Über Herrn Schweinsteiger

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Das Problem bei an sich sehr spezifischen Themen wie Griechenland, Schweinsteiger und der Einstellung des Warnemünde-Express ist ja, dass Hinz und Kunz eine Meinung dazu haben und sie deshalb irgendwann zu Allgemeinplätzen werden, bei denen zwar alles schon gesagt ist, aber nie zum richtigen Zeitpunkt von den richtigen Leuten. Das maß ich mir jetzt auch bei der Causa Schweinsteiger nicht an, deshalb meine textliche Lieblingsdarreichungsform: Hirnfetzen. Und zwar auch als geiles, neumodisches Listendings.

1. Am Anfang war die Frisur. Und Gott sah, dass die Frisur beim Teufel war. Seriously, die ersten Wirkungsjahre konnte man gar nicht hinschauen. Kann also nichts über die Leistung sagen.

2. Irgendwann trat er dann als Comedy Duo mit Poldi auf. Da konnte ich dann nicht hinhören. Hielt ihn zu der Zeit aber eh für überschätzt, für zu passiv, immer erst auf den richtigen Pass wartend, aber nichts dafür tun wollend. Talent? Klar. Aber Talent hatte auch der Littich Sepp. Mehr sogar. Und schau, was der heute macht. Was macht er eigentlich? Mal meine Mama fragen, die kennt noch Leute bei uns im Ort.

3. Auch ohne Poldi hat er mich mehr geärgert als delektiert. Als ich noch an Fußballübertragungen in der Öffentlichkeit teilgenommen habe, habe ich immer reingebrüllt: „Gebt’s dem Schweinsteiger nicht den Ball.“

4. Dann kam der irre Holländer. Und Schweini wollte ab jetzt Herr Schweinsteiger sein. Und das mit Recht. Plötzlich huschte er nicht mehr, schlawenzte nicht mehr, er stand. Seinen verdammten Mann. Herr Schweinsteiger auf der Sechs, das war der heißeste und folgerichtigste Scheiß seit Oliver Kahn im Tor.

5. Multiplayer-Variante: Die Doppelsechs mit meinem geliebten Javi Martinez, die beste Erfindung seit doppeltem Espresso. Ein Doppel, das ein Triple verdient hatte.

6. Dann kamen die Verletzungen, kurz unterbrochen von einem Fight Club-Intermezzo namens WM-Finale 2014. Kurz mal mit Tyler Durden den WM-Titel gewonnen. Respekt. Zu der Zeit ließ er sich für meinen Geschmack aber schon viel zu oft den Ball nehmen, war schon zu zufrieden mit seinem Ruf als Sechsgott.

7. Unter Pep konnte ich nicht mehr wirklich beurteilen, was Herr Schweinsteiger taugt. Ganz erholt hat er nie gewirkt. Nach Alonsos erstem großen Auftritt gegen Schalke dachte ich: der spielt sich jetzt noch ein bisschen auf der Zehn, dann tritt er langsam etwas kürzer. Dann wurde Alonso schlechter und ich wünschte mir den Schweinsteiger of old zurück. Den mit Javi. Hell, ich wollte meine Triple-Doppel-Sechs zurück, if that makes any sense.

8. Und jetzt? Jetzt seh ich vollkommen ein, dass er noch mal seine grauen Schläfen in den Wind hält. Nur zum Erbfeind hätte er nicht gehen müssen, aber eigentlich ist mir auch das wurscht. Solange sein Abschied nicht aus den falschen Gründen so tränenreich ausfiel wie der vom armen Casillas. Ich lass ihn gehen, meinen Segen hast Du, Schwei . . . ich meine: haben Sie, Herr Schweinsteiger. Nur weil einer Traditionsspieler ist, muss er nicht bis zum nächsten Weltkrieg auch bei seinem Heimatverein spielen. Alles was sich tut, tut gut. Dass ich grad noch nicht sehe, was Rummenigge und Pep da für eine Mannschaft zusammenbauen, ist ein Artikel für einen anderen Tag.

