Zentraler Omnibus Bahnhof Berlin

Wir sind auf der Reise zu den klitzkleinen Städten aus Asche. Ich schlag dir in die Fresse, ich zerbrech dir deine Brille.

Ich höre grade, dass die Hölle heute Frost meldet. Der liebe Gott hat angerufen und gemeint, hey Burns, besorg dir lieber mal einen Pullover. Und wir sitzen da und trinken Coca Cola und ich fühle wie es meinen Hals hinunter rinnt. Auf den Straßen zu den kleinen Städten aus Asche.

Ich kleide mich ganz in Plastik und schüttle die Hände der Massen. Weiß jemand wie man hier wegkommt? Weiß das jemand? Ich habe mein T-Shirt an, auf dem steht: „Die Welt ist mein Aschenbecher“. Unsere Herzen befördern nur noch Staub durch unsere Venen und wir sind längst ergraut.

Auf den Straßen hin zu den kleinen Städten aus Asche werde ich mich hinlegen. Dorthin wo sie dich mit Sirup überzogen haben. Weiß jemand wie man hier wegkommt? Weiß das jemand?

(frei übersetzt nach Modest Mouse „Tiny Cities Made Of Ashes“. Kongenial interpretiert und entnoisifiziert von Sun Kil Moon)

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Sie lagern schwarz um meine Stirn

Es war wohl zwei Tage vor Allerheiligen als ich da stand und das Schwarz lief mir aus den Augen hinaus. Es war jämmerlich kalt und ich stand am Platz der Luftbrücke und wartete auf einen Kollegen, der entgegen meines Wissens längst eingetroffen war. Ich war sämtlich in Schwarz gekleidet und das Schwarz lief mir aus den Augen. Es war fürchterlich kalt und ich stand da und wartete und bemerkte diesen schwarzen Punkt an meinem Finger. Ich hielt ihn zunächst für Dreck doch er war ein schwarzer unentfernbarer Punkt. Das Schwarz lief mir aus den Augen hinaus als ich an dem Punkt kratzte und biss und er einfach nicht verschwinden wollte. Es war zum Hunds Erbarmen kalt und der Kollege kam nicht, weil er längst da war wo ich hin wollte.

Wenn der schwarze Punkt an meinem Finger nun einen Krebs markierte. Wenn nun alles für die Katz gewesen ist. Das ganze Freischwimmen, die Absolution, der neue, eingeschlagene Weg. Was wenn das alles umsonst war. Was, wenn heute hier und nachts das Ende anfing. Und ich hatte mich noch so schäbig über den Gevatter lustig gemacht. Was für eine Farce, was für ein Satyrspiel. In dieser gottlosen Kälte, ganz in Schwarz gekleidet mit meinem schwarzen Schal und dem schwarzen Punkt an meinem Finger.

Das Schwarz lief mir aus den Augen hinaus, während ich mir fast den Finger abbiss. Als das getrocknete Blut endlich abfiel und der schwarze Punkt weg war, rief mein Kollege von dort an, wo ich hin wollte. Und als ich ankam, ganz in Schwarz, aus dieser seelenlosen Kälte um Allerheiligen, als ich ankam, war drinnen Licht und Musik und das schönste Mädchen, das ich seit acht Jahren gesehen hatte. Ihre hellen Beine waren in weißen Stiefeln und sie sah mich mit dunklen Augen an, während das Schwarz noch immer aus meinen Augen hinauslief, aber langsam nur noch.

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Ace De Animo und der Gott der Stadt

Als ich vor etlichen Jahren an einem feuchtnebligen Morgen nach einem feuchtfröhlichen Abend über die Tower Bridge lief, kam mir die initiale Idee zu diesem Song. Wieder zuhause entnahm ich meinem Lieblingsgedicht von Heym „Der Gott der Stadt“ ein paar allegorische Elemente und transponierte sie ins Englische. Heraus kam ein Song, den ich zwei Jahre später im sogenannten Voldemort Summer als First Take aufnahm und auch das erste und letzte Mal live bei einer Lesung spielte. Text geht so.

