Die Lesereise II – Moabit

To travel hopefully
is a better thing than to arrive.

(Robert Louis Stevenson)

Vorwort

Der Begriff „Lesereise“ mag nach wie vor irreführend sein, da er in der Vorstellung mancher einen ununterbrochenen Aufenthalt weg vom Zuhause impliziert. Da ich jedoch ein sehr heimatverbundener (und Heimat ist da, wo ich meine Chicago-Cubs-Mütze hinlege) Geselle bin und es sowieso unmöglich ist, eine zusammenhängende „Lesereise“ zu buchen, betitelt der Begriff eben nur eine durch die Veröffentlichung meines zweiten Buchs verbundene Serie an Terminen, die eigentlich mit der Buchpräsentation im Dezember beginnen müsste, aber dann doch schon im Oktober in Berlin, Moabit beginnt, nicht nur, weil ich dort das erste Mal ausgiebig aus dem neuen Buch vorgelesen habe, sondern auch, weil Ihnen als Leser sonst eine gute Pointe durch die Lappen gehen würde. Hier ist Teil eins der zweiten Lesereise. Teil eins steht hier.

25.10.2012 Berlin, Dorotheenstädtische Buchhandlung

August 2012. Der Inhaber der Dorotheenstädtischen Buchhandlung, Klaus-Peter Rimpel, hatte mich bereits vor etlicher Zeit am Telefon davor gewarnt, ihm wichtige Informationen per Email zukommen zu lassen. Weil ich in meinen postmodern versauten Sturschädel aber nicht hineinbekommen will, dass jemand nicht 834 Mal am Tag so wie ich in seinen Mail-Account schaut, geschweige denn vielleicht gar keinen hat, oder nur einen den nur der computeraffine Neffe jedes halbe Jahr stellvertretend kontrolliert, habe ich die PR-mäßige und terminliche Koordination ganz meinen digitalen Instrumentarien überlassen und für den 25. Oktober einen Lesetermin in dieser schmucken Buchhandlung in Moabit vereinbart.

25. September 2012: Ich liege in einer ungewaschenen Adidas-Hose und einem Bayern-München-Trikot auf der Couch meines Wohnzimmers, ein ganz knapp abgelaufenes Heineken in der Hand, und schaue in Halbdösigkeit die Vorberichterstattung zu Bayern gegen Wolfsburg, als um 20:15 das Telefon klingelt.
„Herr Mayer, wir sind jetzt verabredet“, sagt eine tiefe Stimme.
„Wer ist da?“, frage ich.
„Buchhandlung Rimpel, Moabit“, sagt die Stimme. „Hier sind 25 Leute, die auf sie warten.“
„Das kann nicht sein, ich komme erst einen Monat später“, sage ich, bin aber schon innerlich schweißüberströmt und rase auf meinem Rechner durch alle E-Mails mit dem Stichwort „Moabit, Lesung“.
Ich habe keine einzige Stelle aus irgendeinem Buch vorbereitet und biete Herrn Rimpel aber dennoch an, mich in Jogginghose und Bayerntrikot ins Taxi zu setzen. Herr Rimpel sagt, das müsse nicht sein, er könne den Leuten die Terminverschiebung mitteilen, nur die PR könne er für den neuen Termin nicht wiederholen, er habe ja schließlich brieflich schon vor über einem Monat alle relevanten Zeitungen informiert.
„Ja Scheiße“, sage ich. „Das ist mir unangenehm, und es tut mir leid, aber es ist auch nicht meine Schuld, Sie haben den Termin falsch notiert“, sage ich und hätte mir dann natürlich auch gleich die Entschuldigung sparen können, wenn ich den Satz so patzig weiterspreche. Im Nachhinein denke ich mir, ich hätte mich einfach im Trikot ins Taxi setzen sollen, scheißegal, wer jetzt den Termin verbaselt hat – ich wars übrigens nicht.