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Ein gutes Geschäft

. . . oder warum der Firmino-Transfer ein Glücksfall für alle Beteiligten und Unbeteiligten ist

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Mitte Dezember 2014, fünfzehnter Spieltag der deutschen Bundesliga. Die TSG Hoffenheim gewinnt in einem spektakulären Spiel 3:2 zuhause gegen Eintracht Frankfurt. Notiert habe ich mir damals Folgendes im Brennerpass: „Hoffenheim dribbelt und doppelpasst unter der Leitung Firminos wie die brasilianische Nationalmannschaft von 1982.“ Ich erinnere mich auch jetzt noch an dieses Spiel, an Firmino, wie er Spielerwelle um Spielerwelle in den Frankfurter Strafraum schickt, dann wieder selbst durch die Abwehrreihen der Frankfurter pflügt und trotzdem die Übersicht über die Offensivbemühungen der Mannschaftskameraden behält. Den knappen Siegtreffer erzielt ebenfalls der blutjunge Brasilianer, nachdem Szalai mit der Hacke vorbereitet.

Ein Spiel, an das ich denken muss, wenn ich jetzt von den angeblichen 41 Millionen lese, die der FC Liverpool dafür hinblättert, dass Firmino nächstes Jahr an der Anfield Road torgeil über den Rasen schwebt. Der übliche Reflex auf Twitter lautet natürlich „größter Witz der Sommerpause“ (@broedchen), „diese Scheiße bricht dem Fußball das Genick“ (@sasch_1) und „krankes Geschäft“ (@nedfuller). Doch dieses kranke Geschäft nutzt doch der gesamten Bundesliga und vor allem einem Bundesliga-Verein, der – auch wenn manche es nicht hören wollen – dank Roberto Firmino die letzten Jahre äußerst attraktiven Fußball aufgetischt hat. Er nutzt nicht nur The Sensational HOFFâ„¢, er nutzt dem Prestige der gesamten Liga.

Er nutzt aber vor allem einem Spieler, der lange genug und scheinbar auch nicht ganz ohne Spaß an der Freud kleinere Brötchen gebacken hat und jetzt ein bisschen weitere Welt als Sinsheim und an ein paar Euronoten mehr schnuppern darf. Natürlich kommt jetzt der Vergleich auf: „Wotsefak, ein Firmino soll mehr wert sein als ein Götze?“ Im Fall Götze trifft das im Moment ja auch zu, also no biggie, außerdem sollte doch mittlerweile jeder kapiert haben, dass Transfersummen nur partiell Spielstärke oder Talent widerspiegeln – es handelt sich in der Regel um Kontextsummen oder glaubt wirklich jemand, dass Bale beinahe 100 Millionen Euro wert war. Spielen tut er zumindest nicht so.

Firminos Marktwert lag übrigens schon vor einem Jahr bei über 25 Millionen, ein klares Zeichen, dass es ihm nicht an Angeboten gemangelt hat, als er sich zunächst entschloss, bis 2017 in Hoffenheim zu verlängern. „Der Anfang war sehr schwierig, ich bin in der Kälte angekommen“, erzählt dieser eher schüchterne Mensch über seine Anfänge bei Hoffenheim. Ein Mensch, der mittlerweile Hoffnungsträger der immer noch leicht angebeutelten Seleçao ist. Dass er sich vier Jahre durchgebissen hat, ist doch ein exzellenter Grund, um ihm die Gehaltserhöhung und den Aufstieg in den internationalen Spitzenfußball zu gönnen, auch wenn sich an der Kälte leider nichts ändern wird, da muss ich dich enttäuschen, lieber Roberto.

Und wer weiß, wohlmöglich kauft sich die TSG jetzt Mario Götze. Geld ist ja jetzt da. Vielleicht ist der Fußball wirklich ein krankes Geschäft, aber Roberto Firminos Transfer zum FC Liverpool scheint mir ein recht harmloses Symptom davon zu sein.

