North Beach

Hier gibt es kein Wasser, hier gibt es kein Meer. Hier gibt es nicht einmal Sand. Hier gibt es nur Straßen und Häuser. Das hier ist der Nordstrand.

Hier liegen wir nicht in Liegestühlen, hier trinken wir keine tropikalen Getränke. Hier wird nur Bier und Wein gesoffen. Das hier ist der Nordstrand.

Hier ist das Trottoir unsere Promenade, hier kommt die Flut in den Straßen. Hier spült es die Leute an. Das hier ist der Nordstrand.

Hier schlagen wir hohe Wellen. Und hier holen wir uns einen Sonnenbrand. Hier sind wir Urlauber und Anwohner zugleich. Das ist hier ist der Nordstrand.

Hier herrscht ein ewiger Sommer und hier klingt „Caroline No“ bis lange in die Nacht hinein. Hier auf dem Asphalt promenieren wir, die strandaffinsten Menschen ohne Meer. Das hier ist der Nordstrand.

I wish they all could be macedonia girls.

I wish they all could be macedonia girls

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Ein Gespenst geht um

„Wir haben nichts zu verlieren, ausser unsere Ketten. Aber eine Welt zu gewinnen.“ sagte Martha und sah Samuel dabei halb belustigt, halb auffordernd an. Samuel fuhr sich nervös durch die Haare. Wie konnte sie sich darüber lustig machen? Es stand doch außer Frage, dass sich etwas ändern musste. Sie hatten sich bekriegt und sich fast umgebracht, sie hatten sich totgeschwiegen und sich die Abwesenheit des Anderen schön geredet. All das hatte sie nur wieder an ihren Ausgangspunkt geführt. Den Punkt, an dem es kein Vorwärtskommen gab, aber den immerhin zu zweit. Martha boxte ihn auf den Arm, während er das Auto weiterhin durch die schwarzwerdenden Straßen lenkte.

Sie war wohl wegen ihm gekommen. Natürlich hatte er das gewollt. Natürlich hatte er das veranlasst. Doch jetzt fühlte er sich gelähmt von dem Gift ihrer Erwartung. Sie boxte ihn nochmal auf den Arm, mehr fordernd als spaßig. Er fühlte sich unsicher und das was er an ihr immer so bewundert hatte, ihre bedingungslose Hingabe an eine Aufgabe, war ihm jetzt unheimlich, wenn nicht sogar unsympathisch. Er verschmähte es, seine Ansichten und Absichten zu verheimlichen, aber ein erneuter Umsturz musste klamm und heimlich verlaufen. Sie durfte es kaum merken. Er würde sie erneut zurücklassen müssen mit ihren Plänen und ihrer organisierten Gewalt. Innerlich schrie er auf wie das Land und die Straßen, durch die er das Auto lenkte.

Even if we\'re just dancing in the dark

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Die Abenteuer des Guillaume Burnaud

Wummsen. Konnte mir das Siechtum nicht verkneifen, als ich die höhensonnende Guernica Rodriguez in die feisten Bermudashorts kniff. Patschamp! Was hatte diesem Fass nur den Boden ausgeschlagen? War es der Wind in den Weiden oder der Hund von Baskerville, war es der Mann ohne Eigenschaften oder der Hauptmann von Köpenick? War es der Extraterrestrische oder das Bildnis des Dorian Gray? War es jemand aus Mickey’s Gym oder schon wieder Colonel Trautmann? Die Lösung spuckte mir schemenhaft in die Suppe als ich sträflich vernachlässigte Kreuzigungen aus dem Reader’s Digest erfahren musste und deshalb eine Viertelstunde zu spät zum Sickness-Training kam.

Roibusch! Der Sommer ließ zu fluchen übrig. Ich wünschte mir einen Schlauch voller Kadaver und eine Luftpumpe mit Erdbeerbrei. Natürlich wird Kryptik überbewertet aber unter solchen Urnständen blieb der Gang in die Gruft auch nur denen erspart, die ihr Girokonto bei Gott abgeschlossen hatten.

Detzelwetzel! Der Silberaffe zu meiner linken hatte mir den letzten freien Stuhl auf meiner Kondolenzreise nach Jerusalem weggeschnappt. Wie einst der Schwarzenbeck warf ich meine Warzen weg und der Affe war im Nu der Adlatus eines porentiefreinen Advocatus Diaboli. Apropos! Erst gestern bin ich nochmal diesen Vertrag mit Hephaistos durchgegangen und er meinte: Gute Arbeit, mein Junges, du musst noch viel lernen bevor der Hammer hängt. Das hat mich beruhigt und ich fühle mich gewappnet für die Zigeuner aus der Walachei, die mit ihren Stechsensen die Gegend einräuchern. Jedes Jahr die gleiche Nappelschau.