25. Oktober 2012: Im Einverständnis mit Herrn Rimpel komme ich dann genau einen Monat später wieder nach Moabit, ziemlich vollgefressen und Ouzo-druckbetankt von einem erdigen und sehr freundlichen Griechen in der Wilhlemshavener Straße zurück und treffe auf sieben Leute, die von den angeblichen 25 aus dem falschen Termin vom Vormonat noch übrigen geblieben sind. Gut, dass ich noch ein bisschen der Verwandtschaft Bescheid gesagt habe. Am Ende wird noch eine sehr schöne Lesung mit äußerst aufmerksamem Moabiter Literaturpublikum daraus, wie ich es in der Freundlichkeit selten erlebt habe. Nach der Lesung nimmt mich Herr Rimpel beiseite und sagt zu mir:
„Ich war zunächst skeptisch, was Sie betrifft, Herr Mayer, aber jetzt bin ich mir sicher, dass aus Ihnen noch einmal etwas wird. Sie dürfen also gerne wiederkommen.“
Sprachs und überreichte mir einen Umschlag, den ich erst Stunden später kurz vor der Bravo-Bar öffnete und völlig perplex dazu über ging, meinem Kumpel R. Hendricks & Tonic auszugeben. Danke für alles, Herr Rimpel. Ganz ehrlich.

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Leipzig, Seeblick

Mir fällt überhaupt nicht ein, wie spät es ist. Ernsthaft, ich starre auf meine Uhr, aber ich kann die Uhrzeit nicht erkennen, weil sie irrelevant geworden ist. Neben mir fragt ein großgewachsener Mann ohne Haare, ob ich wegen dem Gorbatschow in der Stadt bin. Ich starre nur auf meine Uhr und sage „Ja, ich glaube schon.“, obwohl das gar nicht stimmt.

Bis vor Kurzem habe ich noch auf eine SMS wegen einer Nachmittagsverabredung gewartet, aber jetzt, da die Zeit irrelevant geworden ist, weiß ich sowieso nicht mehr wann der Nachmittag kommt und wann er wieder geht. Kann sein, dass eine SMS kommt, kann sein, dass sie nie kommt, ich weiß nicht mehr, wo ich das Telefon hingelegt habe, und es ist mir auch wurscht. Ich schaue jetzt nicht mehr auf die Uhr, sondern aus dem Fenster, hinaus in den grellen Polartag, wo sich ohne Unrast aber im sanften Takt der optimistischen Resignation die Menschheit mal hierhin bewegt, mal dorthin. Der großgewachsene Mann ohne Haare neben mir reicht mir einen Osterhasenlutscher aus weißer Schokolade und ich sage Danke, ohne das alles groß zu hinterfragen. Er sagt, sein Sohn heißt Paolo.

Dann kommt mein Fruchtsalat und zwei Studenten, sie sich neben mich setzen, ein Junge mit modernen Schuhen und ein verschlafen wirkendes braunhaariges Mädchen, das reizend unauffällig angezogen ist. Mit großer Anmut unterdrücken die beiden nicht nur ihren Dialekt, sondern auch alle dringlichen Fragen, die das Leben ab Mitte zwanzig parat hält und reden über Heavy-Metal-Kneipen, in die sie versehentlich geraten sind, und über Satanisten, aber vielleicht ist das ja auch eine dieser dringlichen Fragen. Mein Fruchtsalat ruht auf einem Bett aus Vanillejoghurt und wenn ich jetzt jemand Kokain darüber streut, wäre meine Erkältung sicher nur halb so schlimm. Der Mann neben mir steht auf, wünscht mir noch viel Spaß beim Gorbatschow und legt zum Abschied seine Hand auf meine Schulter.

Ein paar Stunden später senke ich mich in einem ehemaligen Schleckermarkt so tief in eine Couch hinein, dass sie nicht nur mich samt meiner riesigen Winterjacke, sondern auch den letzten Rest des Tages verschlingt. Ich schaue auf die Uhr, aber es ist zu dunkel in dem Raum und die Zeit immer noch irrelevant. Jemand raucht und jemand liest, jemand raucht und jemand liest, jemand raucht und jemand liest. Es geht um Table Dance, es geht um die vergehende Zeit, hauptsächlich geht es um die vergehende Zeit. Jemand raucht und jemand liest. Als ich wieder raus in die Antarktis will, ist der ehemalige Schlecker abgeschlossen und niemand findet den Schlüssel. Sind eure Scheiben so gelb oder wird es schon dunkel, frage ich, aber bekomme keine Antwort, weil die Farbe der Scheiben irrelevant ist.

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Kurzkritiken zu Flight, Zero Dark Thirty, Argo, The Awakening

FLIGHT
Leaving Las Vegas auf dem Luftweg. Penetrant rührseliges Säuferdrama, das Denzel Washington zum Glück ziemlich trocken runterspielt.