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Schattenspiele

Gerade ist mit Brett Forrest – Schattenspiele ein Buch über Manipulation im Weltfußball erschienen, das ich mitübersetzt habe. Das ist düsterer, mitunter harter Stoff anhand der Biografien eines Spiele-Manipulators und eines Ermittlers. Danach sieht man kein Fußballspiel mehr wie zuvor. Hier die Inhaltsangabe aus dem Heyne-Verlag:

Mit der Verbreitung des Internets ist der Markt für Sportwetten rapide gewachsen. Die jährlichen Umsätze liegen im Billionenbereich. Rund siebzig Prozent davon entfallen auf eine einzige Sportart: Fußball! Diese enormen Geldsummen haben das organisierte Verbrechen auf den Plan gerufen. Im Jahr 2013 gab Europol bekannt, dass allein seit 2008 über 700 internationale Partien manipuliert wurden. Kein Spiel ist sicher – selbst im Umfeld der FIFA-Weltmeisterschaft sind die Betrüger aktiv. Jahrelang blieben die Wettsyndikate unter dem Radar der Strafverfolgung und konnten so ihren Einfluss festigen. Doch ein Mann hat beschlossen, dem Betrug ein Ende zu setzen: Chris Eaton, ein dickköpfiger Australier, langjähriger Interpol-Agent und ehemaliger Sicherheitschef der FIFA. Der Journalist Brett Forrest begleitet Eaton auf seinem Weg vom einfachen Polizisten zum international agierenden Ermittler – und auf der Jagd nach den Schattenmännern, die den Fußball bedrohen: Kriminelle, die unter falscher Indentität quer durch die Welt reisen und im Autrag der Wettmafia Einfluss auf Spieler, Clubs und Verbände nehmen.

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Fußball ohne Fußball: Trainingslager

Ich habe nichts zur Vorstellung von Pep Guardiola geschrieben, ich habe mich nicht zu den Testspielen, Gerüchten, Verletzungen und Scheinneuigkeiten aus dem Bayern-Camp geäußert, weil ich a) noch keine Lust hatte, mich mit dem neuen FC Bayern zu beschäftigen und stattdessen in wohligen Triple-Erinnerungen schwelgte und b) mir bisher nicht das geringste Bild vom Zustand der Mannschaft und ihrem Innenleben zusammenreimen konnte.

Das kann ich auch jetzt nur im grobkörnigsten Ansatz, aber genau wie man oft kurz vor dem Spiel in den Gesichtern der Spieler lesen kann, was gleich passiert, so kann man vielleicht anhand der Bilder, Interviews und der gerade abgeschlossenen Pressekonferenz vom Gardasee gewisse Stimmungen ableiten.

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Triplé

Ich kann weder zum CL- noch zum Pokalfinale eine detaillierte Spielanalyse abgeben, dafür war ich jeweils zu betrunken, gebannt und surrealisiert. Ich kann jetzt noch nicht wirklich begreifen, was da in den letzten acht Tagen passiert ist. Deshalb meine Lieblingseindrücke im Schnellvorwärtsspringen.

Einmarsch Wembley: Thomas Müller grinst hinterhältig.

Erste Halbzeit Wembley: Entsetzen, Jameson. Den BVB haben wir noch lange nicht abgehängt. Härtester Endgegner seit den Gefechten gegen den HSV in meiner Kindheit. Hohe Pässe nach vorne wie unter Lothar Matthäus. Schlechtes Zeichen. Alle sind nervös bis auf Martinez und Müller. Arsch auf Grundeis an beinahe allen Fronten. Meine Mama trinkt einen Panikrotwein.

Zweite Halbzeit Wembley: Dortmund, es hat sich ausgepresst. Ich habe bei der ersten Robben-Großchance gesagt, dass er das Spiel entscheidet und zwar dieses Mal zum Positiven. Nicht wegen der tollen Geschichte, sondern wegen der Stochastik. Und schon auch, weil er ein großer, großer Spieler ist, der die Offensive der Bayern mehr belebt hat als Kroos, und sogar besser in der Defensive ausgeholfen hat. Lewandowski will Boateng zertreten, da merkt man dann doch, dass dem Eisigen langsam was durchbrennt. Was verständlich ist angesichts der in der Luft hängenden Transfersituation und dem Druck des wichtigsten Spiels in seiner Karriere. Ansonsten angenehm fair und auch Kloppskapadenfrei.

Siegesfeier Wembley: Die sedierte Abteilung Attacke gefällt mir hervorragend. Uli Honeß‘ leicht beschämte Freude hat viel mehr Erhabenheit als sein anachronistisches Gerumpel. Steht dir gut, alter großer Mann. Ansonsten sitze ich in Italien und kann es kaum glauben. Eine halbe Flasche Jameson ist leer, ich bin meiner Mama um den Hals gefallen. Ich will in den Pool oder ins Meer springen, aber das Wasser ist um den Gefrierpunkt. Toskana Mai 2013 ist kein Zuckerschlecken.

