Feierabend

Neulich auf einer Beerdigung gewesen.

Als sich das letzte Licht des Tages gegen vier Uhr nachmittags langsam in ein samtiges Rot auflöst und die letzte Milde dieses Jahres ganz ruhig und gelassen aus der Luft entweicht, der Sarg von den vier schwarz Gekleideten mit Schirmmützen bedächtig hinuntergelassen wird, und die Bläser was in Dur spielen, dann erscheint einem das Leben gar nicht so übel, selbst wenn es vorbei ist.

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Mandels Büro

Es ist soweit, die Kollegen Mandel und Singer sind im Dienst. Das erste hauseigene St. Burnster-Buch ist ein sogenannter Kriminalroman geworden, obwohl es eigentlich die lakonische Geschichte einer Freundschaft ist, die langsam zum Teufel geht. Mandel und Singer sind taufrische Privatdetektive mit eigenem Erbbüro, die im alten Leben Musikjournalisten waren. Jetzt schlagen sie sich immer noch mit Tod, Verderben und Hinterfotzigkeit der Show- und Musikbranche herum, aber als von der Industrie- und Handelskammer geprüfte Ermittler.

Das Buch ist so ein bisschen die Essenz von allem, was sich hier auf dem Blog in den letzten Jahren abgespielt hat. Die ganze Todesverachtung, die Klugscheisserei, das süddeutsche Gehabe und die Musik, all das kommt jetzt zusammen und ergibt sogar noch halbwegs eine Handlung (und wer genau hinschaut, sogar eine Haltung).

Mandels Büro beim heyne.de (zum hineinlesen)
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Der Trailer:

Ein paar Pressestimmen:

„Berni Mayer eröffnet mit Mandels Büro eine Krimireihe, die oft an einen Geschichte von Kir Royal-Regisseur Helmuth Dietl erinnert und mit ganz viel Musikinsiderwissen punktet. [..] Das Buch hat Schmäh und Schnelligkeit, Ideen und Individuen, die unverwechselbar gezeichnet sind.“
– Jan Drees, 1Live, Januar 2012

„Berni Mayer schafft es mit ´Mandels Büro´, einer fast vergessenen Zunft zu einer furiosen Wiedergeburt zu verhelfen. Die Charaktere sind herrlich, die Geschichte ist wunderbar erzählt und dabei auch noch überaus spannend und teilweise saukomisch. Ich möchte jetzt sofort Detektiv werden.“
– Markus Kavka, Dezember 2011

„Mandels Büro fand ich sehr unterhaltsam! Hoffentlich verfilmt das jemand!“
– Bela B., Januar 2012

„Mandels Büro funktioniert nämlich nicht nur als Krimi, sondern auch als pointierte Abrechnung mit der Medien- und Musikbranche. Da Mayer aus dieser Welt kommt, treffen seine Anspielungen ins Schwarze.“
– Jan Schwarzkamp, Visions Magazin, Januar 2012

„Der Autor dieses sympathischen Irrsinns [..] kennt sich nicht nur in der Popgeschichte aus, sondern auch mit alten Jungsfreundschaften. Und obwohl er nicht mit absurden Zufällen spart, ist die Geschichte nie komplett überdreht. Sein bester Kniff: die drollig dilettantischen Ermittler, die den Wahnsinn brav nach den Regeln des IHK-Umschulungskurses für Detektive bekämpfen.“
– NEON, Januar 2012

„Als Debütroman sind die 336 Seiten in Taschenbuchform also durchaus ein kurzweiliger und flott zu lesender Volltreffer [..]“
– musikansich.de, Januar 2012

„Glaubwürdig, superlustig und spannend bis zur letzten Seite, eine echte Pflichtlektüre, nicht nur für angehende Journalisten und Detektivpraktikanten.“
– Anne Müller, Sonic Seducer, Januar 2012

„Herrlich ergötzlich geschrieben, mit sehr viel ironischem Augenzwinkern. Wer immer schon alle möglichen Vorurteile über dieses Rock’n’Roll-Business hatte, der wird herrlichst bestätigt durch diesen Roman.“
– Leo Schuwerak, HR2, Februar 2012

