Die Rückkehr der Königin

And I hope, your majesty, that you like your position.
I’ll do everything I can to keep you by my side
And I’ll stare off through the darkness to find us a kingdom.
Just kiss me before I go.

(Saves The Day – Nightingale)

Heute morgen bin ich aufgewacht und habe Blut gespuckt. Es gab keinen Zweifel, das war Blut, das war mein Blut, das waren meine inneren Verletzungen, die das Blut über Nacht in meinen Mund gespült haben. Das letzte was ich weiß, bevor ich eingeschlafen bin, ist, dass du in meinen Armen lagst. Ich habe dich mit zu mir genommen, oder hast du mich mit zu mir genommen? Wir haben zusammen gesessen und den Tod beobachtet. Dabei fuhr mir der Schreck dermaßen in die Glieder, dass mir das Wasser aus den Augen schoss und ich geriet unter Verdacht, schwach zu sein. Ich klammerte mich an dir fest, ich zerrte dich an den Haaren, ich küsste dich durch dein dichtes braunes Haar auf die Schläfen. Ich umklammerte deine Fesseln und du entzogst dich mir mit jeder Bewegung, die du mir widmetest. Und dann sprangst du auf und gingst weg. Ohne daß sich unsere Zungen auch nur ein bisschen berührt hätten. Deine Gesichtsmuskeln blieben starr, als ich sie küsste. Du tatest so, als würde dich mein Parfüm verrückt machen und warst verschwunden, entglittst in die Dunkelheit des Bötzowviertels. Ich blieb zurück und muss wohl irgendwann eingeschlafen sein. Als ich aufwachte, spürte ich wie das Blut in meinem Mund schwamm und nach draussen wollte. So muss es sein, wenn man innerlich verblutet.

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Es war ein langes Wochenende gewesen und wir hatten viel gefeiert. Dass es mit ihrer Rückkehr am Sonntag enden würde, konnte ich am Freitag Abend noch nicht wissen. Und wie so oft, war ich so außer mir, dass ich nach außen ganz ich selbst wirkte und das mögen die Leute, das mag auch die Königin, weil sie mich dann für einen Mann hält, obwohl ich nur ein kleines Kind bin. Sie hat mich bewundert, als ich meinen Vortrag hielt und und sie hat mich bewundert, als ich zunächst ihrem Werben widerstand. Doch mein Widerstand hielt nur wenige Drinks lang. Dann nahm sie mich bei der Hand und entführte mich in die verregnete Nacht hinaus in ein Wirtshaus. Mir war schlecht, ich bekam fast keinen Bissen hinunter, während sie wie immer diesen gesunden Appetit an den Tag legte, der ihr auch des Nachts nicht abhanden kam. Danach zog sie für eine kurze Weile bei mir ein und wir wurden eins, während wir den Tod dabei beobachteten, wie er langsam und bedächtig einen nach dem anderen auffraß. Der bekam noch einen Bissen hinunter, dachte ich mir und wenn ich heute Nacht der Bissen wäre, bin ich nicht undankbar. Dann muss ich wenigstens nicht ohne dich aufwachen. Dummerweise war er vollgefressen ins Bett gewankt und hatte mich außer Acht gelassen. So musste ich nun diesen Tag antreten mit Blut im Mund und mich fragen, ob sie das Blut an ihren Händen schon abgewaschen hatte, oder ob sie es wieder all ihren Untertanen zeigte, damit sie sehen, was passiert, wenn man ihr zu nahe kommt.

Nun ist sie also zurück, die Königin, und hin und wieder nimmt sie mich mit in ihre Gemächer, lässt mich unter ihre Roben kriechen und vertreibt sich die Zeit mit meiner grenzenlosen Loyalität. Doch je mehr sie mich in ihren Dienst stellt, desto funkelnder erscheinen mir die Intrigen des Hofs und desto mehr drohe ich an dem morgendlichen Blut im Mund zu ersticken. Es gibt noch etwas zu tun, bevor meine doppelte Zunge mich verrät und ich dem Fallbeil ihrer Launen unterkomme. Ich muss noch ein Lied schreiben, muss die Minne noch einmal bemühen, denn wenn sie mich dieses Mal sterben lässt, will ich ein Lied auf den Lippen tragen und mir auf die Zunge beissen, bis das Blut aus meinem Mund auf ihr schwarzes Kleid spritzt und es bleicht, es bleicht, es bleicht.