DFB-Pokalfinale: Beim Einmarsch grinst Thomas Müller schon wieder so diabolisch. Ich habe keine Angst mehr. Der VfB spielt gut aber ist selbst in Maximalform nicht in der Lage, diese Jahrhunderttruppe zu schlagen. Angst habe ich auch in den letzten zehn Minuten nicht, es ist eher der Ärger. Dann kommen die Momente. Endlich kommen ein paar Momente, in denen ich kapiere, was passiert ist.

Berlin, Siegesfeier: Heynckes kaisert alleine über den Rasen. Franck Ribery bei Mehmet Scholl, die besten und komischsten Siebener. Bild für die Götter. Oder auch Nasi-Nasi, wie Uwe Viehmann es so treffend benannte. Ich vermisse Magdalena Neuner als Goldengel, die war leider letztes Jahr beim falschen Spiel. „Triplé“ sagt Ribery. „Triplé“ und „historique“. Das wird mein Trinkspruch werden. Irgendwas ist anders heute in meinem Leben als Bayernfan, ich finde Philipp Lahm in Interviews nicht mehr scheiße. Ein deutliches Zeichen, es muss das Triplé sein.

München, Rathausbalkon: „Wir fahren in den Puff nach Barcelona“ singt Schweinsteiger. Gomez wirkt schüchtern da oben, genau wie er am Vorabend so kontemplativ alleine aus dem Pokal getrunken hat. Es wirkt wie ein Abschied, dem medial abgehobelten Eindruck kann man sich kaum entziehen. Ich finde, das ist ein ganz prima Kerl. Als Kerl. Als Stürmer irgendwie auch. Aber eben nur irgendwie. Robben trägt seit zwölf Stunden dumme Mützen, Manuel Neuer hat nicht geschlafen und ist gleichzeitig mit mir nach Hause gegangen, wenn auch aus einem anderen Club – zumindest soweit ich weiß. Ich kotze mir immer noch die rote Seele aus dem Leib. Langsam spüre ich was. Triplé!

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0:3 / keine Angst mehr

Dass ich nach dem gestrigen Halbfinale im Camp Nou keine Angst mehr habe, ist natürlich gelogen. Denn jeder weiß, dass es nur Sekunden und marginalste Umstände braucht, um das Gefüge aus Raum, Zeit und Fußballgerechtigkeit aus den Angeln zu heben. Es kann daran liegen, dass Manuel Neuer im entscheidenden Moment an ein Magnum Mandel denkt, Jerome Boateng mit der Tochter des zuständigen Schiedsrichters geschlafen hat, eine Flitzerin im schwarzen BH das entscheidende Abseits aufhebt oder Uli Hoeneß noch einen letzten Elfmeter verwandeln will bevor er ins Gefängnis geht, kurz: es gibt jede Menge Wurst-Käs-Szenarien, in denen Bayern das Wembley-Spiel gegen den BVB verschaukelt und Dortmund damit für mindestens ein Jahr die größte und beste Mannschaft ist, die der deutsche Fußball je gesehen hat. In drei Monaten wird auch keiner mehr wissen, wer eigentlich Meister geworden ist, aber man wird wissen, wann der VfB das letzte Mal den DFB-Pokal gewonnen hat.

Und dennoch ist meine Angst weniger geworden, denn die Selbstsicherheit und Spielintelligenz „meiner“ Roten lässt mich gerade vor Freude erschauern. Manchmal sitze ich vor dem Fernseher wie vor einem Bild im Museum und frage mich, wie der Künstler diese Harmonie erschaffen konnte. Sollte also wirklich alles mit rechten Dingen zugehen und die Bayern den Überhenkel nach München holen, muss man davon ausgehen, dass ein zukünftiger Trainer (und ich habe so eine leise Ahnung, wer das ab Juli sein könnte) sämtlichen Trainingseinheiten möglichst fern bleibt, damit die Mannschaft um Gottes Willen genau so weiterspielt wie bisher.