„Die in einem irgendwie münchnerisch wirkenden Kaff spielende Geschichte um den Mord an einem Bandleader erinnert zudem von fern an die Episoden in „Kir Royal”. Der Ich-Erzähler wirkt zunächst wie ein Trottel vom Dienst, bis man den Eindruck gewinnt, dass er von allen am meisten draufhat. Und das Beste: Berni Mayer trifft den richtigen Ton und schreibt mit viel Augenzwinkern. Lesenswerte Stereotypien aus dem „Milljöh”.“
– Culturmag.de, März 2012

„Das Buch ist augenscheinlich gut recherchiert und der Autor brilliert mit authentischen Dialogen. [..] Berni Mayer ist ein höchst unterhaltsamer Krimi abseits des Mainstreams gelungen, und seine beiden unkonventionellen Helden haben durchaus das Potenzial für weitere Romane.“
– Andreas Kurth (krimi-couch.de), März 2012

„Die neue Rolle des Krimiautors steht ihm überraschend gut. Vor allem die beiden Hauptfiguren sind recht charismatisch und deren Dialoge stellenweise sehr amüsant.“
– Christoph Parkinson, OX-Magazin, März 2012

„[..] Mayer bietet mit seinem Debüt gute Unterhaltung, die – dank seiner eigenen Branchenerfahrung – durchaus glaubwürdig mit dem Musikbusiness als Hintergrund für seine Film Noire – Handlung spielt.“
– Christian Ihle, taz.de, Mai 2012

„Mit reichlich Drive und absurden Wendungen erzählt Mayer eine satirische Krimistory aus der Welt des Rock’n’roll. Die überkandidelte Großstadt-Hipness kann bisweilen aber auch nerven.“
– Fred Filkorn, Mittelbayerische Zeitung, März 2012

„Das Debüt von Berni Mayer, einst bei MTV und Viva, ist ein Lesegenuss und bei aller Spannung stellenweise richtig lustig. Bleibt zu hoffen, dass diese beiden Rock’n’Roll Detektive bald ihren zweiten Fall bekommen.“
– Münchner Merkur, März 2012

Kurzinterview:
Kulturnews.de

Und Tourdaten:

17.01.2012 Mandels Büro, Eröffnungslesung, Buchbox Berlin
20.01.2012 Lesung bei 1Live Klubbing, Köln
16.03.2012 Leipzig, mit Oliver Uschmann, Ilsse Erika
17.03.2012 Merseburger Lachnacht, Special Guest
28.03.2012 Regensburg, Alte Filmbühne
29.03.2012 München, Laab, Musik: Mexican Elvis
03.04.2012 Hamburg, Molotow, Gast: Max Leßmann (Vierkanttretlager)
14.04.2012 Mainz, Bukafski, Musik: Thomas Müller (Million Dollar Handshake)
24.05.2012 Berlin, Melody Nelson mit Katja Berlin
12.08.2012 Berlin, Heimathafen

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Bergen

Und dann kurz in Bergen, Norwegen gewesen. Und gleich erste Enttäuschung am Flughafen: Sonne scheint. Na ja, was heißt scheint, aber sie ist irgendwo hinter den Wolken und es regnet nicht. Und das, obwohl man sagt, dass es in Bergen quasi keinen Tag ohne Regen gibt. Man hat dort sogar ein Wort für Nichtregenwetter erfunden, das ist so selten in Gebrauch wie bei uns im Haushalt das Wort „Geldregen“.

Ich muss dazu sagen, dass ich mir nichts anderes als das finsterste Szenario von Bergen erwartet habe, schließlich kenne ich die Stadt ausschließlich aus meiner Recherche über Norwegischen Black Metal. Und spätestens ab 14:30, wenn es langsam dunkel wird und die Wolken sich wie ein Heer über dem kleinen Flecken Zivilisation zwischen dem ganzen Gefjorde zusammenballen, kommt einem die Idee, dass die jungen Leute trotz oder gerade wegen der blitzsauberen Holzhausidylle und der allgemeinen Weltkulturerbe-Behäbigkeit auf dumme Gedanken kommen könnten, nicht mehr so abwegig vor. Warum Bergen Bergen heisst, ist nicht ausschließlich von einem promovierten Ethymologen aufzuklären. Die Stadt ist quasi eingekerkert von Bergen, und da wo die Berge nicht sein können, machen sie gemeinsame Sache mit dem Wasser. Man kann also nicht auf natürlichem Wege in oder aus der Stadt hinauswandern. Tunnel, Flugzeug oder Boot sind nötig, um diese allumfassende Natursperrung zu „umgehen“.