There is a Caribbean dance
And millions move through the streets
While the god of this town sits on his block
Canvassing from above

The weather smoulders within his eyes
The holy smoke of the factories
Is bruising his long hair
While all the church bells start to ring

And I’ve been thrown into this place
Not a chance no time to waste
And been speeding through this old town
Since yesterday afternoon

This dusky evening becomes so dazed
With the night’s final embrace
And an ocean of fire races through the streets
Until in the morning I get back on my feet

Whenever you want me I’ll come a-running
You might shake me in your fists but I’ll be coming
Back to this place back to your towers
Where we share the loneliness we got in our bowels

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No Sleep Til H&M(ersmith)


Auf der Suche nach unbedruckten und schwer wiederidentifizierbaren Kleidungsstücken fand ich mich jüngst in einer Filiale des internationalen Bekleidungsunternehmens Hennes and Mauritz, im Volksmund auch H&M genannt, wieder. Dass man sich gerade im spitzkegeligen Rampenlicht des Berliner Nachtlebens mit einem ordentlichen Aufdruck auf dem T-Shirt sehen lassen sollte, leuchtet mir ja ein. Dass man sich dabei mittlerweile gerne mit fremden Federn schmückt und sich mit einem AC/DC-Shirt unter die Kokskollegen schmuggelt, obwohl man Angus Young mit einer Sonderaktion bei Burgerking assoziiert, ist mir bewusst. Dass man sich sein lizensiertes Punkrock T-Shirt jetzt aber auch von der Stange bei H&M nehmen kann, bringt mein von Lemmy Kilmister mitgeprägtes Weltbild dann aber echt ein wenig ins Wanken.

So fällt mir fast der gerade auserkorene schwarze Kapuzenpullover aus der Hand, als mir der Blick auf einen Berg Motörhead England T-Shirts freigegeben wird. Während ich noch um Fassung ringe, türmen sich daneben vor meinen feuchten Augen auch schon diverse dunkelgrüne Wäschehaufen mit dem Ramones Logo auf.

Ich schreie laut auf, reisse die T-Shirts aus dem Verkaufsregal, zünde sie an und tunke die Nase des tuckigen Abteilungsleiters ganz tief in die Asche von Lemmys Haustierlogo. Na ja, schön wäre es gewesen. In Wirklichkeit trotte ich verdrossen in die Damenabteilung und gehe sicher, dass sich keine The Exploited-Logos auf die Winterkollektion der Spitzenunterwäsche verirrt haben.

Nun hat sich dieses Dilemma ja breits vor vielen Jahren mit der Wiedereinführung des einreihigen Nietenband vulgaris manifestiert. Und dass wir die Subkultur in den Mainstream hinübertricksen bis selbst der bräsigste aller Bushidofans einen Orgasmatron Aufnäher sein Eigen nennen kann, ist auch nichts Neues. Aber wer lindert meinen autobiografischen Schmerz? Wer nimmt mir das Gefühl um meine eigene Rebellion beschissen worden zu sein? Jahrelang lag man im ästhetischen Schützengraben, um seinen schlechten Musikgeschmack gegen Eltern und Establishment zu verteidigen und hätte es damals in Straubing schon Filialen dieser Bekleidungskette gegeben, hätten meine Erzeuger sicher gepredigt:

„Junge, geh dir mal bei H&M was Ordentliches zum Anziehen kaufen, statt immer diese Fratzenhemden aus dem Bullshirt Katalog zu bestellen!“

Liebe Leser, verstehen Sie was ich meine? Ich für meinen Teil verstehe jetzt nämlich, wie es Oswald Kolle ergangen sein muss, als Tutti Frutti mit Hugo Egon Balder damals auf Sendung ging. Die Revolution verhöhnt ihre Kinder!