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4:0 / vier gute Ideen

Heynckes zu kränken war die beste Idee, die Bayern je hatte. Und schwer war das nicht, denn Heynckes ist dieser Tage von allem und seiner Großmutter gekränkt. Von Pep Guardiola, von Uli Hoeneß („Dreck gespielt“), vom Götze-Transfer, von Jürgen Klopp, von Watzke, von der Presse. Wirklich, ich habe ihn noch nie so unentspannt gesehen wie in dieser Rückrunde. Aber das macht genau den Unterschied, denn jetzt ist aus dem angeblich im Alter so tranquilen Heynckes eine rastlose Trainerbestie geworden, die es 24/7 jedem nochmals so richtig zeigen will. Zeigen, dass ein Pep Guardiola überflüssig ist. Zeigen, dass die Welt einem Irrtum aufgesessen ist, als sie ihn als Übergangstrainer bezeichnet hat. Vielleicht wird er noch schnell Bundestrainer und Weltmeister, wenn er weiter so beleidigt ist. Der alte Mann und das Mehr.

Die zweitbeste Idee war, sich in den letzten beiden Saisonen von Dortmund so richtig den Marsch blasen zu lassen. Ohne Klopp, seine Spielkunst, seine Besessenheit und seine hintersinnige Rethorik hätte der BVB die Bayern nicht so düpieren können. Schon wieder war es eine Kränkung, die den FCB zu Höchstleistungen angestachelt hat. Ohne Klopp hätte Bayern ab Juli keinen Götze und keinen Pep Guardiola. Wenn man hier mitliest, weiß man, dass ich alles andere als ein Fan bin, aber der Beitrag den er zum deutschen Fußball leistet, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Danke dafür Jürgen Klopp, ernsthaft jetzt.

Die drittbeste Idee war, Sammer zu holen. Jemand, der sowohl die Abteilung Attacke, die Abteilung Demut und vielleicht sogar die wichtigste, die Abteilung Maul-halten, kompetent leiten kann. Ich bin mir sicher, dass Sammer jetzt schon und demnächst noch viel mehr zum Mastermind, zum Herzstück wird. Er ist der einzige im Verein, der eine moderne Rhetorik beherrscht, der Watze/Klopp auch in der Korrespondenz die Stirn bieten kann. So gerne ich Uli Hoeneß mag, so unangenehm war (aha, Vergangenheitsform!) es mir doch stets, wenn mal wieder so ungehalten die Großmannssucht aus ihm herausgeplatzt ist. Man verstehe mich nicht falsch, ich schätze Rumpler, aber noch mehr schätze ich eigentlich Demut, selbst wenn sie nur ein Stilmittel der Höflichkeit ist. Ja, ich bin Deutscher, ich mag Demut, ich hab’s gesagt, so ist es, und ich steh dazu.

Die viertbeste Idee war, dieses Spiel 4:0 zu gewinnen. „Actions speak louder than words“ hat mir ein guter Freund nach dem Spiel gesmst. Und Gary Lineker hat getwittert: „Only one of these sides needs Guardiola and it’s not Bayern Munich.“ Für diesen gestrigen Tag, der in die Vereinsgeschichte als der ereignisreichste eingehen dürfte gab es nur eine einzige unwahrscheinliche Möglichkeit für einen versöhnlichen Abschluss, der sogar dem ein oder anderen Bayernhasser den Saft abdreht: Ein Kantersieg über Barca, und wer hätte das – verdammt noch mal – gedacht?

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Meinungsfreiheit verbieten

Natürlich fragt mich die letzten Tage öfter mal jemand nach Uli Hoeneß. Und ab heute fragen mich die Leute dann sicher auch nach Mario Götze. Und warum der Hoeneß so ein falscher Fuffziger ist und wir andere Vereine kaputtkaufen, und ob wir vielleicht sogar der Leibhaftige sind, und ob Philipp Lahm wirklich schwul ist. Die Antwort auf alle Fragen ist dieselbe: Ich weiß es – verdammt noch mal – nicht. Und vielleicht lautet sie sogar: Ich weiß es – verdammt noch mal – noch nicht.