Ich wohne im Bed & Breakfast einer älteren Frau mit türkisen Haarsträhnen, deren Holzhaus angeblich fünf Stockwerke umfasst (ich durfte nie höher als in den Ersten) und bis zur Decke vollgestopft mit esoterischem Nippes ist. Sie ist Drehbuchautorin, sagt sie, und ab sieben lallt sie immer ein bisschen. Aber sie ist nett und wir reden ein bisschen über Attentate und Kirchenbrände.

Am Samstag abend gehe ich aus und hole mir vorher einen Kebab für zirka sechs Euro, der mir den restlichen Abend immer wieder schmerzlich in Erinnerung gerufen wird, da ich alle zwei Minuten von der Kräutersoße aufstoßen muss. Ich gehe in die bekannte Rockerkneipe Garage, weil ich hoffe, einen bekannten Black Metaller wie Gaahl oder Fenriz zu sehen. Das wäre für mich sowas wie ein Prominenter. Nicht nur so ein Allerweltsgesicht wie Benno Führmann oder Detlef D. Soost, bei denen man sich mittlerweile schon Mühe geben muss, sie nicht zu treffen. Aber es ist kein Black Metaller da. Dafür eine Folkband. Ein Mädchen mit einer Motorradlederjacke und einem wildem Blick nimmt mich in ihre Gruppe auf und wir gehen fünf Minuten zu einem anderen Konzert. Dauernd entschuldigen sich alle, weil es so lange dauert. Sorry, das ist so weit weg, sagt das Mädchen mit dem wilden Blick, die eine Ausbildung zur Köchin macht, dabei sind wir längst da. Sie kommt vom Fjord, da ist es saulangweilig, sagt sie. Hier in Bergen kann sie kochen, zuhause gibt es keine Restaurants. Sie möchte mehr Chemie in ihre Küche bringen, sagt sie, aber vielleicht verstehe ich das falsch.

Der Club befindet sich in einer Höhle und heißt folgerichtig hulen. Die erste Band spielt progressiven Power Metal mit Black-Metal-Einflüssen und einem Keyboard. Sie heisst Like Rats From A Sinking Ship. Danach die ziemlich wuchtigen Wolves Like Us und am Ende noch Blood Commmand, bei denen das Kochmädchen dann vollends ausrastet und ohne Schuhe in einen Männermoshpit hineinspringt. Irgendwann habe ich kein Geld mehr, was kein Wunder ist, bei den Fassbierpreisen. In Bergen ist alles vier Euro teurer als bei uns. Aber nur bei den Preisen unter zehn Euro. Über zehn Euro gehts exponentiell nach oben mit der Differenz. Ich habe mir das auch unnötig kompliziert gemacht, ich hätte mir auch einfach den Umrechnungskurs merken können. Aber irgendwann hab eh nichts mehr umgerechnet, weil du wirst ja wahnsinnig, wenn du ständig alles ins Teure umrechnest. Da bräuchtest du ja nochmal einen extra Urlaub nach dem Urlaub, in dem du dich vom Geldausgeben erholst. Und der würde ja dann wieder was kosten…, lassen wir das.

Wobei es ja auch kein reiner Urlaub war. Zu Recherchezwecken war ich unter anderem bei der Stabkirche in Fantoft, die von Black-Metal-Impresarios in den Neunzigern komplett abgebrannt wurde. Ich hab die Bilder aus den Dokus deutlich vor Augen, als ich mich unter dem versammelten Wolkenheer den schuppigen Drachenköpfen nähere. Dass die Black-Metal-Leute, die ja ausgesprochene Heiden sind, ausgerechnet die heidnischste aller christlichen Kirche angezündet haben, klingt zunächst skurril. Aber wie man hört, erst recht deswegen. Weil das früher mal ein friedlicher Ort der Naturreligion war, wo man ungestört ein Blutopfer an Odin und Konsorten bringen konnte, bis der Christ an sich und seine ganzen Hausmeisterregeln über Skandinavien hereinbrachen. Man muss auch zugeben, dass der Norweger nicht explizit nach dem Christentum gefragt hat, das hat ihm der Olaf der Erste quasi mit spitzer Klinge untergejubelt.

