Cortez The Killer

Im Traum ist sie mit mir die Küstenstraße hinuntergefahren.

Ich war noch nicht ganz bei Kräften und war zu müde um zu widersprechen. So nahm sie mich mit auf dem Gepäckträger meines Fahrrads. Es ging gen Abend und es hatte eben noch geregnet. Die Straße schimmerte feucht und die Scheibenwischer der entgegenkommenden Autos waren noch in Betrieb. Sie fuhr sehr schnell, zu schnell für meinen Geschmack und es schien mir unvermeidlich, dass wir aus einer der nächsten Kurven flogen. Doch ich war zu müde, um ihr nicht zu vertrauen.

Rechts lag ein verlassener, zertrampelter Strand, links thronten die alten Villen, eingekesselt vom triefenden Grün der nassen Bäume und Sträucher. Alles tropfte, alles verlor Wasser an diesem unerwartet kühlen Sommerabend.

Sie fuhr, raste unbeirrbar, ohne auf mich zu achten. Ich hielt mich am Gepäckträger fest und gab mir Mühe, nicht zu zweifeln oder wahlweise, nicht einzuschlafen. Irgendwann kam diese langgezogene Linkskurve und sie wurde ihrer nicht Herr. Ich fürchtete, wir würden einen dieser hölzernen Straßenpfeiler rammen, doch wir rollten geradeaus weiter, sanft aus, ins Gras, wo sie meinen vorwurfsvollen Blick nur mit einem spöttischen Lächeln quittierte. Wir stiegen wieder auf und ich wusste, dass es jetzt anfing.

And I know she’s living there
And she loves me to this day
I still can’t remember when
Or how I lost my way.

(„Cortez The Killer“, Neil Young)

On the shore lay Montezuma

.. e un mezzo litro di acqua minerale frizzante

„Hey Lyla“, ächzt der gute Liam aus den schwachbrüstigen Boxen des Strandcafes. Die zweite Cappuccino-Runde beginnt mit einem Fehlstart. Der Wind vertreut das Schokopulver, das ich auf dem sittsam in sich zusammenfallenden Schaum verstreuen will und bläst es mir auf meinen Arm, wo es sich mit Hawaiian Tropic Oil und Sandkörnern vermengt.

Im Grunde genommen unterhalten wir uns jetzt seit Tagen nur über Frauen und Fußball. Hin und wieder über die Cops am Strand und den Kollegen Schönfärber. „Hey Lyla“. Manchmal auch über Musik. Und wir imitieren Leute. Arbeitskollegen, den Beckenbauer, den Grönemeyer, den Grünwald, den Kahn etc. Und wir schimpfen und fluchen, was das Zeug hält, wenn uns danach ist. Und dazwischen immer wieder dieser unbedingte Wille zum Überleben. Nicht mehr ein zwanghaftes Übersichselbsthinauswachsen wie all die Jahre zuvor, sondern ein konzentrierter und logistisch ausgefeilter Überlebensplan, der auch Dolce Vita beinhaltet. Als ob wir die Gefahren des Alltags durch eine gute Strategie fernhalten könnten. Durch den einen guten Plan, den wir uns ausdenken.

Und mir fällt auf, dass ich keine Angst mehr habe, eine Schneise durch die Scheiße zu schlagen. Einen Weg durch die Irren mähen. Die Melancholie vergangener Tage verdampft zusehends mit jedem weiteren Monat. Wir werden nicht als gefühlsarme Menschen enden. Aber vielleicht hören wir auf emotionale Hypochonder zu sein und lassen noch andere in unsere Arche.

„She rings the bell for all the world to hear“, singt der Liam über eine Begegnung. Meine Metaphern werden noch viel ärmer ausfallen, wenn es mal soweit ist. Signora, il conto per favore. Wir stehen auf und gehen zurück ans Meer, wo wir nach kurzer Zeit anfangen, über Frauen und Fußball zu reden und über den Kollegen Schönfärber.

The Office

Beim Anschauen des großartigen The Office folgende Beobachtung gemacht: Widerliche Arbeitskollegen erscheinen im Licht der Gewohnheit nicht mehr so abstoßend und mutieren in manchem Fall noch zu einer perversen Art von Sympathiewesen.

