Out Of Tune

All the leaves will burn and autumn fires then return.
All the fires we burn, all will return.
Music is my savior, and I was maimed by rock and roll.
I was maimed by rock and roll.
I was tamed by rock and roll.
I got my name from rock and roll.
(Wilco – Sunken Treasures)

Ich seh dann wie jemand, den ich mag, diese Lebenspanik überfällt und kenne das von mir. Da fehlt nur ein kleiner Baustein. Man findet den Haustürschlüssel nicht oder in diesem Fall ein unerlässliches Dokument für den anstehenden Amtbesuch. Und schon fällt alles über einem zusammen und man liegt auf dem Boden und es ist dennoch keiner mehr unter einem. Alles kommt zusammen und fällt ins Bodenlose. Man fällt nur mit und staunt über den Schutt, der rieselt. Die ganze Verantwortung, die ganzen Pläne, die Ideen vom perfekten Beruf und der perfekten Familie, der perfekten Gesundheit und der perfekten Körperhaltung. Die ganze Aufrichtigkeit und die ganzen Lügengebilde, alles rauscht in die Tiefe und man kann nichts davon aufhalten. Es tut weh, das bei jemand zu beobachten, den man mag, auch wenn man weiß, dass in 90% der Fälle mit dem neuen Tag auch der Halt am Alltag wiederkehrt. Es tut weh, weil man das kennt und weil man erkennt, wie wenig Chance man hat, all dem gerecht zu werden, von dem man sich vorgenommen hat, es nach seinen Vorstellungen zu errichten. Der latent kaputte Lebensstil, den ich viele Jahre gepflegt habe, hat mich fast noch mehr zum Angsthasen werden lassen, nicht den Sprung ins Bürgerliche zu vollziehen. Dabei brauchen wir alles, nur nicht das Bürgerliche, ausser es liegt uns am echten Herzen. Wir brauchen nur ein gesundes Selbstbewusstsein und einen Scheißdreck auf die Leviten der anderen. Wenn ich sehe, wie jemand anderen, den ich mag, diese Lebenspanik überfällt, wird mir das bewusst. Dass immer was im Argen liegt, dass nie alles passt und noch nicht einmal das meiste, aber irgendwas doch immer.

12 comments / Add your comment below

  1. Jaja. Ein bisserl was geht immer. Schief. In den Augen meiner ehemaligen Freundin ist das in meinem Fall ja eine sauberne Midlifekrise. So ein Schmarrn.

    Weil: Dafür ist ja irgendwo auch immer Mittag, das darf man nicht aus den Augen verlieren. Oder – um die Klassiker zu bemühen – Brot und Zeit ist Brotzeit. Brot mal Zeit ist Mahlzeit. Das ist per saldo Gemütlichkeit.

  2. In meinen Augen ist das eine ganz normale Full-Life-Krise und das ist ja auch gut so, weil es kann ja nicht jeder gute Laune haben. Am Ende gäb’s keine Kunst mehr und viel zu viele Leut. So gesehen erfüllst du lediglich die dir von der Gesellschaft zugewiesene Rolle als Grantlhuber. Miesepeter und Unglücksrabe. Eh normal und voll okee.

  3. Da ich das grad hinter mir hab, und mich deswegen letzte Woche mal a paar Tag‘ aus dem Spiel gnommen hab, weiss ich ganz genau, wovon du da schreibst, auch wenns natürlich jeder anders erlebt.
    Ich aber bin so von mir selbst eingenommen, dass ich immer dann, wenns ma grad so richtig gut geht, glaub, dass das jetzt so bleibt. Und bin dann immer wieder von neuem überrascht, wenn ich im Sumpf sitz und nimma weiter weiss. So dumm! So furchtbar dumm! Statt damit zu rechnen, dass es sicher wieder schlechter wird, verneine ich diese Tatsache einfach. Aber anders wär ich vermutlich nicht lebensfähig.