ZERO DARK THIRTY
Ekliger Film, der zeigt, dass Folter was für coole Typen ist und zudem Resultate bringt, wenn man dazwischen mal eine Kippe springen lässt. Bigelows schlechtester Film und das nicht nur, weil er faschistoid ist.

ARGO
Ein wesentlich besserer Propagandafilm als Zero Dark Thirty, der originalgetreue Ausstattung der späten 70er/ frühen 80er zur Kunstform erhebt. Nicht besonders spannend, aber bei aller (gewollten) politischen Brisanz tatsächlich ein Augenschmaus. Haha, Augenschmaus, schönes Wort.

THE AWAKENING
Gothic, Kitschig, sentimental, absaufend, zwanghaft plottwistig. Kann auch der schöne McNulty nicht aus der Finsternis der Vorhersehbarkeit reissen. Die Kulissen sind zugegebenermaßen schaurig schön.

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Kurzkritiken zu Lincoln, Frankenweenie, End Of Watch, Searching For Sugar Man, V/H/S, Paranorman, The Expendables 2

LINCOLN
Wir müssen zusammenhalten, sagt dieser Film (und ich ja auch immer) mit vielen _tatkräftigen_ Gesprächen von großartigen Schauspielern über Freiheit und die Gemeinheiten, die man anstellt, um sie zu bewerkstelligen. Dass man sich erst die Hände schmutzig machen muss, um etwas zu bereinigen, ist eine gleichermaßen destruktive wie konstruktive Wahrheit. Aber wenn ich eins an der kulturellen Grundidee Amerikas schätze, dann ist das ihre ansteckende Naivität. Spielbergs Bester seit „Schindlers Liste“.

FRANKENWEENIE
Liebschwarz und putzgruslig, aber dann letztlich auch nur eine etwas überdehnte Version des bereits existierenden Kurzfilms. Ein Kuschelburton, dem man das Disney-Franchise anmerkt, bei aller Liebe zur Hommage.

END OF WATCH
Nicht an der Handkamera-Logik rummosern, das ist nur ein Stilmittel. Ansonsten schöner, nicht allzu tiefschürfender Copfilm mit glaubwürdiger Freundschaft zwischen Peñas und Gyllenhalls Figuren, deren Namen ich leider vergessen habe.

SEARCHING FOR SUGAR MAN
Das wäre mal ein Fall für Singer und Mandel gewesen. Ein verschollener Fast-Bob-Dylan wird über die Jahrzehnte zum Star in Südafrika und niemand merkt es. Die Antworten sind nicht so spektakulär wie die Fragen, die der Film zu Beginn stellt, der Ton verändert sich von Mystery zu Meldodram, aber das geht ziemlich sanft. Mein Hirn war nach dem Film noch Tage förmlich festgekettet an die hypnoseartigen Landschaftsaufnahmen und die Musik von Rodriguez, von dem auch ich nie zuvor gehört hatte, auch wenn ich finde, dass man seine Platten mit zuviel Studiobrimborium überfrachtet hat.

V/H/S
Bis auf die erste Episode der reinste Discounter-Horror und schlimme Found-Footage-Resterampe. Die Rahmenhandlung hat weder das Präfix „Rahmen“, noch das Suffix „Handlung“ verdient. Es ist leider schon ein zweiter Teil fertig, das Handkamera-Genre wackelt also noch nicht.

PARANORMAN
Zombie-Animationsfilm von den Coraline-Machern. Leider ohne den morbiden Wanderzirkus-Humor, der Coraline ausgemacht hat. Für Kinder vielleicht zu gruselig und für Grusler vielleicht zu kindisch.

THE EXPENDABLES 2
Es fällt mir schwer, einen ganzen Satz dafür zu formulieren, was für ein kindisch selbstreferentieller Blödsinn das ist. Eine Gesichtlähmung von einem Actionfilm.