Schabb! Meine Freundin Cha-Cha-Cha Garbo ruft auf dem tellergroßen Telefon an und bezirzt mich bis ich gegen einen Greis laufe, der sich mit einer Kreislaufschwäche bedankt. Gern geschehen sind auch die letzten Tage in denen sich alles nur um das eine gedreht hat. Den verdammten Glospaccio-Regress-Plan. Die grüne Hölle von Brabang, wie könnte ich sie jeh vergessen?

Die gruene Hoelle von Brabang

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Burkhardt Fialkowske

Gerade haben wir auf dem Weg von der Mittagspause zum Büro Burkhardt Fialkowske gesehen. Er stand auf dem freien Bauplatz an der Zeughofstr und verpasste einem Weißhemder (wohl der Bauherr) einen ordentlichen Bauarbeiterhändedruck. „Das ist der Fialkowske, een alter Kollege.“ sagt mein Kollege. „Der kommt aus meiner Gegend.“ fährt er fort und deutet auf Fialkowskes LKW, auf dem steht: Firma Fähse, Görlsdorf. Sei Randspreewald, sagt mein Kollege und fährt fort:

„Der Fialkowske ist ein richtiger Hucker. Zuhause n Bauernhof mit richtig schön Tierchen, so Kaninchen und so. Und nebenbei noch aufm Bau arbeiten. Wenn der mal stirbt gibt’s n Kranz aus Kümmerlingflaschen rum. Ein richtiger Dorfdeutscher. Der wirbelt die ‚michs‘ und ‚mirs‘ nur so durcheinander. Der hat auch eine Bläkerstimme, sach ich dir. Richtig hergesoffen. Na ja, is ja och beste Kundschaft von Monis Bauernstüberl, so nach dem Motto ‚Gib ihm!‘. Die Moni, die hat ja Sommer wie Winter immer diese Ganzkörperschürze an…

Nach der Wende hat der Fialkowske mit Biertrinken aufgehört, weil er sich zu füllig fühlte. Hat aber nüscht geholfen, wie du ja siehst. Jetzt trinkt er halt so Wein und Whiskey und so. Seine Tochter is mit mir zur Schule gegangen. Die war mal spitz auf mich. Aber nicht den kleinen Finger hätte die gekriegt… Ha, bei dem als Schwiegervadder hättste sicher heftig ranklotzen müssen. Da wär ich jetzt auf dem Bauplatz gestanden und dauernd was von abladen gebläkt. Ja, der Fialkowske, is schon ne Marke.“

Goerls just wann have fun!

(Copyright www.pfarramt-goerlsdorf.de)

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Zefix! Radl richtn!

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Ich besitze ein Klapprad und damit fahre ich auch gerne. Ja, so ein richtig altes Angeber-Berlin-Mitte-Klapprad. Mit zwei Gängen, darauf lege ich großen Wert. In der Regel fahre ich nur Kurzstrecken damit, mehr muss nicht sein, wenn man zentral und kiezig wohnt wie ich. Nichtsdestotrotz schickte ich mich und Klappi neulich auf große Reise nach Kreuzberg und prompt hatten wir uns einen fiesen Schlitzplatten im Hinterreifen eingehandelt, der den Neukauf eines Schlauchs samt Mantel nach sich zog.

Nun gibt es ja Leute, die gehen zum Fahrradunterhändler und sagen: „Einmal Reifen austauschen, bitte, und die lustige Kuhhupe dahinten.“ Nicht so euer Burnson. Denn er ist ein Mann und liebt es, in Unterhemd und Jeans mit Schmiere an den Händen mit Schraubenschlüssel in den Händen den Hinterhof zu regieren.

Hinterreifen rausgeschraubt, nichts einfacher als das. Obwohl, die Zusatzhalterung wartete mit verrosteter Mutter auf und es dauerte doch länger als geplant. Dann erstmal Luft in den neuen Schlauch. Verdammt, ich hatte ja ein Autoventil gekauft, also nochmal hoch in die Wohnung und die andere Luftpumpe geholt. Shit, die falsche, nochmal hoch in den Dritten und nochmal runter. Dann mein Lieblingsprozedere: den Mantel über Schlauch und Reifen stülpen. Viecherei. Wieso geht das nicht einfacher? Die schicken Leute zum Mars aber dafür haben sie noch keine griffige Lösung gefunden. Na gut, Reifen aufgepumpt und jetzt einfach wieder drauf, oder?