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Don’t beertruck in anger

Es gab da diese wunderbare studentische Punkband mit dem äußerst konstruierten Namen Tri-Anger. Damals im braven Regensburg. Jedes Mitglied dieser Band befand sich in einer selbsternannten Agonie, die aus einer völligen Ideenlosigkeit in Zukunftsfragen herrührte. Die einzigen Ideen und somit auch der einzige Konsens waren die laute Musik, das unverschämt unmäßige Trinken und die Wettrennen um die Mädchen. Wir rotzten und lärmten und sprangen und stürzten und versoffenen jede einzelne Mark die wir einspielten in ein und derselben Kneipe.

Dehalb musste in den Semsterferien Geld erwirtschaftet werden. Euer hochwohlgeborener Gastgeber war sich nicht zu schade, deshalb bei der Brauerei Thurn und Taxis als Bierfahrer anzuheuern. Besser gesagt als Biermitfahrer. Daher hat er nicht nur seine muskulösen Oberarme und sein alkoholisches Stehvermögen, sondern auch die Geschichte vom selbstherrlichen Bierfahrer Simon, der allerdings mittlerweile das Zeitliche gesegnet hat. Somit erfolgt hier und jetzt ein musikalischer und lyrischer Nachruf auf Simon den Bierfahrer, der einst zu mir sprach (nachdem mir ein Kasten Wasser von der Schippe des Sackwagens gesprungen war):

„Bernhard, ich will einmal ganz ehrlich zu dir sein. Sei mir nicht böse, aber ich glaube, aus dir wird kein Bierfahrer werden.“

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Verspleent

Mein neuster Spleen sind nicht etwa nur seidene Halstücher aus den Siebzigern, auch sind es nicht mehr Trachtenjacken aus Bayern inmitten einer tiefpreußisch und bayernfeindlich gesonnen Umgebung, auch ist es nicht der Trend zum ungepflegten Vollbart oder der zum gepflegten allmorgendlichen Vollbad, nein, nein, nein! Es ist der heiße Scheiß des Monats, es ist das Next Big Thing, es ist der Latest Of All Late Crazes. Es ist: Abends auf der Couch einschlafen.

Und der superfunky Shit geht so: Wenn du aus dem Büro nach Hause kommst, holst du dir aus dem Kühlschrank erstmal ein bisschen Chorizo und ein Stück Emmentaler. Dazu genehmigst du dir ein Glas Grapefruitlimonade. Jetzt legst du eine DVD aus der Six-Feet-Under-Box ein und die Beine hoch und beginnst, lethargisch vor dich hin zu speisen. Nach dem Essen deckst du dich sorgfältig mit der roten Elchdecke zu und versuchst weiterhin, der Handlung der Six-Feet-Under-Episode zu folgen. Kurz vor Ende der Folge schläfst du dann ein, den Kopf auf der Lehne und den Arsch in der Kuhle. Doch jetzt kommt eigentlich erst der geile Teil: Auf der Couch wieder aufwachen.

Gegen 00:23 Uhr schägst du die Augen auf, eigentlich stemmst du sie eher auf und das Menü der DVD lächelt dir müde zu. Du rappelst dich langsam auf und du siehst aus wie ein Zombie, dem man mit dem Spaten den Kopf abtrennen wollte, es aber nicht ganz hinbekommen hat. Du versuchst deinen Kopf wieder gerade zu rücken, aber er hat sich bereits an seine neue Lage gewöhnt und will nicht mehr zurück. Jemand muss dir im Schlaf mit einem Einkaufswagen voller Bierkästen dein Kreuz gebügelt haben, anders kannst du dir die diffusen Schmerzen nicht erklären. Du gehst kurz ins Bad, trinkst noch einen Schluck Grappa bevor du dich in sehnsüchtigem Zivilschlafverlangen in dein eigentliches Bett schleppst, wo du plötzlich hellwach liegst.