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Kurzkritik zu Silver Linings Playbook

Eigentlich mag ich keine Komödien über psychisch Kranke, die dann zum Zwecke eines Happy Ends plötzlich völlig gesund werden, aber das war auch keine Komödie. Die erste Hälfte des Films über liegt eine dermaßene Bedrückung vor, dass man überhaupt nicht lachen möchte. Als dann ein wenig die Handlung vorangetrieben wird, und es verdächtig hollywoodös anfängt zu menscheln, erhebt sich das großartige Ensemble (allen voran Robert De Niro, und nicht zu verachten der großartige Boardwalk-Empire-Protagonist Shea Whigham) über das Skript und erarbeitet sich mit viel Herzblut die Kernaussage des Films: Habt euch lieb, egal wie scheiße es euch geht. Gelacht hat man da immer noch nicht. Aber geweint.

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Kurzkritik zu The Hobbit (48fps, 3D)

Die 48fps haben mich so irre gemacht, dass ich eigentlich nichts Inhaltliches über den Film sagen kann, außer dass ich die unheilschwangere Einbettung in den LOTR-Mythos und die ausführliche Exposition gut fand. Aber es war wie drei quälend lange Stunden (könnten auch drei Tage gewesen sein) Lindenstraße mit Orcs und Zwergen, produziert von Benny Hill (siehe hektische Bewegungen wegen der hohen Framerate). Und wenn jetzt einer kommt und sagt, da muss sich die Sehgewohnheit erst auf die neue Framerate einstellen, dann ist das genauso kein Argument, wie wenn einer sagt, dass ich mich erst an den Geschmack von frischem Koriander gewöhnen muss, weil ab jetzt in jedem Essen frischer Koriander drin ist. Aber das ändert ja nix, dass mir von frischem Koriander schlecht wird. Also wenn jemand noch reingeht, dann meide er das HFR 3D, wie es in der Fachsprache heißt.

PS: Die chronisch dramatische Musik ist eine weitere Gemeinsamkeit mit der Lindenstraße.

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2012

Platten:
Baroness – Yellow & Green
Hot Water Music – Exister
Marsimoto – Grüner Samt
Grimes – Visions
Japandroids – Celebration Rock
The Jealous Sound – A Gentle Reminder
Azealia Banks – 1991 EP
Kreator – Phantom Antichrist
The Shins – Ports Of Morrow
Krallice – Diotima (2011)
Dirty Projectors – Swing Lo Magellan
Paul Simon – Graceland (Re-Release)
Sinkane – Mars

Songs:
Carly Rae Jepsen – Call Me Maybe
Baroness – Little Things
Hot Water Music – Mainline
Solange – Losing You
The Jealous Sound – This Is Where It Starts
Eels – Peach Blossom
Action Bronson – The Come Up
Graveyard – The Suits, The Law, The Uniform
Baroness – Stretchmaker
Japandroids – Fire’s Highway
Torche – Kickin
Grimes – Oblivion
Matt Skiba & The Sekrets – Voices
Dirty Projectors – Swing Lo Magellan
Beach House – Other People
Django Django – Default
The Sword – Cloak Of Feathers
Frank Ocean – Thinkin Bout You
Marsimoto – Indianer

Ältere Platten:
Led Zeppelin – Led Zeppelin 2
The Allman Brothers – At Fillmore East
Steely Dan – Can’t Buy A Thrill
Steely Dan – Pretzel Logic
Eagles – Eagles
Bob Dylan – The Times They Are A-Changing
Lynyrd Skynyrd – Gold (Collection)
Pink Floyd – Dark Side Of The Moon
Thin Lizzy – Live At The BBC
Idaho – Hearts Of Palm

Ältere Songs:
Lemonheads – The Outdoor Type
Serge Gainsbourg – Mambo Miam-Miam
Led Zeppelin – Nobody’s Fault But Mine
Deep Purple – Fireball
Audioslave – Show Me How To Live
Frankie W. Stubbs – Plebs (Acoustic)
Reinhard Fendrich – Strada Del Sole
Lynyrd Skynyrd – Saturday Night Special
Pink Floyd – High Hopes
Alkaline Trio – Dine Dine My Darling
Urban Dance Squad – Demagogue
Pennywise – Fuck Authority
Motörhead – Stay Clean
Steely Dan – Night By Night
Wu Tang Clan – Wu Tang Clan Ain’t Nothing Ta F’With
Tori Amos – Caught A Lite Sneeze
Neil Young – Cowgirl In The Sand
Jawbreaker – Sleep

Filme:
Tinker Tailor Soldier Spy
Dredd 3D
The Descendants
Safety Not Guaranteed
Moneyball
Warrior
Cabin In The Woods
The Innkeepers
Looper
Man In Black 3
Prometheus
Lawless
Led Zeppelin – Celebration Day

