Ausflug

Heute morgen bin ich aufgewacht und es war dunkel. Ich habe eine Stunde gewartet, die Decke über dem Kopf. Dann bin ich aufgestanden und habe das helle, weiße Wohnzimmer betreten. Ich bin zum Fenster gegangen und habe über die Dächer gestarrt. Die Kälte der Stadt war sichtbar, fast gleissend in dieser brutalen, klaren Luft. Der Himmel war leer. Bis auf ein einziges Flugzeug, das ihn überquerte. Und es schien mir plausibel, dass du darin sitzt, auf dem Weg nach London. Sie fliegen dich aus. Du fliegst noch einmal an dieser Szenerie vorüber und es ist mir fast, als würdest du deine Nase ans Fenster drücken und versuchen auf meine Wohnung herunterzuschauen, wo ich nur stehe und auf dein Flugzeug nach London starre. Ich frage mich, ob dir jetzt auch alles wieder einfällt, wie wichtig es war, da zu sein und alles auszuprobieren.

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  1. Und dann an die Empirik glauben und wegfliegen? Oder nochmals die Trial & Error Maschine anwerfen und den Telefonjoker einsetzen? Das Publikum rät sowieso immer nur ab statt zu.

  2. Nix ist schlimmer, als den Rest des Lebens über das „…wenn…damals…vielleicht…“ nachzugrübeln.

  3. Das Publikum hat vor allem sowieso immer nie eine Ahnung. Ni puta idea.

    Und für die Empirik (diese zutiefst promiskuitive alte Drecksau) das große signalfarbene Ich-muss-leider-draußen-bleiben-Schildchen neben den Rasierspiegel hängen. Nichts, aba ooch jar nüschte, ist so unverbrüchlich des hamma oba doch scho ollawei aso gmacht und hie worn samma trotzdem ned davo und wo kammat ma denn do a hie, dass es nicht einen gscheitn Spitz in den Arsch wert wär – und obi damit ins Scheißhaislrehrl.

  4. Doch Julie, man kann sichs sehr wohl aussuchen. Es gibt immer eine Wahl. An jeder Ecke steht jemand und fragt „Bist dir sicher? Bist dir wirklich sicher?“. Das ist wie in diesen Triumphzügen im alten Rom, wenn der siegreiche Feldherr mit seinen Legionen zum Capitol gezogen ist und hinter ihm auf dem Streitwagen dieser Typ stand, der dauernd sagte „Respice post te, hominem te esse memento.“

  5. Lieber Rationalstürmer,

    ein gewisser Menschenschlag (dazu gehöre ich) kommt gar nicht so weit, sich das „Bist dir sicher?“ überhaupt anzuhören. Ich renn immer hinein in die Dinge. Quasi tun, dann denken. Nix, worauf ich stolz wäre, eher so ein Outing.

    Und ich hoffe, dir kommen nicht noch mehr Buchstaben abhanden… Schaut ja schwer nach erneuter Auflösung aus… halt ein!

  6. Julie, da mach ich als halber Salzburger natürlich rücksichtslos von der Mozartkugel Gebrauch und sage, dass es ja an sich schon ganz großartig ist, wenn man der Lebensdinge fröhlich ausgerufnes La ci darem la Mano tiefinnerlichst wollend und ohne größere Nachdenkensanstrengungen tunlichst mit einem lauten Jaaaaaaaa und sofortiger Hineinrennung beantwortet, aber ganz manchmal wär es halt auch nicht das Allerschlechteste, wenn man zumindest die Möglichkeit eines Vorrei, e non vorrei. Mi trema un poco il cor ein bisserl antizipieren tät. Wozu der Mensch kraft seines ihm nun einmal (und möglicherweise leider) angeborenen Verstandes ja durchaus befähigt ist. So war des gmeint. Und grad mir als Vertreter der Kaste der XY-Chromosomenhaufen – die wir ja das eine oder andere Mal auch das Denken Regionen aufoktroyieren, mit denen nun wirklich nicht gedacht werden sollte – ist schon bewusst, dass dieser Wunsch eigentlich zu fromm daherkommt, als dass man ihn mit einem einzigen Rosenkranz in Richtung immere und jederzeite Erfüllung beten könnt.

  7. Tengo que seguir mi corazon? Überwiegend, weils auch soviel wiegt in der Hand. Dieses Pfundsding. Aber in den Kampf ziehen ohne Erfolgssaussichten tut man als Bayer nicht. Die Gewinnsucht und der südländische Stolz bewahren einen Emodeppen wie mich vor dem finalen Verlustiggehen der Sinne. Heroin ist für Niedergänger.

  8. Seguir su corazón wird eh auch überbewertet. Solche Menetekel liegen wie der alte Heine aufm Père Lachaise begraben und haben ihre schönsten Zeiten längst hinter sich. Zu bedenken gebe ich allerdings dies:

    ‚Cause when the smack begins to flow
    Then I really don’t care anymore
    Ah, when the heroin is in my blood
    And that blood is in my head
    Then thank God that I’m as good as dead
    Then thank your God that I’m not aware
    And thank God that I just don’t care
    And I guess I just don’t know
    And I guess I just don’t know

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