Am Sonntag hat es dann endlich in Strömen geregnet und zwar den ganzen Tag. Dazu noch ein Nebel, der fast mit Händen zu greifen war. Auf der Straße dennoch alles andere als lange Gesichter. Der Bergenser an sich ist kein aufgeregter Typ, aber auch kein unterkühlter. Wenn du jemand auf Englisch was fragst, bekommst du meistens eine präzise und freundliche Antwort. Millionenfach freundlicher als der erstbeste Mensch mit dem ich zurück in Berlin reden musste. Der Wurstverkäufer am Flughafen, der sich absichtlich soviel Zeit beim Geldwechseln ließ, dass ich fast den Zug verpasst hätte. Und dabei hat es in Berlin nicht den ganzen Tag geregnet.

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Die frühe Dunkelheit

An manchen Tagen fängt die nächste Nacht schon in der Früh an. Ich hatte einen Alptraum, das fühlt man ja, wenn man aufwacht. Der Kopf tut weh, die Knochen stechen in die Haut, der Rücken wie gebrochen. Als ich meiner Frau erzähle, was es für ein Alptraum war, lacht sie. Ich habe geträumt, ich wäre wie ein Irrer in einer Stadt herumgefahren, die ich nicht kenne. Kein Platz, an dem man anhalten durfte und das Auto, in dem ich saß, ist langsam zerfallen. Der Morgen ist zu ruhig, kein Verkehr draussen, das Kind schläft noch, die Frau hat sich leise ins Bad gestohlen, es ist unnatürlich ruhig. Als ich das Kind in die Tagesstätte bringe, ist es immer noch nicht richtig hell geworden. Das Kind sieht gerne Hunde, aber auf dem Weg kommt uns ein grässlicher schwarzer Hund mit einem grimmigen Baseballkappenträger an der Leine entgegen, wo es selbst dem Kind das „Wauwau“ verschlägt. In unserem Haus wird eine Wohnung zwangsgeräumt. In der Wohnung hat ein Autor gewohnt und mein Fahrrad ist immer unter seinem Balkon angeschlossen. Ein Balkon, der noch nie benutzt wurde. Hinter den Fenstern des Balkonzimmers kann man Umzugskisten sehen, keine Einrichtung. Schon immer. Ich weiß nicht, ob der Mann geflüchtet ist, gekündigt wurde, oder tot ist, aber es schaut unangenehm aus, wie diese Arbeiter mechanisch einen LKW einräumen. Ich frage, ob der Kinderwagen im Flur den Umzug stört, weil man ja nicht zu den Leuten gehören will, die ihren Kinderwagen wie einen Gral vor die niederen Dinge des Alltags stellen, und wehe es rührt ihn jemand an. Andere Nachbarn im Haus würden Fehden veranstalten wegen ihrem Kinderwagen-Stellplatz. Das steckt in allen, nicht nur in Eltern, das unmenschliche Reviergehabe, aber man muss es unterdrücken, der Menschlichkeit zuliebe. Der Arbeiter wird leicht hysterisch und sagt, es handle sich um eine Räumung, keinen Umzug. Und der Wagen störe nicht. Mehr will ich ihn nicht fragen, mit so jemand will man sich auch nicht an einem sonnigen Tag unterhalten. In der Dusche denke ich darüber nach, was wäre, wenn man mich aus der Wohnung schmeissen würde, wenn ich die Miete nicht zahlen kann. Ich bin doch auch eine Art Autor. In der Folge von Boardwalk-Empire, die ich gerade sehe, sind die Leute vom Tod und Verlust gezeichnet, das ist das Thema, wenn man ehrlich ist. Jetzt fällt mir mein Großvater und die letzten Jahre ein, in denen er so krank und verbittert war. Eigentlich ein netter Mann, der Großvater, etwas misstrauisch, aber wer will der Kriegsgeneration das verdenken. Jetzt sitze ich am Schreibtisch und archiviere die Dunkelheit dieses Morgens mit diesem Text, hefte sie ab, und tatsächlich kommt kurz die Sonne heraus.

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Der Kellner

Weil es nahezu zur Unsitte geworden ist, gerade da man es mittlerweile bei Hinz und Kunz toleriert, über das eigene Wohlbefinden zu publizieren und Auskunft zu geben über das, was man frisst und tut den lieben langen Tag, möchte ich mich für den nächsten Satz jetzt schon entschuldigen und anführen, dass ich diese Befindlichkeit nur deshalb zum Besten gebe, weil sie inhaltlich einen höheren Zweck erfüllt. Jetzt kommt sie: Ich habe am Sonntag im Sarah-Wiener-Café im Hamburger Bahnhof (in Berlin, nicht in Hamburg) einen wahnsinnig guten New-York-Cheesecake gegessen. Aber nicht der Kuchen, sondern der Überbringer desselben ist das erfreuliche Sujet dieses Artikels, wie schon ein Dummkopf an der Überschrift erkennen könnte, läsen hier überhaupt Dummköpfe mit.

