seit der Junior seit einem halben Jahr nur noch bei Mama schläft, schlafe ich mangels Platz im Kinderbett.

  6. Bin ich froh, dass ich keinen Fernseher mehr am Bett stehen. Aber gegen den schlimmen Rücken hilft ein Update auf Sofa2.0. Leider ist dort als neues Feature SchnellEinschlafen1.0 fest verdrahtet.

  7. Ich vermisse das Zähneputzen. Grapefruitlimo greift doch den Zahnschmelz an, wenn Du nicht nachputzt. Sagt Jürgen Vogel, ich weiss das nicht so genau.

    Sollte es eines Tages noch zum Blog´n´Flat-Swap kommen: Meine Couch ist zu lütt, aber das Wasserbett macht die geilsten Arschkuhlen seit den Weather Girls. Du wirst staunen.

  8. Der Blogswap, genau. Den machen wir im Januar oder Februar. Das wird ein großes Ding. Ich würde sagen an einem Freitag. Das Zähneputzen ist optional im Badezimmerbesuch nach dem Couchwachen integriert. Auch ein letztes Mal die Frisur checken vor dem Bettgang wär drin.

  9. Ich schlafe momentan immer in meinem saubequemen Lesesessel ein. Nach wenigen Minuten. Ich habe ihn jetzt zum Schlafsessel umgetauft. :) Im Übrigen gründe ich die GSF, die Gemeinschaft der Spleen-Freunde. Ohne Spleens, schrullige Eigenarten und wundersame Verhaltensweisen wäre unser Alltag doch weit öder.

  10. Bett ins Wohnzimmer schieben? Dann ists beim spontanen Einschlafen wenigstens bequem und der Rücken beschwert sich nich so. Is ja auch nich so toll, weil Kreuzschmerzen sind Anzeichen von älter werden…und wer will das schon….

  11. Ich will das, Calientita. Hundert oder so. Und die Anamnese bei den Kreuzschmerzen muss nicht zwangsläufig zu den Altersfolgen führen. Die lustige Sekretärin in meiner Zivistelle hat schon vor Jahren immer gesagt: „Vorne aufhören, wenns hinten weh tut.“ Möglicherweise lag sie da nicht mal falsch.

  12. So ähnlich in der Art geht mir das auch dann und wann. Nur das ich nicht in die Phase des Einschlafens komme, weil IMMER dann (im einschlafenden Moment, wenn ich es mal so nennen darf) Frau Mutter anruft. Die Frau hat echt ein Talent in den unpassendsten Momenten anzurufen.

  13. hardcore! die erste sinnvoll-wirklich destruktive Feierabendbeschäftigung für den kleinen Mann (da sind nicht Sie gemeint!) seit Fight Club. Das wird sich durchsetzen, und wieder werden die Versicherungsvertreter (da sind nicht Sie gemeint!) mit Augenringen durch die Gänge schlurfen.

  14. Und ich sehe gerade, dass Sie ja die Zeit aus UK importiert haben in Ihrem Blog – kommt das billiger? Oder verweigert Ihr Blog standhaft die Anerkennung der Winterzeit?

  15. immer noch besser als morgens beim augen aufmachen nur rot zu sehen. scheiße, ich bin verblutet! getrocknetes rot an nase, in ohren, am kopfkissen. moment, was ist da so hart unterm ohr… ?
    ein teller!?
    eine gabel auch noch.
    ach so, muß ich mir wieder im vollsuff noch schnell gesundheitsbewußt miracoli gekocht haben, und irgendwie DRÜBER eingeschlafen sein. immerhin kein massaker.

  16. Ein Freund von mir ist mal in Mineralwasser aufgewacht und hat geträumt er wär ertrunken. Er wollte sich den Abend vorher offensichtlich vor Liebeskummer in Sprudel ertränken. Albern aber wahr.

  17. Mein Fernseher ist frei in der gesamten Wohnung bewegbar.
    Der Spleen ist also, Sonntags in der Wanne zu liegen, mit lecker Essen, Kaltgetränk, Kippchen und dem Fernseher direkt vor der Fresse.

    Einschlafen halte ich da für unangebracht.

  18. Fernsehen ist die ultimative Schlaftablette, große Klasse. Da träum ich mir immer ’ne eigene Story zum Originalton, manchmal ein Riesenspaß.
    Gut wirkt auch die Lektüre einiger Weblogs, hier der Beweis. Gut schläft sich auch in der Badewanne, solange es nicht barschelt. Weniger geeignet sind die meisten Spielarten von GV, solange man nicht in absolute Passivität verfällt. Der deutsche Bäcker (ein Ostfriese) hat in Montevideo z.B. den ganzen Puff zusammengeschrien, weil er kurz einnickte, während Maria sich bemühte, ihn oral zufriedenzustellen. Das ging der Dame an die Berufsehre und sie biß ihn beleidigt ins Gemächt.

  19. so etwas ähnliches kenne ich auch. jetzt nur ohne tv. und auf der arbeit meinen die dann immer, man habe gestern mal wieder ordentlich einen drauf gemacht.

    gut. kann auch mal vorkommen.

  20. Kenn ich total. Lösung? Ausziehcouch und gleich vorm Fernseher einschlafen.
    Früher, als wir die noch nicht hatten, da war das schlimm. Ich immer eingeschlafen, er die Couch samt mir durch die Wohnung geschoben und irgendwo abgestellt. Küche, Abstellkammer, umgedreht an die Schrankwand, immer wieder was neues. Ich beim Aufwachen orientierungslos irgendwo dagegengetaumelt oder gleich einen Schock bekommen – „Verdammmt – wo bin ich? Wer bin ich?“ Wie gesagt: Lösung Ausziehcouch – da geh ich jetzt auch hin!

  21. den tip gab mir eine freundin: guck mal da ist einer, dem geht es genauso wie dir. der effekt des sofa-schlafes eskalierte bei mir einst: trotz physischer anwesenheit meiner ex-freundin schlief ich nach vollzogenem tagwerk regelmäßig gegen 20.30 uhr vor dem fernseher neben ihr ein. über wochen….monate? genauso wie es kam, verschwand es auch wieder. das phänomen. und befiel mich vor kurzem mehr als 500 km vom ursprungsort wieder. diesmal wie erwähnt, alleine auf dem grasgrünen leder-leihsofa. erst die zeitweise entzogene zwang, nicht um 6.30 uhr aufstehen zu müssen, vermag diesem umwesen ein ende zu bereiten.

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