Auch in anderen Belangen ist The Office furchteinflößend. Die in tödlicher Unsicherheit getaufte Selbstgefälligkeit von Chef David Brent (unbe-fucking-lievable: Ricky Gervais) , die blockwartige Pomadität von Gareth (Mackenzie Crook) und der Isolationszynismus von Tim (Martin Freeman), der in die opportunistisch verlobte aber prekariatsmelancholische Dawn (Lucy Davis) verknallt ist.

Klar ist das auch zum Brüllen komisch, doch bleibt ein gewisser Verwesungsgeruch in der Luft hängen, wenn man im Angesicht drohender Umstrukturierungsmaßnahmen arbeitende Menschen sieht, die jeglicher Ideen verlustig geworden sind und denen die Zotenhaftigkeit und die Kalauer ihres Chefs zu den stumpfen Augen herausquellen. Speziell in diesem Humor spiegelt sich der Horror des Alltags.

Bei aller Grausamkeit der Alltagsnähe kann ich herzlich drüber lachen. Zumindest über einen Großteil der ersten Staffel, denn mehr hab ich zunächst nicht gesehen. Ich staune über die Schauspieler, die in der getürkten Doku nicht mehr als solche auszumachen sind.

Die Hölle

Ein Penthouse in der Gleimstrasse. Eigener Aufzug. Schon ist man im Herz eines innenarchitektonischen Showcase. Die Gastgeberin wird vierzig. Ihr Vater hat die Intervalle der Power Point Präsentation bis ins Unerträgliche langgezogen. Jedes Kinderfoto drei Minuten. Viel zu viel Zeit für Schnippisches. Der DJ trägt einen türkisen Anzug und die Musik einen langen, langen Bart. Im Catering der Sohn des Hauses, zu seinen Diensten das Britpopmädchen aus Rostock, die mich aus dem Magnet kennt.

Überhaupt der Satz der Saison: „Ich kenn dich von irgendwoher.“ Eigentlich mein Text, wenn mir gar nichts mehr einfällt. Wer einen schon aller gesehen haben will. Und wo überall. Man sagt mir nach, ich tanze gern auf mehreren Hochzeiten, doch man überschätzt mein Makeltalent. Die Drinks sind gut. Die Badewannen zahlreich. Das Chemofeuer in mir lässt mich ziemlich unreflektiert über Sex erzählen. Man ist ja unter sich, denkt man fälschlicherweise unter Chemikalien. Man ist nie unter ich. Das geht rein technisch gar nicht. Das Licht wird gedimmt und die Leute sind betrunken genug zum engtanzen.

It’s raining men, halleluja, it’s raining men, every specimen.

Ich würde lieber „Raining Blood“ hören.

Man beginnt, sich zwangsweise für einander zu interessieren und hört: „Sie ist offen für alles. Und das ist übrigens ihr Verlobter.“ Als die Chemoflammen sich an meinen Beinen höher fressen, fängt es an, mir in der Ironiehölle zu gefallen. Gefährliche Aussöhnung mit dem Klassenfeind. Die Gastgeber sind plötzlich nette Leute. Das lässt sich selbst mit Gewalt nicht mehr leugnen. Und ich bin mittlerweile gerne hier und auch der Jüngste, vom Junior und dem Britpopmädchen mal abgesehen. Ich versuche einen unbemerkten Augenblick lang, an was Tristes zu denken, an etwas Unpassendes, an etwas, das mich von der guten Stimmung fernhält, aber es fällt mir nichts ein.

Von Gorillas und Golden Retrievers

Hehe. Nicht geschlafen. Exzellenter Laune bin ich. Im Büro. Und ich muss lachen. Habe das Hellacopters Konzert verpasst, so wie alle Konzerte die letzten zwei Monate. Aber das Nachbrennen, das habe ich zur Gänze mitgenommen. Beste D, ich habs dir gestern nicht mehr erzählt, aber die Konversation des Abends ist sowas von wiedergebenswert.

Sie: Hallo. Kann ich dich mal was fragen?
Ich: Ja, klar.
Sie: Wenn du wählen könntest, was würdest du wählen: Golden Retriever, Delphin oder Gorilla?
Ich: Hä?
Sie: Jetzt entscheide dich!
Ich: Golden Retriever.
Sie: Das dachte ich mir. Meine Schwester ist der Golden Retriever. Ich bin der Gorilla. Den Delphin haben wir nur so dazu genommen.
Ich: Aha.
Sie: Weißt du, irgendwie gibt mir das schon zu denken. Warum bin ich der Gorilla? Andererseits haben Gorillas auch was Erhabenes und Edles.
Ich: Ich hab nur Golden Retriever gesagt, weil’s phonetisch und semantisch am angenehmsten scheint.
Sie: Ja, dumm, dass meine Schwester jetzt nicht hier ist. Ich bin auch oft wie ein Gorilla. Findest du das auch?
Ich: Nein, ich vergleiche Mädchen auch eher selten mit Affen.
Sie: Alle sagen Delphin.

God Speed All The Bakers At Dawn (Kurzkritik zu Garden State)

Garden State ist ein schöner Film. Zwischen Skurilitäten und biografischen Entgleisungen platziert er die Erkenntnis, dass man über sich selbst und die Haken die das Leben schlägt, lachen kann, ohne zynisch zu sein, selbst wenn der Tod seine Finger im Spiel hat.

Bei aller angedeuteten Kaputtheit der Welt schlängelt sich eine leise Komik bis zu einem glaubhaften Happy End, ständig begleitet von einem semi-sentimentalen Soundtrack. Zumindest für mich. Ein Freund hat nachher gesagt:

„Viele Szenen fand ich gut, aber vermutlich hätten sie erst richtig auf mich gewirkt, wenn das meine Musik gewesen wäre.“

Ich persönlich hätte vor Freude in die Hände klatschen können, als die Shins ihr „New Slang“ zum Besten geben durften. „Dieser Song verändert dein Leben.“ sagt Natalie Portman und da ich der Meinung bin, dass jeder gute Song das kann, gebe ich ihr gerne Recht und erinnere mich an..

Autofahrten im jahrhundertheissen Berliner Umland, den Fahrtwind im Bart, die Ein-Sommer-Clique im Gepäck und den Traum von dem einen Mädchen im Kopf. Und die Shins im Autoradio. Erschöpft, in die Knie gesoffen, die letzten Wochen noch die alte Stadt sein Zuhause nennend und so traurig optimistisch. Bilder, Sounds und Texte kann man nicht nur in einem Folder seines PCs abspeichern, sondern auch in Songs. So funktionert auch Garden State. Deshalb mag ich ihn und wegen der notorischen Baffheit von Zack Braff.

Gold teeth and a curse for this town were all in my mouth.
Only, i don’t know how they got out, dear.
Turn me back into the pet that i was when we met.
I was happier then with no mind-set.

Kurz vor Feierabend

Die Sonne glitzert auf dem Trottoir, während Mütter ihre Babies in Kinderwägen darüber schieben. Es tummeln sich diverse Helicopter am Himmel und fast meint man, paradenhafte Reihungen zu erkennen. Erstaunlich viel Polizei fährt durch die Stadt und die türkischen Obst- und Gemüseverkäufer sind heute ausnehmend freundlich.

Er joggt aus der domestizierten und saftigen Einkaufsstraße hinaus in ein ausgetrocknetes Flussbett aus Industrie und zerklüfteten Straßenzügen. Selbst hier draussen ist die Spannung aus der Innenstadt noch zu spüren. Der Asphalt erwärmt sich langsam und eine kommende Überhitzung lässt sich bereits am frühen Vormittag prognostizieren. Es sind nicht mehr viele Tage bis zu seinem Urlaub. Eine Unterbrechung seiner Lebensroutine käme ihm nicht sonderlich gelegen.

Drinnen in der Stadt hisst man die Flaggen an den Regierungsgebäuden wie für hohen Besuch. Man muss kein Medium sein, um zu merken, dass heute ein besonderer Tag ist. Im Fernsehen laufen kurze Beiträge über Schimpansen und Giraffen.

Er beeilt sich, um wieder in seine Wohnung zurückzukehren. Es gibt noch so viel vorzubereiten, so viel aufzuräumen. Er sieht Nachrichten, aber unkonzentriert und fetzenhaft erfährt er von irgendeiner Parade. Es ist noch so unerträglich lange bis heute Abend und doch so wenig Zeit bis dahin. Sirenen tönen von draussen in sein Appartement.

Währenddessen sitzt sie schon im Auto und denkt an die eiskalte Nacht, in der er sie angesprochen hatte. Sie hat ihm erst gestern gesagt, dass sie kommt. Ob er wohl wieder versuchen wird, sie zu küssen? Wird sie wieder nachgeben? Sicher, aber erst kurz bevor er aufgibt. Ganz kurz vorher. Eine Sekunde.

(frei nach „Driving In The Dark“ von Saves The Day)

Standup Hangover Poetry

Wenn ich von Wirt zu Wirte reise
Um mich schimpflich zu betrinken
Ist auf die eine oder andre Weise
Mein Schiff meistens am sinken

Doch kein Malheur steht bitterlich
Am Ende solcher Nächte
Denn trink ich, bin ich ritterlich
Und von keinem Leid zu knechten.

Des Frohsinns fette Beute
Inmitten wahnsinniger Leute
Was lange gärt, wird endlich gut
Der Gerstensaft, er gibt mir Mut
Das Grauen zu ignorieren
Und zwar mit Manieren

So trink ich an und trink ich ab
Bleib ständig auf, doch manchmal knapp
Bei Kasse denn im Wein
Liegt nicht nur Wahrheit sondern Pein.
Gar Köstliches, das kostet
Wenn man damit prostet.

How happy you made me, oh Grandy

Anlässlich des am Samstag stattfindenden Konzerts im Frittiersalon, erinnere ich mich gerne an Anekdoten, die ich mit meiner alten Band Grand Underground. This one’s for you Ole & Flo (vor allem nachdem Ole mich gemahnt hat, ich solle mehr schreiben):

Es leben die Auftritte im Orange House, wo man sich vor Suff und Weibern nicht retten kann. Zumindest hat es sich immer so angefühlt. Besonders beim zweiten Mal waren wir rabendicht wie nie zuvor. Dann „Royal Air Force“ mit 5minütigem Feedback-Intro, braucht eigentlich niemand. Eine toxische Improvisation, die durch Oles Einstieg dann in alle Einzelteile zerbombt wurde. Mann, Mann, Mann, das war auch der Tag, an dem ich acht Paracetamol genommen hatte. Drei Tage vor meinem Umzug nach Berlin. Vielleicht der beste Auftritt.

Schön auch die Wochen in denen wir in Garching Rock City anfingen, auf den Proben zu saufen wie blöde. Plötzlich gab es Songs: Feel Flows, Royal Air Force und Lead The Way.

Ich sehe Flos abwesendes Gesicht, Schweißperlen auf seiner Stirn und ich merke: Der Typ spielt gerade einen anderen Song in einer anderen Band. Aber live immer ein Fels in der Ablaufbrandung. Obwohl, da war doch dieser Auftritt in Straubing. Weniger quatschen, besser spielen, sagte ich damals gemeinerweise nach dem Auftritt zu ihm, weil er schlimme Ansagen gemacht hatte. Flo verschwand in die Straubinger Nacht und kam lange, lange nicht zurück.

Gerne würde ich auch mal wieder für umsonst und ohne Publikum in der Hamburger Honigfabrik spielen und mein Bier selbst zahlen müssen. Aber nur mit Sub—Zero. Die Bindestrich-Band.

Es ist erwiesen, dass wir letztes Jahr im Rosi’s gespielt haben. Ich kann mich leider nur an kein einziges Detail erinnern.

Mann, was waren wir schon immer scheißpathetisch und besoffen bei den Schlußparts von „Day In The Waves“ und „Dear Munich“. Ich vor allem. Ich geb’s ja zu.

Die Gesangsaufnahmen zum ersten Demo fallen mir ein: Mayer off the hook. This guy is out of control, haben sie gesagt. Whiskey-Cola-aus-Dosen-Phase.

Mensch, Bandmitglieder, ultrasorr, aber ihr habt die gesamten Pam-Wars mitdurchleiden müssen. Nicht nur in meinem Gesabber, sondern auch noch in meinen/unseren Songs.

Ich würde auch gerne mal wieder mit dir, Ole, im 2-Stunden-Stau zwischen Garching und Ismaning (5 Kilometer) stehen.

Und so’n 60-Dezibel-Bürgerfest-Schrott machen wir auch nicht mehr. Laut und abgefuckt. Sonst nichts mehr.

Sommer 03, kurz vor meiner Abreise aus München: Schwitzen wie ein Schwein. Vier Gitarrenwände um jeden Song rum bauen und dann bei Ole auf’m Balkon Frühlingszwiebel und Wurst essen, right above Ali Khan and his Dünnschiss-Killertöle.

Und unvergessen: Flos und Oles erstes Bandwochenende in Berlin. Party in der Oderberger. Ich total neben die Spur geraucht, mit sich langsam ausbreitenden Ästen in meinem Körper. Ich unter’m Küchentisch. Die Süddeutsche Zeitung küssend. Ei, ich habe gebetet, ihr kommt so schnell nicht wieder nach Berlin.

Dieser Videodreh. Ich will kein Rockstar werden. Nein. Null Grad im T-Shirt und 180x die gleiche Einstellung. Nicht mein Ding. Resultat aber sehr gelungen.

Ich alter Choleriker. Was hab ich schon rumgemotzt, bis keiner mehr Lust hatte, auch nur einen weiteren Song zu proben. Mittlerweile taoistischer unterwegs.

Peinlich war mir damals ein wenig das mitreisende Kamerateam. Ich dachte, face it, wir sind ne Nullnummer. Wozu die Kameras? In Wirklichkeit waren das nur deine Groups, Flo! Stimmt’s?

Als wir anfingen, spielte Ole, in Kreisen auch bekannt als Australian Invader, seltsam tranquil Schlagzeug. Das hat uns gestört. Erst als er sein dämliches E-Drum verkaufte und sein Geld in Augustinerkästen steckte, wurde es wieder besser.

Im Endeffekt haben wir es ganz schön schleifen lassen. Und lassen es immer noch. Wir sind faul, monothematisch und uninspiriert und wohnen zu allem Überfluss in unterschiedlichen Städten. Aber wir sind eine Familie. Und wir haben den Rock. Und wir können mehr saufen als die anderen. Viel mehr. Beware. Grandy’s not dead.

A day in the waves a day in the sand. A day to make you mine. And one to let you go. I love it when you say no.

Icelandic Road Warriors

Meine isländischen Freunde Thrandur und Ivar sind ein Magnet für Kuriositäten. So ist man stets gut beraten, sich mit ihnen zu verabreden. Wenn sie nicht gerade mit ihrem bezaubernd improvisierten (aber nicht schlechten) Deutsch jedem noch so grimmig drein blickenden Mädchen ein Lächeln und eine Zigarette abluchsen oder Iron-Man-Trinknächte initiieren, schleppen sie einen auf Konzerte von isländischen Bands und wir wissen ja nicht erst seit Björk und Sigur Ros, dass der gemeine Isländer auch musikalisch sehr speziell werden kann.

Jüngstes Beispiel dafür sah ich gestern im Duncker-Club: VONBRIGDI. Auf den ersten Blick mag das ganze etwas prollig gewirkt haben, doch schnell erschloss sich für mich ein echter David-Lynch-Zugang. Düsterer Metal, verkopft, und gleichzeitig vollkommen kopflos am Zeitgeist vorbei. Und irgendwie auch ziemlich Punk.

Der Schlagzeuger war exzellent und sein faltiges Gesicht spielte auf bizarre Weise mit dem Rotlicht zusammen, so dass er aussah, als trüge er eine Michael-Myers-Maske. Die beiden Gitarristen hatten einen Abschlag wie Pete Sampras einst einen Aufschlag, der Bassist war ein dicklicher Standmetaller mit Sonnenbrille und einem Bewegungsradius von 0,2 mm und dann gab es da noch den Sänger in Ballonjacke und Trainingshosen, der seinen Blick auch nicht einmal aufs Publikum richtete. Nicht einmal.

Emphasiert wurde die ästhetische Schräglage der Altherrenkapelle aber erst richtig durch die anwesenden Freunde und Helfer der Band. Ein hektisches Amateur Kamerateam mit Ausleuchtung und Mini-DV zirkelte 40 Minuten lang um die Bühne, während eine kreischende Anti-Björkmit neongrünen Strumpfhosen aus jeder Lage Fotos schoss oder wahlweise wie ein Derwisch über die Tanzfläche lichterte.