Serien:
The Walking Dead Season 3
Breaking Bad Season 5
Justified Season 3
Boardwalk Empire Season 3

Bücher (2012 gelesen):
Scott F. Fitzgerald – The Great Gatsby
Jock/Snyder – Batman:Black Mirror
Mick Foley – Mankind: Have A Nice Day
Jonathan Franzen – Freedom
Ian Kershaw – Das Ende
Lawrence Wright – Der Tod wird Euch finden

Spiele:
Sleeping Dogs (PS3)
WWE 13 (PS3)
The Walking Dead: Assault (iPad)
Grand Theft Auto: San Andreas (XBox360)

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Kurzkritiken zu Safety Not Guaranteed, Lawless, Headhunters, Ted

Safety Not Guaranteed:
Absurde, vollkommen an den Haaren herbeigezogene und ganz bezaubernde Melancholik-Komödie übers Zeitreisen oder eben doch nicht. Jake Johnson, Aubrey Plaza und Mark Duplass (vormals bei der putzigen Indie-Band Volcano, I’m Still Excited!!) demonstrieren scheinbar mühelos wie charakterbedingter Humor geht.

Lawless:
Liebevoll brutaler Prohibitions-„Western“ mit einem wie tollwütig schweigenden Tom Hardy, einem glaubwürdig tumben Shia LaBeouf und einem grandios widerlichen Guy Pearce. Nick Cave hat das Drehbuch geschrieben und John Hillcoat Regie geführt, aber die Zusammenarbeit, die bei „The Proposition“ noch so großartig harmoniert hat, leidet jetzt ein bisschen unter kleinen Handlungseinbrüchen, Plotfragezeichen und dem übermäßigen Einsatz von Musik (Mark Lanegan, Emmylou Harris etc.). Im Gesamten betrachtet aber dennoch der beste Gangfilm des Jahres.

Headhunters:
Ziemlich slicke Nesbø-Verfilmung aus Norwegen mit Jamie Lannister in einer Nebenrolle. Fixt einen ein bisschen an, während man ihn anschaut, danach wird einem aber sofort die vollkommene moralische und inhaltliche Leere des eben Gesehenen bewusst.

Ted:
Man schämt sich den ganzen Film über für Seth McFarlanes Dialog- und Drehbuch, kann aber nicht umhin zu bewundern, mit was für einer starrsinnigen Überzeugung dieser Blödsinn bis zum Ende durchgezogen wird.

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Erste Stimmen zu Black Mandel

Und ich verarsch euch jetzt nicht, ich hab bisher wirklich nur Nettigkeiten darüber gelesen.

„Im rundum gelungenen Nachfolger Black Mandel sorgen Blut-und-Boden-Fanatiker, Okkultisten und norwegische Metalmusiker mit Kreuzigungsphantasien für Feuer unter Mandels trägem Hintern.“
– Jan Drees, 1LIVE, November 2012

„In Sachen Kriminalroman kann Berni Mayer spätestens jetzt ebenfalls voll mitreden. Er liefert eine neue Folge des skurrilen Gespanns Mandel/Singer, die fesselnd, lustig und in jedem Fall sehr unterhaltsam ist. Hier passt alles zusammen: eine stimmige Handlung, überzeugend gezeichnete Protagonisten, eine gute Schreibe … und kluge Betrachtungen über das Leben im Allgemeinen und Besonderen. Bleibt zu hoffen, dass Teil 3 von Singer und dem Mandel schon jetzt in der Mache ist. “
– Mirjam Karasek, CURT, November 2012

BUCHTIPP VISIONS 236: „Die Fortsetzung von Mandels Büro [..] ist vor allem düsterer, unheimlicher und drastischer.“
– Jan Schwarzkamp, Visions November 2012

BUCHTIPP Laut.de: „Die emotional gestörte Beziehung der zwei Hobby-Detektive, die zum Gelingen der Geschichte im ersten Band maßgeblich beitrug, ist im neuen Fall nicht harmonischer geworden.“
– Michel Schuh, Laut.de, November 2012