Leider ist es nicht ganz so einfach. Die Kette muss erst eingefädelt werden und aufgrund der Kürze der verfluchten Kette passt der Reifen nicht in die Halterung. Klar – erstmal mit Gewalt probieren. Resultat: Klapprad klappt in der Mitte auseinander und Kette fliegt davon. Schließlich verabschiedet sich auch noch der Sattel und im Hinterhof verstreut liegen jetzt: der Hinterteil des Rades, der Lenker samt Vorderreifen, der Sattel samt Stange, die Kette und ein einsam wirkender, neu bezogener Hinterreifen.

Nun gut, erst mal wieder die Kette einfädeln. Hoppla, Kette fällt auseinander. Dreck, verhurter. Okay, Kette eingefädelt und wieder zusammengeheftet. Shite, Kette falsch eingefädelt. Also, nochmal von vorne. Kette geöffnet, Kette eingefädelt, Kette geschlossen. Wieder falsch. Kettenführung bei anderem Fahrrad abgeguckt und den ganzen Scheiß nochmal, Arschaxt. Dann Reifen montiert. Kette wieder zu kurz, doch Kompromiss gefunden, ob der Mist hält, mir scheißegal wie. Schrauben angezogen wie ein Nibelunge. Ach so, vergessen, die Halterung anzubringen. Also nochmal die Hurenschrauben aufgemacht. Welcher Idiot hat die so fest angezogen? Kreizkruzefix!

Arrgh, endlich ist der verschissenene Hinterreifen drin. Mit gespannter Kette. Leicht schief, aber wenn kratzt das? Jetzt das Klapprad wieder zusammenschustern. Kann nicht so schwer sein. Ist ja für die schnelle Montage gedacht. Könnte man meinen. Dreckstück von einem Fahrrad. Wie soll ich die zwei schweren Rahmenteile zusammenhalten und nebenbei noch den Keil durchstecken? Ich habe keine vier Arme und sauschwer ist das Zeug auch noch. Und warum ist die Schraubmechanik auf dem Keil verrostet? Wie soll ich das Hurending jetzt zuschrauben?

Grade noch schnell mit der Zange alle Hebel gen Unbeweglichkeit gehämmert und den Sattel angeschraubt. Das Rad ist wieder eins. Und es fährt. Gut, der Hinterreifen liegt etwas schief und die Kette geht dauernd am Schutzblech an, aber Hauptsache ich habe gewonnen. Beim nächsten Reparaturfall kauf ich mir einfaches ein neues Rad. Und zwar kein so Hurenscheißdreckverrecktes Klapprad, scheißverrecktes.

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Über Cortez The Killer

Hernán Cortés war der spanische Eroberer Mexikos. Mit einer relativ geringen Soldatenschaft (670 Mann) zwang er 1519 das gesamte Aztekenreich in die Knie, machte die Hauptstadt Tenochtitlan dem Erdboden gleich, besiegte den legendären Aztekenkönig Montezuma II, nahm ihn gefangen und demütigte ihn. Neil Youngs Song „Cortez The Killer“ verweist wohl auf die blutige und skrupellose Kriegsherrschaft von Cortés und stellt dem das Idyll eines friedlichen und ethisch intakten Aztekenreichs entgegen. Dabei geht selbst die Menschenopferideologie der Azteken in verklärt lyrischem Rauch auf.

And the women all were beautiful
And the men stood straight and strong
They offered life in sacrifice
So that others could go on.

Hate was just a legend
And war was never known
The people worked together
And they lifted many stones.

Doch auch die Figur des mordenden Cortés erfährt eine gewisse Ästhetik. Schließlich fällt er nicht marodierend in das Land, sondern trifft eher spielerisch ein („He came dancing across the water“). Zunächst stößt er auf Toleranz seitens der Hausherren und seine Armee darf sich frei bewegen. Erst nach und nach überfällt ihn die Gier nach Reichtümern und der Kontrolle über eine riesige spanische Kolonie.