Aber ich will mich auch nicht drücken, nur weil der Kragen vom roten Trikot gerade ein wenig eng wird. Wenn wirklich herauskommt, dass der Hoeneß massiv die Steuer beschissen hat, dann nivelliert das nicht im Geringsten das was er für Verein und Fußball getan hat, aber es lässt ihn als ganz großen Scheinheiligen dastehen, und dann sollte er auch als Präsident zurücktreten, there I said it. Gibt es wider Erwarten eine vernünftige Erklärung, kann ja alles so weiter gehen wie bisher und vielleicht kostet die Sache dann bestenfalls der scheiß CSU ein paar wertvolle Stimmen. Bravo Uli schon mal dafür.

Was den Götze-Transfer betrifft: Ich verstehe den Zeitpunkt der Meldung nicht, selbst wenn er nicht (wovon ich ausgehe) von Bayern lanciert war. Niemand, weder der BVB, noch der FCB hat was von der Unruhe, die jetzt so kurz vor dem alles entscheidenden Halbfinale ausbricht. Alles was da erzeugt wird, sind Gehässigkeiten und eine gehässige Grundstimmung und die schmeckt mir nicht (der BILD natürlich sehr wohl, weil sie so Zeitungen verkauft). Nicht nur weil die Gehässigkeit gegen „meinen“ Verein geht, ich hab die Gehässigkeit per se über.

Die Gehässigkeit, die entsteht, weil mittlerweile jeder publizieren kann, wie ihm der Arsch grade hängt. Ohne Vorkenntnis, ohne Niveau, ohne Geduld, ohne einen Funken Humanismus, ohne Herz. So sehr ich das Netz dafür liebe, dass es den Kreislauf der ewigen obrigen Verschleierung rüde in zwei Teile zerreisst, so sehr hasse ich es dafür, dass es jetzt jedem unreflektierten Wutanfall eine Stimme verleiht. Ich darf mich da selbst nicht ausnehmen, ich habe auch eine ganze Weile gerade in dieses Blog ungefiltert meinen Grant hineingerotzt.

Irgendwann ist mir allerdings das Wüten der Welt (um Marten ‚t Haart zu zitieren) zuviel geworden und jetzt versuche ich im Idealfall noch lustig die Meinung zu sagen, auch wenn mir das nicht verlässlich gelingt. Okay, jetzt bin ich weg vom eigentlichen Thema gekommen. Wo waren wir? Ach so, beim FC Bayern. Wisst ihr was? Es ist nur Fußball, ich schau mir in ein paar Stunden das Spiel an und habe mindestens bis dahin ganz eskapistisch überhaupt keine Meinung mehr. Das entspannt und befreit ungemein, und ich kann es nur empfehlen.

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fußball am stock

Ich kann jetzt schon sagen, dass das nicht so ausführlich und biografisch bereichernd wie beim Supermek wird, aber ich danke der Lisa für diesen Stock, weil das ist ja wie Interviews geben und ich gebe ja nichts lieber als Interviews. Und dann noch zum Thema Fußball.

1) Erzähl mal – welcher Verein und warum?
Der Opa war Fan, der Papa war Fan und somit hab ich das nie hinterfragt. Ich hatte schon Bayerntrikots und Autogrammkarten von Dremmler, Breitner, Rummenigge und Co, da wusste ich noch nicht was Abseits ist. Zudem gab es in der Grundschule eine erbitterte Rivalität zwischen uns Bayernfans und den HSV-Fans, das hat die Einstellung gleich aufs brutalste zementiert. Ich hatte wegen einer Schubserei mit dem Littich Sepp (einem HSV-Fan) mal zwei Tage eine Augenklappe.

2) Was ist deine verhassteste Schweinephrase?
Dieser beschissene Tote-Hosen-Song. Von Sell-Outs aus Schnöseldorf müssen wir uns gar nix sagen lassen.

3) Was war dein bisher unangenehmster „Feindkontakt”?
Da ich so gut wie nie ins Stadion gehe, da ich erstens in Berlin wohne und zweitens keine Menschen in Massierung leiden kann, hält sich der Kontakt in Grenzen. Einmal sind wir nach dem DFB-Pokal-Spiel Union gegen Freiburg von betrunkenen Unionfans angegangen worden, dass wir schwule Schweine sind. Aber das war irgendwie auch süß von den heißen Union-Boys.

4) Lustigste Fußballanekdote
So lustig ist die gar nicht, aber schön. Als Bayern im Champions-League-Viertelfinale 2009/2010 schon in der ersten Halbzeit 3:0 zurücklag, verließ ich wortlos das Public Viewing, setzte mich auf einen einzelnen Stuhl auf dem menschenleeren Arkonaplatz und trank dort mein Bier aus. Ich hatte Tränen in den Augen und wollte gerade auf mein Fahrrad steigen, als mein Kumpel T. mir eine SMS aus der Kneipe schickt: 3:1 Olic, jetzt ist wieder alles drin oder so ähnlich. Ich bin dann reingegangen, hab mir noch ein Bier geholt und mit dem 3:2 von Robben sind wir dann weitergekommen.

5) Was ist für dich die Faszination am Fußball?
Dass es nie aufhört, dass es immer da ist, wie das Radio. Das ist ein Stück Beständigkeit in dieser von Paradigmawechseln geplagten Erwachsenenwelt.

Wenn der sehr geschätzte Kollege MQ den Stock annehmen will, würde ich mich freuen, kann aber auch mit einem Korb gut leben.

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Fußball ohne Fußball 14.07.2011

Kurz ein paar Meinungen aus der fußballfreien Leidenszeit:

* Wahnsinn, wie unhaltbar unglamourös diese Frauen-WM ist. Rumpelfußball auf Niveau von Waldhof Mannheim in den Siebzigern. Und jetzt will ich nichts mehr hören.

* Zu den Bayern-Transfers:
Boateng: wahrscheinlich zu teuer (man kolportiert 13 Mio statt der von Manchester City einst ins Spiel gebrachten 20+), aber ein patenter Mann mit Zug zur Spieleröffnung. Allerdings auch anfällig für schludrige Stellungsfehler, aber es kann ja nur eine Steigerung zur Innenverteidigung der letzten Saison sein. An Badstuber glaube ich noch ein bisschen, Van Beuyten hat sich in den letzten 5 Spielen der ausgelaufenen Saison nahezu rehabilitiert, aber der Wuchtbremse Breno gehört sicher nicht die Zukunft. Boah(teng), waren das viele aber in einem Absatz.

Neuer: Jetzt kommt der Satz, für den man neuerdings (!) in der Münchner U-Bahn verprügelt werden kann: Ich mochte den schon bei Schalke.

Rafinha: hab ich bei Schalke wiederum keine Beachtung geschenkt und kann nichts über ihn sagen. Ein paar Youtube-Videos deuten aber auf ein Brazzo-artiges Schlitzohr hin und das finde ich gut. Apropos Brazzo: Was macht ein Freigeist wie der bei einem Hausmeister wie Magath?

Petersen: Wirkt trotz seiner Schlaksigkeit wie ein Pfundskerl. Hat die zweite Liga im Alleingang auseinander genommen. Aber es ist eben auch die zweite Liga gewesen.

Vidal: Wenn er kommt, kann er die dritte spielerische Extraklasse neben Robben und Ribery werden. Ich hab ihn bei Leverkusen lange für einen Proleten gehalten, aber das war nur die Frisur. Vidal hat Spielintelligenz, einen unglaublichen Ehrgeiz und ein paar gute Tricks auf Lager. Fragt sich nur, wie sich so ein Transfer auf die defensive Mittelfeld-Warteschleife aus Tymoschchuk, Gustavo, Kroos und Alaba auswirkt. Aber noch ist ja nix fix, auch wenn Heynckes der Sache Vidal fast ganze Pressekonferenzen widmet.

Heynckes: sieht mit jedem Jahr weniger nach Glühbirne aus, spricht aber immer noch sehr merkwürdig. Scheint noch genügend Lust auf ein paar letzte Titel zu haben. Kann man machen.

Nachtrag Takashi Usami: Keinen Schimmer, was der kann.

*Die Heim-Trikots der kommenden Saison sind fast ausschließlich zum Davonlaufen. Rühmliche Ausnahmen sind das schlichte Bayern-Trikot mit den güldenen Streifen und das extrem aufgeräumte und anmutige Stuttgart-Leiberl. Der Abschuss sind sie hingeschissenen Hypnose-Designs von Werder und Dortmund. What the hell were you thinking?

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