Der Kellner, der mir den Kuchen gebracht hat, trägt einen schmalen Schnurrbart wie Marlon Brando als Don Corleone. Und auch die Frisur ist eine Ähnliche, selbst wenn das Haupthaar noch spärlicher als bei Brando ausfällt (ha, ausfällt!). Der Kellner geht nach vorne ziemlich gebückt, er scheint eine Beschwerlichkeit mit dem Rücken mit sich herum zu tragen. Das sieht nicht unbedingt traurig aus, wirkt sogar auf eine gewisse Weise ehrwürdig, weil er selbst bei einem Käsekuchen und einem Cappucino aussieht, als schleppte er die Last der Welt für ein kleines Trinkgeld zu dir an den Tisch und wieder zurück hinter die Theke. Der Kellner ist weder besonders humorvoll, noch besonders überschwänglich. Er ist dafür besonders darum besorgt, ausserhalb seiner kellnerischen Tätigkeiten – und die umfassen vor allem einen korrekten und sauber artikulierten Umgang mit den Gästen – nicht weiter aufzufallen. Höflichkeit kann man es auch nennen. Bei aller Korrektheit steckt ihm aber dennoch ein gewisser Schalk im kaputten Rücken, auch wenn er ihn sich aufs Härteste verbeissen muss. Ein bisschen erinnert er mich damit an Batmans Butler Alfred, die Seele eines Maschinisten und Vigilanten. Der Kellner übt seinen Beruf so aus, als hätte er ihn gelernt und als hätte er ihm einst Spaß gemacht. In seinem schwarzen Hemd und der schwarzen Schürze hat er zugegebenermaßen auch etwas von einem Bestatter, aber es gibt ja auch freundliche Bestatter. Der Kellner ist unter all seinen Kollegen in dem Café garantiert der einzige über vierzig und sieht aber nach siebzig aus. Er ist ohne Zweifel ein Relikt einer Kaffeehauskultur, die schon im letzten Jahrhundert längst ausgestorben war. Und das in einer Stadt, in der der arbeitslose Hipster und Studenten das gastronomische Service-Ruder fest in der Hand halten und damit auf Tugenden wie Schnelligkeit, Freundlichkeit und Flexibilität einschlagen, bis sich nichts mehr rührt. Der Kellner ist ein Grund, warum ich gerne am Sonntag eine Stunde dort verbringe. Selbst dem größten Sonntagsgewühl trotzt er noch eine unheimliche Ruhe ab und die Gewissheit, dass nichts so wichtig ist, wie der nächste Kaffee, aber nur, wenn er ohne Umstand und ohne diese grässliche Hast serviert wird.

Von uns hat der Kellner erst länger nicht Notiz genommen. Dann hat er ein Getränk am falschen Tisch abgestellt und zwei statt einem Käsekuchen gebracht. Am Ende hat er vergessen, dass wir zahlen wollten. Wir haben ihm aber auch den irrtümlichen New York Cheescake abgenommen und ihm ein bisschen mehr Trinkgeld als normalerweise gegeben.

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Kurzkritik zu Hanna

Grimmig in seine eigene Märchenmetaphorik verliebter Agentenmumpitz mit hohem Dialogschämfaktor.

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Kurzkritik zu Captain America

Eingangs charmante amerikanophile Nummernrevue inklusive großartigem Propaganda-Musical, die ab der zweiten Hälfte den Krieg gegen die Regelhaftigkeit des Action-Genres ebenso verliert wie ich den Kampf gegen den Schlaf.

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Der Papstbesuch

Wie angemessen wir bayerischen Katholiken im Gegensatz zu diesen renitenten Spaniern mit unserem Papst umgehen, demonstrierte Herr Georg Ringsgwandl in seinem Volkslied von 1987 „Papst Gsehng“, das ich aus aktuellem Anlass hier für Sie noch einmal zum Besten geben werde, weil ich kein Video dazu gefunden hab. Selbst ist der Christ.

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