Doch was er vernichtet, fasziniert ihn gleichermaßen. Eine mexikanische Sklavin, La Malinche, wird nicht nur seine Übersetzerin, sondern auch seine Gefährtin und Geliebte. Montezuma erscheint in dem Song, als der ideale Herrscher, jemand der sich in innerer Ruhe zu seinem Volk und seinen Göttern bekennt. Eigenschaften, die der jähzornige, suchende Cortés nicht besitzt und um die er ihn beneidet. Deshalb demütigt er Montezuma und nimmt ihm und seinem Land alles. Cortés ist somit auch ein emotionaler Killer, zumindest in den Augen Neil Youngs.

On the shore lay Montezuma
With his coca leaves and pearls
In his halls he often wondered
With the secrets of the worlds.

Man sagt, Cortés habe das Land mit neuen Krankheiten vergiftet. Später wird dem schon immer im Mutterland Aneckenden von den Spaniern in Mexiko ein Regierender vor die Nase gesetzt und Cortés verlässt Mexiko, um weitere Expeditionen vorzunehmen. Er entdeckt 1536 die Halbinsel Baja California (Niederkalifornien), doch die spanische Krone versagt ihm erneut die Anerkennung und Cortés stirbt letzten Endes einsam und gebrochen auf seinem Landgut bei Sevilla. Beigesetzt wird er jedoch im Land seinen Wirkens, in Mexiko.

Cortés ist in Spanien ein Volksheld und der Neil-Young-Song stand dort unter Franco auf dem Index.

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Cortez The Killer

Im Traum ist sie mit mir die Küstenstraße hinuntergefahren.

Ich war noch nicht ganz bei Kräften und war zu müde um zu widersprechen. So nahm sie mich mit auf dem Gepäckträger meines Fahrrads. Es ging gen Abend und es hatte eben noch geregnet. Die Straße schimmerte feucht und die Scheibenwischer der entgegenkommenden Autos waren noch in Betrieb. Sie fuhr sehr schnell, zu schnell für meinen Geschmack und es schien mir unvermeidlich, dass wir aus einer der nächsten Kurven flogen. Doch ich war zu müde, um ihr nicht zu vertrauen.

Rechts lag ein verlassener, zertrampelter Strand, links thronten die alten Villen, eingekesselt vom triefenden Grün der nassen Bäume und Sträucher. Alles tropfte, alles verlor Wasser an diesem unerwartet kühlen Sommerabend.

Sie fuhr, raste unbeirrbar, ohne auf mich zu achten. Ich hielt mich am Gepäckträger fest und gab mir Mühe, nicht zu zweifeln oder wahlweise, nicht einzuschlafen. Irgendwann kam diese langgezogene Linkskurve und sie wurde ihrer nicht Herr. Ich fürchtete, wir würden einen dieser hölzernen Straßenpfeiler rammen, doch wir rollten geradeaus weiter, sanft aus, ins Gras, wo sie meinen vorwurfsvollen Blick nur mit einem spöttischen Lächeln quittierte. Wir stiegen wieder auf und ich wusste, dass es jetzt anfing.

And I know she’s living there
And she loves me to this day
I still can’t remember when
Or how I lost my way.

(„Cortez The Killer“, Neil Young)

On the shore lay Montezuma

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.. e un mezzo litro di acqua minerale frizzante

„Hey Lyla“, ächzt der gute Liam aus den schwachbrüstigen Boxen des Strandcafes. Die zweite Cappuccino-Runde beginnt mit einem Fehlstart. Der Wind vertreut das Schokopulver, das ich auf dem sittsam in sich zusammenfallenden Schaum verstreuen will und bläst es mir auf meinen Arm, wo es sich mit Hawaiian Tropic Oil und Sandkörnern vermengt.

Im Grunde genommen unterhalten wir uns jetzt seit Tagen nur über Frauen und Fußball. Hin und wieder über die Cops am Strand und den Kollegen Schönfärber. „Hey Lyla“. Manchmal auch über Musik. Und wir imitieren Leute. Arbeitskollegen, den Beckenbauer, den Grönemeyer, den Grünwald, den Kahn etc. Und wir schimpfen und fluchen, was das Zeug hält, wenn uns danach ist. Und dazwischen immer wieder dieser unbedingte Wille zum Überleben. Nicht mehr ein zwanghaftes Übersichselbsthinauswachsen wie all die Jahre zuvor, sondern ein konzentrierter und logistisch ausgefeilter Überlebensplan, der auch Dolce Vita beinhaltet. Als ob wir die Gefahren des Alltags durch eine gute Strategie fernhalten könnten. Durch den einen guten Plan, den wir uns ausdenken.

Und mir fällt auf, dass ich keine Angst mehr habe, eine Schneise durch die Scheiße zu schlagen. Einen Weg durch die Irren mähen. Die Melancholie vergangener Tage verdampft zusehends mit jedem weiteren Monat. Wir werden nicht als gefühlsarme Menschen enden. Aber vielleicht hören wir auf emotionale Hypochonder zu sein und lassen noch andere in unsere Arche.

„She rings the bell for all the world to hear“, singt der Liam über eine Begegnung. Meine Metaphern werden noch viel ärmer ausfallen, wenn es mal soweit ist. Signora, il conto per favore. Wir stehen auf und gehen zurück ans Meer, wo wir nach kurzer Zeit anfangen, über Frauen und Fußball zu reden und über den Kollegen Schönfärber.

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Die Hölle

Ein Penthouse in der Gleimstrasse. Eigener Aufzug. Schon ist man im Herz eines innenarchitektonischen Showcase. Die Gastgeberin wird vierzig. Ihr Vater hat die Intervalle der Power Point Präsentation bis ins Unerträgliche langgezogen. Jedes Kinderfoto drei Minuten. Viel zu viel Zeit für Schnippisches. Der DJ trägt einen türkisen Anzug und die Musik einen langen, langen Bart. Im Catering der Sohn des Hauses, zu seinen Diensten das Britpopmädchen aus Rostock, die mich aus dem Magnet kennt.

Überhaupt der Satz der Saison: „Ich kenn dich von irgendwoher.“ Eigentlich mein Text, wenn mir gar nichts mehr einfällt. Wer einen schon aller gesehen haben will. Und wo überall. Man sagt mir nach, ich tanze gern auf mehreren Hochzeiten, doch man überschätzt mein Makeltalent. Die Drinks sind gut. Die Badewannen zahlreich. Das Chemofeuer in mir lässt mich ziemlich unreflektiert über Sex erzählen. Man ist ja unter sich, denkt man fälschlicherweise unter Chemikalien. Man ist nie unter ich. Das geht rein technisch gar nicht. Das Licht wird gedimmt und die Leute sind betrunken genug zum engtanzen.

It’s raining men, halleluja, it’s raining men, every specimen.

Ich würde lieber „Raining Blood“ hören.

Man beginnt, sich zwangsweise für einander zu interessieren und hört: „Sie ist offen für alles. Und das ist übrigens ihr Verlobter.“ Als die Chemoflammen sich an meinen Beinen höher fressen, fängt es an, mir in der Ironiehölle zu gefallen. Gefährliche Aussöhnung mit dem Klassenfeind. Die Gastgeber sind plötzlich nette Leute. Das lässt sich selbst mit Gewalt nicht mehr leugnen. Und ich bin mittlerweile gerne hier und auch der Jüngste, vom Junior und dem Britpopmädchen mal abgesehen. Ich versuche einen unbemerkten Augenblick lang, an was Tristes zu denken, an etwas Unpassendes, an etwas, das mich von der guten Stimmung fernhält, aber es fällt mir nichts ein.

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Von Gorillas und Golden Retrievers

Hehe. Nicht geschlafen. Exzellenter Laune bin ich. Im Büro. Und ich muss lachen. Habe das Hellacopters Konzert verpasst, so wie alle Konzerte die letzten zwei Monate. Aber das Nachbrennen, das habe ich zur Gänze mitgenommen. Beste D, ich habs dir gestern nicht mehr erzählt, aber die Konversation des Abends ist sowas von wiedergebenswert.

Sie: Hallo. Kann ich dich mal was fragen?
Ich: Ja, klar.
Sie: Wenn du wählen könntest, was würdest du wählen: Golden Retriever, Delphin oder Gorilla?
Ich: Hä?
Sie: Jetzt entscheide dich!
Ich: Golden Retriever.
Sie: Das dachte ich mir. Meine Schwester ist der Golden Retriever. Ich bin der Gorilla. Den Delphin haben wir nur so dazu genommen.
Ich: Aha.
Sie: Weißt du, irgendwie gibt mir das schon zu denken. Warum bin ich der Gorilla? Andererseits haben Gorillas auch was Erhabenes und Edles.
Ich: Ich hab nur Golden Retriever gesagt, weil’s phonetisch und semantisch am angenehmsten scheint.
Sie: Ja, dumm, dass meine Schwester jetzt nicht hier ist. Ich bin auch oft wie ein Gorilla. Findest du das auch?
Ich: Nein, ich vergleiche Mädchen auch eher selten mit Affen.
Sie: Alle sagen Delphin.

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