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Mag

Ich mag die Beine von Heike Makatsch. Ich mag Rührei mit Schafskäse und Speck. Ich mag Davey Van Bohlens Stimme, wenn sie in Schieflage gerät. Ich mag die Zionskirche in ihrem noblesken Zerfall. Ich mag Anrufe von betrunkenen Freunden um fünf Uhr früh. Ich mag weibliche Blender. Ich mag meine kleine Babynichte. Ich mag den anstehenden Besuch von Fremden. Ich mag es, der Han Solo im Korb zu sein. Ich mag die übereifrigen, viel zu frühen Dämmerungen. Ich mag die textile Aufrüstung der Berliner Modemenschen, ich mag die Kanäle im Dunkeln, ich mag Nate Fisher aus Six Feet Under. Ich mag Buddha und Bob Dylan. Ich mag Johanniskrautpastillen. Ich mag Reese Witherspoon und toskanische Villen. Ich mag den Winter, weil er mich an den Sommer erinnert und ich mag meine Mama. Ich mag sogar morgen aber für heute mag ich meine Ruhe haben.

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Das Spukhaus zu Hofkirchen

oder Die unheiligen drei Könige

An einem spätsommerlichen Tag Ende September war ich bei meinem Schulfreund Christoph zuhause eingeladen. Ich war gerade in die vierte Klasse gekommen und die Vorladung zu Christoph nach Hause glich einer Adelung, denn Christoph war einer der Coolen in der Klasse, was man von eurem geschätzten Erzähler frühestens ab der Neunten hätte behaupten können. Bis dahin war er unsicher, leichtgläubig und in allem untalentiert, was die anderen längst aus dem FF beherrschten. Dazu gehörte auch Spukgeschichten erzählen.

Das Haus wo Christoph wohnte, gehörte seiner alleinstehenden Mutter und war ein altes, dürftig renoviertes Bauernhaus mit geräumiger Wohnstube, die komplett mit Holz verkleidet war. Dort servierte die Mutter Orangenlimonade und Nutellabrote und wir Jungs plauderten ein wenig über die Schule, bis das Gespräch auf Gespenstercomics und unsere generelle Vorliebe für das Übernatürliche kam. Wobei meine Vorliebe eher einer masochistischen Heidenangst gleich kam, aus der sich erst Jahre später ein Faible entwickeln sollte. Aber man will ja nicht als Hosenscheisser dastehen. Irgendwann steiß ein etwas grobschlächtigerer Kumpan von Christoph hinzu und fortan hatte ich das Gefühl, nicht mehr der neue Spezl von Christoph zu sein, sondern ein eher lästiges Anhängsel für ihn und seinen Kumpan.

Irgendwann gingen wir nach draussen und spielten Fußball und als wir wieder nach drinnen wollten, erstarrte Christoph plötzlich vor dem Hauseingang. Sein Blick hing voller Entsetzen an der Haustür aus massiver Eiche und einer weißen Beschriftung darauf. Es handelte sich um das Kreidezeichen der heiligen drei Könige. Nun muss man wissen, dass der katholische Brauch des Sternsingens jedes Jahr um den 6. Januar herum es vorschreibt, dass die Ministranten der Pfarrgemeinde als Caspar, Melchior und Balthasar verkleidet von Haus zu Haus marschieren und ihr Kreidezeichen auf den Rahmen der Haustüren hinterlassen. Das sieht dann in der Regel so aus: 20 C + M + B 05, die Zahlen variierten je nach Jahrhundert und Jahreszahl. Das bedeutet nicht etwa „Caspar and his gang of Melchman and Balty were in da motherfuckin house this year, brother“, sondern „Christus mansionem benedicat“ (Christus segne dieses Haus im Jahr 2005).