  4. Das Leben ist mehr breit als lang, und wir sind alle mittenmang. Tjaja, die Lebensmittenkrise, die allumfassende, das kommt und geht, und kommt und geht, und irgendwann geht man auch. Allgemein und doch immer toll individuell. Zweifelnd und verzweifelnd an immer dem Selben: Finanzamt, Altersvorsorge, LebenspartnerIn, die eigenen Vorsätze. Und warum? Faule Kompromisse. Der eine faul der andere fauler. Mit manchen lässt sich´s leben, das sind dann die guten, von denen jeder was hat, die anderen, da zahlt man nur drauf, und andere hinterher. Die tun niemandem gut – nur im ersten Moment, und dann meist den anderen.
    Aber: Sich immer daran erinnern, dass nicht nur Katastrophen kommen, sondern auch hohe Zeiten und noch bessere. Tja, Buam, den Kopf nicht hängen lassen – es reicht wenn der Rest schon hängt.

  5. Fly: ich und der Rational (wenn ich hier mal ein und denselben Kamm zücken darf, lieber Kollege Ratz) sind aber noch viel furchtbar dümmer, weil wir immer mit dem Schlimmsten rechnen. You got it all figured out, würd ich sogar bei dir behaupten.

    Texto: Gut, dass der Begriff Faulheit mal fällt. Weil ja nicht nur die Kompromisse faul sind, sondern auch die Leut, die sich aus fantasieloser Faulheit vorgekauten Lebensläufen anpassen. Das macht unsereins noch blöder, wenn wir gelegentlich neidvoll rüberschielen und uns fragen, warum wir solche halbgaren Extrawürscht geworden sind.

  6. möglicherweise fehlt uns einfach das entsprechende Selbstverständnis. Wir sollten die Extrawurstheit vor uns hertragen. Und sich einen Scheiss darum kümmern was der Normalo macht. Da fällt mir was ein. ein recht eigenwilliger Freund von mir, der nach kurzer Aufwärmphase seine neues Freundin heiratete, war kurz darauf: Frau, Eigenheim, Kinder, Kombi. Tja, nun. Als ich das mal so vom Stapel lies, meinte: au backe. Wenn ich ihm das ein Jahr zuvor gesagt hätte, hätte er mich ausgelacht. Santa Burnstl, da könnenSe malsehn. Manchmal merkt man gar nicht wie man dem Klieschee anheim fällt.

  7. Weißt, an wen ich grad denken muss, Burnstl? An den ollen Edikarl Henn. Der hätt hier wahrscheinlich sowas wie „Weiß gar nicht, was Ihr habt, Leute. Situation normal, all fucked up“ reinkommentiert.

    Und jetzt gießt er sich droben auf seiner Wolke sicher eine Extraportion Genever rein, weil er grinsen muss.

  8. textorama: ich wusste schon immer, dass ich nicht erst 50 werden muss, bis ich mein rocknrolltempo drossle. und hab es sehnlichst erhofft. ich wär auch gerne der vater eines kinds, das kein arschloch ist. und wenn das eigenheim am meer läge, sagte ich auch nicht nein. der trick ist, wach zu bleiben beim ausruhen.

    ratz: des is ganz schee. a ganz scheens bild. guada oida edischlawiner.

  9. hab jetzt erst das filmchen gesehen….irgendwie will sie nicht passen, zu dem was du schreibst. deine stimme. was für ein zwiespalt. junge, junge. tiefer, nahm ich an, nicht barry white-mässig, aber entspannter. darauf gewettet hätte ich. das ist die stimme eines eigenheim/zweitwagen/familien-menschens. bin vewirrt, ehrlich. vielleicht hilft es dir weiter. love, d.

  10. äh, welches filmchen? und ja, ich hätte sehr gerne eine stimme mit barry white entspannung. aber dazu müsste ich ja vermutlich ein entspannter typ sein.

  11. ahja, ist ja nix ein zuwenden gegen ein eigenheim, einen zweitwagen und so, aber nur als Nebenprodukt, als Dreingabe quasi zu dem was man so macht und mit dem man happy ist. Nicht als Ziel. Daran gehen die meisten doch kaputt.
    Ein nicht dummer Mensch meinte mal: alle Problemchen die wir haben entspringen unserem Egoismus. Wann ist der gut und wann eben nicht? Wieviel Egoismus tut gut, und wem?

  12. …alkohol und internetz(er) ist wirklich keine gute kombi. keine ahnung, warum ich dir das barry white-stimmen-gedöns schreiben musste. war wohl einfach zu überrascht. ich les das jetzt nicht noch mal. und gegen haus/auto/kind ist wirklich nichts einzuwenden. möcht ich auch, irgendwann.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert