Fürchtest du den Wechsel der Jahreszeiten, dann fürchtest du den Wechsel im Allgemeinen. Dann fürchtest du den Tod, dann fürchtest du dich selbst. Das denke ich, als ich mit dem Fahrrad durch das Dunkle rase, ohne darauf zu achten, wohin es geht. Ohne darauf zu achten, worum es geht, wenn ich blind in die Dunkelheit schieße.
Ich denke an den einen, den tödlichen Sommer, den wir nur überlebten, weil wir die Stadt verließen. Ich denke an den Geruch von Tod, der den ganzen Sommer lang in der Luft hing. Dieser süßliche Verwesungsgeruch, an den wir uns fast gewöhnt hätten. Ich denke daran, wie sehr wir zusammenhielten und uns um den anderen sorgten. Wir zogen uns an den Haaren durch die glitzernden Wochen an den gefährlichen Ufern der Isar. Und als es kalt wurde, aber die Hitze nicht mehr aus den Steinen der alten Stadt wich, gingen wir weg, so heimlich wie wir gekommen waren.
An deinem letzten Abend warst du ganz ruhig. Ungewöhnlich besonnen. Man konnte sehen, dass dich deine Furcht verlassen hatte. Ich war krank am morgen meiner Abreise. Wir trafen uns wieder in diesem Koloss aus Staub und Stein und gingen gemeinsam getrennte Wege. Immerhin hatten wir uns das Leben gerettet, das reichte für einen Sommer. Diesen einen tödlichen Sommer, der sich in einen tödlichen Herbst verwandelte, in einer anderen, noch viel gefährlicheren Stadt. Und doch fürchte ich nicht den Wechsel der Jahreszeiten. Ich sehne ihn herbei. Ich fürchte weder Tod noch Teufel, wie man so schön sagt. Ich fürchte nur den Stillstand, er ist es, der mich wie ein Besessener durch die blinde Nacht rasen lässt, in der Hoffnung, endlich meiner Angst zu begegnen.