Was nun den guten Christoph so entsetzte war wohl die Tatsache, dass da nicht mehr wie erwartet „19 C + M + B 83“ stand, sondern etwas völlig anderes, vertauschte Buchstaben, falsche Jahrezahlen und jede Menge frische Kreidespuren. Mir war es zuächst gar nicht aufgefallen, doch Christoph klärte mich mit zitternder Stimme darüber auf, dass die Entweihung der heiligen Aufschrift der Sternsinger großes Unheil bedeutete. Von allzu skeptischer Natur war ich damals noch nicht, deshalb lautete meine nächste Frage nicht einmal, wer die Beschriftung verändert haben konnte, sondern ich ging gleich zum „Warum“ über. Auch darauf wussten der scheinbar spukversierte Christoph und sein bulliger Freund ein Antwort. Es wäre wohl meine Anwesenheit, die den bösen Hausgeist hier aufweckte und ihn übellaunig das Haus entweihen ließ. Christoph meinte, der Geist suche das Haus schon seit vielen Jahren heim, wäre aber seit langem nicht mehr aufgetaucht, bis ich ihn durch meine blasphemische Anwesenheit auf diesem Grundstück provoziert hätte. Die beiden Junge gaben mir zu verstehen, dass ich in der Bauernstube zu warten hatte, weil sie den Geist quasi inflagranti erwischen wollten und es für sie ungefährlicher als für mich sei. Schlotternd aber dankbar zog ich mich zurück

Bangend harrte ich in der Stube und konnte ein paar Angsttränen nicht unterdrücken bis ein ernst dreinblickender Christoph zurück ins Haus kam, mich wortlos bei der Hand nahm und mich vor’s Haus führte, wo sich mir ein Anblick des Grauens bot. Die Insignien der heiligen drei Könige hatten sich komplett in chaotische Schriftzeichen und dämonisches Geschmier verwandelt und plötzlich kam es mir vor als würde sich die bestehende Weltordnung samt meiner unbedarften Kindheit in einem gewaltigen Säuresturm auflösen und als sei die Hölle bereits angeschürt, um dem kleinen Burny in den nächsten Minuten einen feurigen Empfang zu bescheren.

Ich rannte in die Bauernstube zurück, ließ mir von der perplexen Mutter von Christoph das Telefon zeigen und rief meine Mutter an. Ich goss alles ins Telefon: „Mama, ich weiß du denkst ich spinne, aber ich glaube hier spukt es! Du musst mich sofort abholen.“ Und so kam meine Mamutsch eine klamme Viertelstunde später an und holte ihren aufgelösten Hypersensibling ab, nicht ohne sich noch bei Christophs Mutter und ihm selbst für deren Gastfreundschaft zu bedanken. Weitere Fragen stellte sie nicht. Christoph winkte mir mir verkniffenem Blick hinterher, so als wolle er sagen: So einfach kommst du nicht davon.

Zuhause wurde ich erstmal meinem Vater vorgeführt, der sich mit meiner Mutter als Gasthörerin den Vorfall nochmal im Detail schildern ließ. Nach Ende meines beschämenden Erlebnisberichts über das Spukhaus in Weichs bei Hofkirchen, lachte er kurz auf hieb mir seine Hand auf die Schulter, meinte „Die ham dich sauber verarscht, Junior“ und ging gutgelaunt zurück in sein Büro.

Stunden später erschien selbst mir verängstigtem Geistergejagten das die plausibelste Erklärung zu sein und so schlich ich am nächsten Tag in die Schule und sagte völlig dilettantisch gespielt souverän: „Pah, Christoph. Ihr habt mich aber sauber reingelegt, oder?“ Bei dem „oder“ muss meine Stimme aber schon wieder leicht panisch nach oben gegangen sein, denn Christoph lächelte mitleidig und sagte: „Na klar, du warst ja auch so ein leichtes Opfer.“

Und nächstes Mal erzähl ich euch die Geschichte wie ich mich auf Anraten meiner Kumpels selbst auf die Party des unattraktivsten Mädchens der Schule einlud, die sie nie gehalten hat und auch nie halten wollte.

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The Soilevel and the Funclub


Wieder in Berlin. Zurück von der Mikrotour mit der höflichsten Band der Welt. Wir haben zwar unendlich viele Kilometer und Nerven verbrannt, aber das war es wert. Teenage Fanclub sind die Verkörperung von aufrichtigem Gitarrenpop ohne jeglichem Hipnessaufhänger, dafür aber mit jeder Menge Seele und Anstand. Aber von vorne.