„Jetzt nun also die Geschichte über die beiden Privatdetektive, die sich neben Derrick und Klein, Sherlock Holmes und Dr. Watson oder Schimanski und Thanner ihren festen Platz in der Krimiliteratur verdient haben – auch in der Black Metal Szene Skandinaviens.“
– Dennis Kresse, Alternativmusik.de, November 2012

BUCHTIPP: „Skurril und fachkundig.“
– Freundin, Ausgabe 25/2012 (November 2012)

„Gute Unterhaltung für den Berliner Metal-Krimi-Liebhaber.“
– FLUX.FM, Dezember 2012

„Seine Seitenhiebe [..] sitzen jedenfalls prächtig und sind verdammt unterhaltsam. [..] Berni Mayer [..] ist ein guter Beobachter und man hat wohl selten jemand gleichzeitig so ironisch und doch so liebevoll über den Black Metal-Zirkus schreiben gesehen. “
– Mario Karl, Musikansich.de, November 2012

Black Mandel schreit nach einer Drehbuchversion als auch Autor-Lesungen bei Metalfestivals.“
– Arturek, Metalglory.de, Dezember 2012

„Wie der Vorgänger ist auch „Black Mandel“ ein eigenwilliger, aber interessanter und spannender Krimi.“
– Maret Hosemann, myFanbase, Dezember 2012

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Der Anfall

And all these things that I thought I’d outgrown
And hands hold you close
And hands hurried you home
I never dreamt I could feel so alone

(The Jealous Sound – This Is Where It Starts)

Irgendwann letzte Woche ist es passiert. Und es wäre sowieso irgendwann passiert, aber Sie haben es auch noch unbedingt chemisch entzünden müssen. Der Jameson, der Jameson, das Ibuprofen und ein Breitbandantibiotikum haben endlich reagiert, und dann war er da, der Anfall. Es war bei Gott kein Spaß, auch wenn es mit einem angefangen hat.

Stellen Sie sich vor, Sie rennen plötzlich wie ein Kopfloser herum, mit dem intensiven Bedürfnis Carly Rae Jepsen und Audioslave zu hören und sich dabei den Kopf zu rasieren. Stellen Sie sich vor, Sie nehmen ihre Umwelt nur noch so dermaßen amplifiziert wahr, dass Sie nicht mehr hören, was die Leute sagen, sondern nur noch das, was sie meinen. Dass Sie nicht mehr sehen, wie die Leute aussehen, sondern nur noch wie sie sind. Stellen Sie sich vor, Ihnen rasen im Nanosekundentakt die Jahre und ihre Lieder durch den Kopf. Plötzlich ist 2006 und Sie stehen wieder im alten Magnet in der Greifswalder und wünschen sich in die Köpfe fremder Leute.

Stellen Sie sich vor, ihre Gesundheit schießt innerhalb von wenigen Stunden nach oben und unten wie ein Hau-den-Lukas-Instrument auf dem Rummel. Sie wachen nach einem Angst-vor-Axtrache-Traum in Ihrer eigenen Wohnung auf und fragen sich, wie Sie hierher gekommen sind. Dann gehen Sie unter Leute und wollen einfach nur über sie aufsteigen, nie wieder dort unten mit denen laufen, nur um sich im nächsten Moment wie in ein Bällebad in den Pöbel fallen zu lassen und sich von ihm zum S-Bahnhof Friedrichstraße tragen zu lassen.

Sie haben plötzlich nichts mehr anderes im Sinn als Winterstiefel zu kaufen und Überraschungseier zu essen. Am Abend weinen Sie, weil kein Griesbrei mehr im Haus ist und Sie müssen alles bereden, alles muss plötzlich beredet werden, aber dann fällt Ihnen kein einziges passendes Wort ein. Sie schreiben und schreiben und es steht am Ende nichts auf dem Blatt. Woanders tauchen vollgekritzelte Zettel mit geheimnisvollen Notizen auf, die vielleicht entschlüsseln könnten, was das alles hier soll, könnte man sie noch entziffern.

Sie wünschen sich in eine Stille hinein und werden am Ende von ihr angeschrien, Sie fangen an zu tanzen, solange keine Musik spielt und die Entzündungen in den Nervenenden hämmern den Takt dazu. When the soul meets body. Medikamente, Jameson, Medikamente, Sie haben sich angezündet und wenn Sie jemand in wallenden Flammen durch die Straßen der Stadt rasen sehen, dann sind Sie das, mitten in einem Anfall.

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