Spieltag 8: You Know When You’ve Been Marioed
Na, schau her, es geht doch. Kaum sind alle wichtigen Spieler (bis auf Butt) beim FC Bayern verletzt, kaum hat man keine 80 Prozent Ballbesitz mehr und spielt wieder Rumpelfußball, schon klappt’s wieder mit dem Gewinnen. Man muss Van Gaal hoch anrechnen, dass er erkannt hat, dass gerade in der Resignation das neue Erfolgsrezept liegt. Einfach alle Hoffnung fahren und Mario Gomez spielen lassen. Aber vielleicht war der gute Louis einfach nur so beschäftigt mit der Vermarktung der deutschen Version seiner ZWEIBÄNDIGEN Autobiografie, dass er die Woche über vergessen hat, seinen Schöngeistfußball (der steht im zweiten BAND) zu unterrichten. Wie auch immer, es hat funktioniert: Mario Gomez ist für eine Woche der Jesus des runden Leders und weil ein Bayernsieg derzeit so eine Ausnahmeerscheinung ist, gibt es ein Spezial mit allen noch gesunden Spielern in der Einzelkritik.
Butt: Da er ungefähr fünfzig Bälle nach vorne schlagen musste, der Entscheider im Spielaufbau. Baute nur einmal kurz ab, als er den Hannoveranern einen Ball im Fünfer direkt vor die Füße wischte, als wäre der Ball eher lästig denn torgefährlich.
Lahm: Hat neulich in einem Interview gesagt, er wäre noch nie so kaputt gewesen wie kurz nach der WM. Wenn das stimmt, erweist er sich gerade als irreparabel.
Tymoshchuk: Für einen Mittelfeldspieler (bis auf einen halbfatalen Ball in den Rücken der eigenen Leute) eine blitzsaubere Leistung in der Abwehr. Und ganz ehrlich: bevor ich wieder Gegners Liebling, Martin Demichelis, in die Innenverteidigung stelle, soll lieber noch Hermann Gerland hinten aushelfen. Bis zum nächsten Einsatz in der Startelf könnte für Tymoshchuk deshalb diesmal nicht mehr ein ganzes Jahr vergehen. Vielleicht nur noch ein halbes, weil er bei Kopfbällen aufs halbleere Tor aus fünf Metern Entfernung eben nicht ganz so flexibel ist.
Badstuber: Grandios liberös.
Braafheid: Graduell nervös.
Ottl: Stellenweise arg tollpatschig und nicht unbedingt auf dem Weg in die Stammelf.
Pranjic: Der rackert noch, wenn ihm nahezu der Unterkiefer weggezimmert wird, wie in der ersten Hälfte nach einem brutalen Check eines Hannoveraners zu begutachten.
Müller: Seit Robbens Ausfall die verlässlichste Offensivkraft der Bayern. Selbst wenn die Torgefahr nachlässt, bleiben seine undurchschaubaren Angriffwege erhalten. Durchschaut er selbst nicht immer, könnte man meinen.
Altintop: Die Schusskraft ist da, nur scheint er neuerdings seine Sehkraft einzubüßen. Nur so ist der groteske Verschießer ins Nichts zu erklären, den er in der zweiten Halbzeit verbrochen hat.
Kroos: Das was man einen Motor nennt. Leidet vor dem Tor allerdings unter dem selben grauen Star wie der Kollege Altintop.
Gomez: Mein Gott, Mario Gomez. Ich sag schon seit einem Jahr vor jedem Spiel: Das wird sein Durchbruch. Nur spielt er meistens nie. Aber dieses Mal habe nicht nur ich auf ihn gesetzt sondern auch die Chaostheorie, das Schicksal und der liebe Gott. Es kam alles zusammen: Die Rückennummer Gottes (33 Kumpels aus Chile), der Name des Auserwählten (Mario Gomez, wiederum Kumpel aus Chile), die Hand Gottes (beim 2:0) und der Körper Apollos (nicht aus Chile, sondern Griechenland). Wer da nicht an einen Fußballgott glaubt, hält Christoph Daum für einen guten Trainer und für unschuldig jemals Kokain eingenommen zu haben.
Schweinsteiger: Manchmal geb ich es ungern zu, weil er seine trainierte Brust immer so affig herausstreckt, aber wir brauchen diesen Mann beim FC Bayern. Und auch in der Nationalmannschaft. Ja, is halt so.