Die Anreise nach Stuttgart war wie erwartet der nackte Horror. Obwohl uns der Sonntagströdler- und Baustellengott günstig gesonnen war, ist es einfach alles andere als eine Freude von einem Zipfel der Republik zum nächsten bei sinnentleert sinflutartigem Regen zu gondeln. In Stuttgart selbst staunten wir nicht schlecht über das elefantöse Verkehrsaufkommen an einem späten Sonntag Nachmittag im Oktober. In der Röhre, dem Veranstaltungsort, kam es dann zum ersten Aufeinandertreffen mit den Herren Blake, Love, McGinley, Macdonald und dem großväterlichen Ehrenroadie George, der jede erdenkliche Pause nutzte, um seinen Kneipenfolk unters Volk zu jubeln. Geholfen hat er uns wo er nur konnte und das nicht nur manuell sondern auch phrasuell. „Music is no competition. It’s from the soul“. Aha.

Unser Auftritt verlief zufriedenstellend, das Teenage Fanclub devote Publikum staunte zwar ein wenig, warum wir so viel auf der Bühne herumhektikten, aber man mochte uns wohl und nahm uns selbst unser deutliches Epigonentum nicht krumm. Ein weiteres Highlight des Abends war freilich das von Opa Ede angeordnete Treffen mit dem schwäbischen Max Goldt unter den Bloggern, dem mächtigen Herrn Poodle. Ein paar Bier später hielt der auch eine mit „Satan liebt Dich“ signierte CD in den ehrwürdigen Händen. Teenage Fanclub legten ein grandioses Konzert hin und versuchten sich an einem Sonntag an Stuttgarts Nachtleben, während wir, wohlwissend der Sinnlosigkeit dieses Unterfangens, den direkten Weg in die Jugendherberge antraten.

Am nächsten Morgen ging’s zurück auf die Autobahn ins verkehrsverseuchte Köln, wo wir im Prime Club auf äusserst freundliche und gut gelaunte Haustechniker trafen, die im Gegensatz zu ihren schwäbischen Pendants ihren Frust über ihre deprivilegierte Stellung als Aushilfsmischer nicht an der Vorband austobten, bzw. gar keinen solchen hatten. Die scheinbar tatsächlich ernstgemeinte Freundlichkeit des Fanclubs und ihrer Crew wurde uns langsam unheimlich. Als die Jungs im engen Backstageraum – den wir uns freundlicherweise teilten – ein Interview gaben, entschuldigten sie sich der Reihe nach bei uns für die Unannehmlichkeit. Natürlich waren wir es, denen es peinlich war, Bier aus dem Kühlschrank zu mopsen während das Interview geführt wurde. Nein, ist gelogen. Peinlich war uns das nicht. Aber es illustriert die Nettigkeit der Schottigkeit.

Unser folgender Auftritt war wohl einer der stimmigsten unserer kurzen Bandgeschichte und das Kölner Publikum fühlte sich eine halbe Stunde gut unterhalten von unseren Bababas, Oooohs und Da-do-run-runs. Nach dem Konzert siedelten wir um ins nachbarschaftliche Blue Shell auf diverse Tischfußballpartien, bei denen sich Norman Blake als ziemliche Pfeife am Kickertisch rausstellte. Auch der restliche Fanclub wurde eher weggeputzt statt zu glänzen. Dennoch: Herr Blake als aufmerksamer Zeitgenosse fragte mich ganz fürsorglich, was ich von Anglo American halte. Ich verstand die Frage nicht und ließ sie mir so lange wiederholen, bis ich darauf kam, dass er eigentlich Angela Merkel meinte. Ich wollte niemand den Abend versauen, also fiel meine Antwort moderat aus: „No one wants her to be Chancellor.“ Die Schotten sollten schließlich nicht auf die Idee kommen, jemand hätte die alte Bergziege gewählt.

Ein kurzer Schulterschluss noch zwischen Bayern und Schottland und dann konnten wir uns schwer angezählt ins Taxi schwingen und zur Nächtigungsstätte kutschiert werden, während der Fanclub unter der Führung eines stets um den alkoholischen Fortschritt des Abends bemühten Francis MacDonald noch weiter zockte. Hart im Nehmen, die alten Herren. Härter als die Meerespiegeleier, aber der TFC hatte ja auch frei, während wir heute schon wieder die Bahn nach Berlin hinauf staubten. Summa Summarum: Da Fanclub and de Soilevel were at de scoin in da ren and da sun. And in da mystical half-loight.

    Original Soundtrack:
    High Llamas – Birdies Sing
    Pearlfishers – Across The Milky Way
    Teenage Fanclub – Near You
    Weakerthans – Pamphleteer
    Neil Young – Ohio
    High Llamas – Travel
    Teenage Fanclub – Headstand
    The Sealevel – North Beach
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Die Dämonen der Straßen

Der Bus gelangte auf eine holprige Landstraße und begann seine instabile Lage in unruhigen Aufundabstößen zu demonstrieren. Sie war müde und lehnte halbschlafend an seiner Schulter. Er war hellwach und wünschte sich weg von ihr. Zusammengekettet waren sie, durch ihre kriminelle Partnerschaft in einem fremden Land.

Als die Stöße heftiger wurden, legte sie ihren Arm um ihn, um durch ihn an ihrem Halbschlaf festzuhalten. Von den fetten, irischen Wiesen war nun nichts mehr zu erkennen. Dunkelheit hatte das Land ringsum aufgefressen. Selten hatte er eine solche Finsternis beobachtet. Weit und breit kein Licht. Kein Haus. Keine Straßenschilder. Die Schmerztabletten fingen an, ihre Wirkung zu verlieren und sein Mund begann erneut zu pochen. Er seufzte leise, aber sie schien ihn nicht zu hören.

Bald sah er durch die Windschutzscheibe des Busfahrers – ein Mann mit Mütze im künstlich purpurfarbenen Licht des Busses – die Scheinwerfer eines Autos auf sich zukommen. Die Straße war eng, jemand würde ausweichen müssen, der Bus wurde langsamer. Die Scheinwerfer kamen näher und das purpurne Licht im Bus verlosch, verglühte langsam, bis er vollkommen im Dunkeln saß. Er schien plötzlich allein in diesem Bus zu sein. Er konnte selbst sie weder sehen, noch riechen. Ihr sonst so lautes Parfüm war verstummt.

Die Scheinwerfer des Autos erfassten den Bus, dessen Inneres, erfassten ihn und mit einem Mal kam ihm der Gedanke, dass der Fahrer dieses anderen Wagens der Teufel war. Und obwohl er niemanden erkennen konnte, geschweige denn das Auto selbst sehen, glaubte er zu wissen, dass der Teufel ihn anlächelte. Und er ahnte, dass er nie jemand davon erzählen können würde aber er war sich sicher, dass der Teufel ihn gesehen hatte. Er wusste nun wer er war.

Nachdem die Scheinwerfer den ganzen Bus für den Bruchteil einer Sekunde vollständig erleuchtet hatten, war der Bus zum Stillstand gekommen. Dann war der fremde Wagen vorüber und der Bus fuhr wieder. Sie küsste ihn auf die Wange und das purpurne Licht war wieder da. Er vergrub eine Hand in ihrem Haar.

Später als sie den Küstenort Connemara erreicht hatten, lagen sie wach und regungslos in ihrem Pensionsbett. Niemand sprach. Von draußen hörten sie das kränkliche Jammern einer Möwe und das monotone Pfeifen einer Autoalarmanlage. Vierzig Minuten später waren beide eingeschlafen. Sie träumten vom Tod ihrer Angehörigen und vom Ausgestoßensein.

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